Der Landesbetrieb Gewässer im Regierungspräsidium Karlsruhe (LBG) plant im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) den Bau des Rückhalteraums Polder Bellenkopf/Rappenwört. Der im Dezember 2020 vom Landratsamt Karlsruhe (LRA) als zuständiger Genehmigungsbehörde erlassene Planfeststellungsbeschluss für den Bau und Betrieb des Polders wurde aufgrund der Klagen der Bürgerinitiative für verträgliche Retention im Paminaraum e.V. und der Stadt Rheinstetten vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) für teilweise rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Das Urteil ist seit dem 25. Mai 2024 rechtskräftig.
Was heißt das für den Bau des Polders?
Der VGH hat in dem Beschluss vier Rechtsfehler festgestellt, die im Wesentlichen darin bestehen, dass aus Sicht des VGH bei der vorgelegten Planung andere Interessen unzureichend abgewogen wurden. Die Mängel können jedoch im Rahmen eines sogenannten Ergänzungsverfahrens „geheilt“ werden. Dieses Verfahren hat das LRA bereits in 2024 auf Antrag des Regierungspräsidiums eingeleitet (siehe Hintergrundinformationen).
Kann trotzdem schon gebaut werden?
Im Vordergrund steht weiterhin die schnellstmögliche Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Rheinanlieger unterhalb der Staustufe Iffezheim. Der LBG arbeitet daher mit Hochdruck daran, diejenigen Maßnahmen, die vom VGH nicht als rechtswidrig eingestuft wurden, parallel zu dem laufenden Ergänzungsverfahren voranzubringen. Das Landratsamt muss diese einzeln zulassen.
Welche Maßnahmen sind dies?
In den letzten Jahren wurden aufgrund des noch laufenden Klageverfahrens lediglich einzelne Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt. In 2024 wurde außerdem mit dem Bau des Durchlasses in der Hermann-Schneider-Allee begonnen. Die Baumaßnahme wird im Herbst 2025 abgeschlossen werden (Pressemitteilung vom 14. Juni 2024).
Für 2025 sind folgende, bereits zugelassene, baulichen Maßnahmen geplant:
Errichtung eines grundwasserbeeinflussten Teichs in der Altaue zur Förderung der Zierlichen Moosjungfer; Kampfmittelsondierung nördlich des Waidwegs in Karlsruhe; Waldumbau zum Hainsimsen-Buchen-Wald; Herstellung der Baustelleneinrichtungs- und Lagerfläche 02 südlich des Waidwegs; Aufhängen von Nist-und Fledermauskästen im Stadtwald Karlsruhe (Pressemitteilung vom 2. Dezember 2024) sowie der Bau eines Infozentrums – siehe unten.
Für 2025 geplant, aber noch nicht zugelassen:
Bau der Grundwasserhaltungsmaßnahme „Daxlanden 3“ sowie Anlage des an die GWH Daxlanden 3 unmittelbar angrenzenden grundwasserbeeinflussten Teiches in der Altaue zur Förderung der Zierlichen Moosjungfer; Bau der Grundwasserhaltungsmaßnahme „Kleingartenanlagen Daxlanden“.
Für 2026 geplant:
Bau des RHWD XXVI zwischen Gemarkungsgrenze und Waidweg; Bau der Grundwasserhaltungsmaßnahme „Gartenhausgebiet Fritschlach“; Bau des Holzlagerplatzes 3 westlich des Umspannwerks Daxlanden; Bau der Grundwasserhaltungsmaßnahme „Daxlanden 4“ entlang des Waidwegs in Karlsruhe-Daxlanden.
Offizieller Startschuss für die rechtlich zulässigen Baumaßnahmen am 13. März 2025
Im März 2025 beginnt mit dem bereits genehmigten Bau eines Infozentrums offiziell die Umsetzung der rechtlich zulässigen Baumaßnahmen. Diese sollen parallel zu dem laufenden Ergänzungsverfahren geplant und durchgeführt werden. Zu diesem Anlass wird das Regierungspräsidium Karlsruhe am 13. März 2025 zu einem Spatenstich für das geplante neue Gebäude an der Hermann-Schneider-Allee einladen. Dieses wird während des Baus des Polders Bellenkopf/Rappenwört zunächst als Infozentrum betrieben und nach Abschluss der Bauarbeiten als Forststützpunkt von der Stadt Karlsruhe genutzt werden. Zu dem Spatenstich wird das Regierungspräsidium Karlsruhe gesondert einladen.
Hintergrundinformationen
Zu den vom VGH festgestellten Mängeln des Planfeststellungsbeschlusses:
Die vier Rechtsfehler betreffen im Wesentlichen ein aus Sicht des VGH unzureichendes Abwägen der Polderplanung gegenüber anderen Interessen und können in einem Ergänzungsverfahren „geheilt“ werden. Dies sind:
- Die Notwendigkeit der Durchführung eines Probestaus
- Der Umgang mit einer möglichen Zunahme der Belastung der Bevölkerung durch Rheinschnaken
- Der Umfang der durch den Betrieb des Vorhabens zu erwartenden Schadstoffeinträge
- Die Prüfung artenschutzfreundlicherer und weniger flächenintensiver baulicher Varianten zur Sanierung des Hochwasserdamms XXV.
Funktionen und Merkmale des Rückhalteraumes, die ebenfalls beklagt wurden, sind nach der Entscheidung des VGH jedoch mängelfrei. Insbesondere hat der VGH entschieden, dass
- der Rückhalteraum zur Verbesserung des Hochwasserschutzes erforderlich und zweckmäßig ist
- der Planfeststellungsbeschluss mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und dem nationalen Wasserrecht vereinbar ist
- die Ökologischen Flutungen rechtmäßig und geeignet sind, die naturschutzrechtlichen Eingriffe durch Retentionsflutungen zu minimieren
- die rückwärtigen Hochwasserdämme XXVa und XXVI wie planfestgestellt geeignet sind, den erforderlichen Hochwasserschutz für die angrenzenden Kommunen sicherzustellen
Der LBG wird nun die Rechtsfehler im Rahmen des Ergänzungsverfahrens beheben und parallel dazu mit dem Bau von den rechtlich zulässigen Maßnahmen und der Ausführungsplanung weiterer Maßnahmen beginnen, um den Bau des Polders voranzutreiben.
Ergänzungsverfahren
Das LRA als zuständige Genehmigungsbehörde hat am 25. Januar 2024 auf Antrag des Regierungspräsidiums das Planergänzungsverfahren eingeleitet. Das Regierungspräsidium muss nun die Rechtsfehler „heilen“ und die entsprechend ergänzten Unterlagen dem LRA zur Genehmigung vorlegen. Die Antragsunterlagen des Planergänzungsverfahrens sollen noch in 2025 fertiggestellt und eingereicht werden. Nach Abschluss des Ergänzungsverfahrens kann dann mit dem Bau der übrigen Teile des Rückhalteraums begonnen werden.
Weitere Informationen zum Rückhalteraum Bellenkopf/Rappenwört sind auf der Projektseite des Regierungspräsidiums Karlsruhe zu finden.