Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat als Höhere Katastrophenschutzbehörde die Aufgabe, die Bekämpfung von Katastrophen vorzubereiten und durchzuführen, bei der vorläufigen Beseitigung von Katastrophenschäden mitzuwirken und die dafür notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Um auch im unwahrscheinlichen Falle eines kerntechnischen Unfalls sofort reagieren zu können, werden nun die Jodtablettenbestände des Landes Baden-Württemberg erneuert. Die erste Charge der rund 8,6 Millionen Tabletten für den Regierungsbezirk Karlsruhe ist gestern, 30. Juni 2020, eingetroffen und wird die kommenden Wochen auf die Stadt- und Landkreise verteilt.
„Mit der Bereitstellung der Jodtabletten leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung. Das ist mir ein ganz besonderes Anliegen“, sagte Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder im Rahmen der Anlieferung der Tabletten.
Durch das Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung hat sich der Bund zur Neubeschaffung von Jodtabletten zur Erneuerung der vorhandenen Bestände verpflichtet. Diese stellt der Bund den Ländern für den Katastrophenschutz zur Bevorratung, Verteilung und Abgabe an die Bevölkerung zur Verfügung. Für die Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs sind mehr als 34 Millionen Tabletten vorgesehen, die anhand der Bevölkerungszahlen an die Stadt- und Landkreise verteilt werden.
Trotz der endgültigen Abschaltung des Kernkraftwerkes Philippsburg am 31. Dezember 2019, der vorgestrigen (29. Juni 2020) Abschaltung des Kernkraftwerkes Fessenheim (Frankreich) und der geplanten Abschaltung des Kernkraftwerks Neckarwestheim Ende 2022 halten das Land Baden-Württemberg und der Bund an der Vorhaltung von Jodtabletten fest. Denn auch nach dem Jahr 2022 wird sich Deutschland weiterhin im Einflussbereich ausländischer Kernkraftwerke befinden. So sind die Kernkraftwerke Cattenom (Frankreich) sowie Leibstadt und Beznau (Schweiz) nur jeweils rund 160 Kilometer von Karlsruhe entfernt. Dem Schutz der Bevölkerung vor jeglichen Folgen kerntechnischer Unfälle kommt damit auch weiterhin große Bedeutung zu. Durch die Erneuerung der Jodtablettenbestände ist man auch für die Zukunft gut aufgestellt.
Hintergrundinformationen:
Jodtabletten kommen im unwahrscheinlich Fall eines kerntechnischen Unfalles mit einer Freisetzung radioaktiver Stoffe zum Einsatz. Die Einnahme von entsprechenden hochdosierten Jodtabletten sättigt die Schilddrüse mit nicht-radioaktivem Jod, es wird eine sogenannte Jodblockade erzeugt. Durch die Einnahme kann so im Ereignisfall eine Einlagerung von radioaktiven Jod in der Schilddrüse verhindert werden. Dabei ist die zeitlich korrekte Einnahme von entscheidender Bedeutung für den Wirkungsgrad. Eine verfrühte Einnahme vermindert die Schutzwirkung der Jodblockade, da der Wirkstoff im Körper abbaut wird. Aus diesem Grund wird im Ereignisfall der richtige Zeitpunkt zur Einnahme der Jodtabletten von der Katastrophenschutzbehörde bekannt gegeben. Durch die Sicherheitsmechanismen der heutigen Reaktoren verbleiben selbst bei einem schweren Unfall in einer kerntechnischen Anlage bis zu einer möglichen Freisetzung radioaktiver Stoffe mehrere Stunden. Dieser Zeitraum wird im Ernstfall genutzt, um die Bevölkerung in Abhängigkeit des Bedrohungsgrades zu evakuieren und mit Jodtabletten zu versorgen. Der Einnahmezeitpunkt wird durch Mitteilung in den verschiedenen Medien wie Fernsehen, Radio und Warn-Apps bekannt gegeben.
Durch die Bevorratung bei den Stadt- und Landkreisen kann eine korrekte Lagerung sichergestellt werden. Wie bei anderen Medikamenten können zu hohe oder zu niedrige Temperaturen, zu hohe Luftfeuchtigkeit oder direkte Sonneneinstrahlung die Haltbarkeit und den Wirkungsgrad der Jodtabletten beeinflussen.
Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite
https://www.jodblockade.de/
Pressemitteilung