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NACHGEFRAGT? Die wichtigsten Ergebnisse der AGLR-Fachtagung „Kommune und Landwirtschaft: Gemeinsam für mehr Biodiversität im Ländlichen Raum“

(v.l.n.r) Abteilungsleiterin Anita Schmitt, Andre Baumann, Regierungspräsident Klaus Tappeser, Prof. Dr. Eckard Jedicke

Herr Regierungspräsident Tappeser: Warum ist der Biotopverbund im Ländlichen Raum heute ein Thema? Hat der Ländliche Raum nicht schon genügend Lebensräume?

Regierungspräsident Klaus Tappeser: Ziel des Biotopverbundes ist es, die ökologischen Wechselbeziehungen in der Landschaft einerseits zu bewahren, andererseits sie auch wieder herzustellen. Im Ländlichen Raum gibt es noch natürliche Flächen in der Kulturlandschaft, z. B. in den Naturschutzgebieten, Kernzonen von Biosphärengebieten oder Natura-2000-Gebieten.

Allerdings liegen diese Flächen meist zu weit auseinander, um unseren heimischen Arten ein Überleben zu ermöglichen. Mit dem Bestand an naturnahen Gebieten gelingt es uns lediglich 30 bis 40 Prozent der heimischen Arten zu erhalten. Um einem Großteil der heimischen Fauna und Flora das Überleben zu ermöglichen, spielt daher auch die Qualität der Landschaft außerhalb von Schutzgebieten eine entscheidende Rolle.

Mit den neu zu schaffenden Verbundelementen soll auch die Kulturlandschaft wieder durchlässiger gemacht werden. Biotopverbund bedeutet, Korridore und Trittsteine zu entwickeln, die einen Austausch zwischen Populationen durch Wanderungsprozesse ermöglichen. Der Biotopverbund im ländlichen Raum ist da daher besonders geeignet, neben intensiv genutzten Flächen zur Produktion auch Biotopverbundstrukturen für Tier- und Pflanzenarten zu schaffen.

 

Frau Schmitt, Sie sind Leiterin der Abteilung 3 - Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen - am Regierungspräsidium Tübingen: Welche Verantwortung hat die Landwirtschaft für die Förderung einer biologischen Vielfalt im Ländlichen Raum? Welche Ansätze werden verfolgt?

Anita Schmitt: Die Landwirtschaft ist mit der Ursprung der Vielfalt unserer heutigen Kulturlandschaft. Sie ist daher ein zentraler Treiber der Biodiversität - sowohl im positiven wie im negativen Sinn.  Daher müssen in einem partizipativen Prozess die Landwirtinnen und Landwirte bei der Ausgestaltung der Maßnahmen beteiligt werden und betriebsspezifische Maßnahmen zur Anwendung kommen. Ein gutes Beispiel sind unser Agrarumweltprogramm und die Landschaftspflegerichtlinie, aber auch Beispiele, wie das in der Tagung vorgestellte F.R. A.N.Z. Projekt. Ganz aktuell startete im Land das Biodiversitätsnetzwerk Baden-Württemberg. Hier werden Biodiversitätsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Betrieben umgesetzt und getestet. Diese sogenannte Demo-Betriebe dienen als Multiplikatoren um geeignete Biodiversitätsmaßnahmen in die Fläche zu tragen. Im Regierungsbezirk Tübingen wurden sieben solcher Demo-Betriebe installiert.

 

Aktuell ist die Sicherung der Ernährung und die Energiekrise eines der brennendsten Themen. Wie kann hier der Erhalt der Artenvielfalt weiter im Fokus bleiben?

Anita Schmitt: Im Rahmen der Tagung hat unser Referent, Prof. Dr. Jedicke, von einem Trilemma von Biodiversitäts-,Klima- und Ernährungskrise gesprochen. Dieses Trilemma kann man nur auflösen, wenn man die jeweiligen Nutzungsziele optimiert und wo möglich, kombiniert. Beispielsweise auf einem Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen Maßnahmen zur Biodiversität oder zum Klimaschutz ergreift. Beispielsweise bieten sogenannte Lichtäcker – das sind Getreidebestände mit größeren Abständen bzw. Lücken zwischen den Saatreihen - Ackerwildkräutern mehr Licht und weniger Konkurrenz  und vielen Tierarten ein reichhaltiges Nahrungsangebot und günstige Bedingungen zur Fortpflanzung. Prof. Jedicke hat dies als Mehrgewinnstrategie bezeichnet, die Kombination einer differenzierten Landnutzung und des Biotopverbunds. Auf einem Teil der landwirtschaftlichen Flächen müssen wir einen Kompromiss eingehen zwischen Produktion und Biodiversität.

 

Herr Regierungspräsident: Welche  Erkenntnisse nehmen Sie aus der Tagung mit?

Regierungspräsident Klaus Tappeser: Die Umweltpolitik allein kann das Problem nicht lösen, wir brauchen in allen Politikfeldern, angefangen von der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik bis hin zur Landnutzungspolitik eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeit, zur Sicherung der Biologischen Vielfalt. Wir müssen weg von dem sektoralen Denken, hin zu einem inter- und transdisziplinären Leitbild für unsere Landschaften. Ich lade alle dazu ein, diesen Prozess mitzugestalten.

 

Die Vorträge der Veranstaltung finden Sie auf der AGLR Website.

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