Pressemitteilung

50 Jahre Naturschutzgebiet „Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus mit Umgebung“ (Stadtkreis Heilbronn)

Regierungspräsidentin Susanne Bay: „Das älteste Naturschutzgebiet der Stadt Heilbronn ist naturkundlich und kulturhistorisch spannend und ein beliebtes Naherholungsgebiet der Region“

Naturschutzgebiet "Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus"

Das Regierungspräsidium Stuttgart hat heute (19. Juli 2022) das 50jährige Jubiläum des Naturschutzgebiets „Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus mit Umgebung“ gefeiert. An der Veranstaltung nahm auch Regierungspräsidentin Susanne Bay teil.

„Das ehemalige Steinbruchgelände mit seiner Umgebung ist ein geologisch und kulturgeschichtlich besonderer Ort, der wichtigen Lebensraum für die heimische Tier- und Pflanzenwelt bietet und ein beliebtes Heilbronner Naherholungsgebiet ist“, so die Regierungspräsidentin. Bei einer naturkundlichen Führung konnten die geladenen Gäste das knapp 30 Hektar große Naturschutzgebiet hautnah kennenlernen.

Über 500 Jahre, von 1460 bis 1968, war der Steinbruch in Betrieb. Der feinkörnige, gleichmäßige Schilfsandstein war ein begehrter Bau- und Werkstein, da er sich gut bearbeiten lässt. Sandsteine aus dem Steinbruch finden sich noch heute im Heilbronner Stadtgebiet: So zum Beispiel unter den Arkaden am Heilbronner Rathaus, wo eine eindrucksvolle sechseinhalb Meter lange und aus einem Stück Sandstein geschaffene „Wächterbank“ aus dem Jahr 1583 zu sehen ist. Auch der skulpturenreiche Westturm der Kilianskirche ist aus dem Heilbronner Schilfsandstein gearbeitet. Nach der Stilllegung des Steinbruchs eroberte sich die Natur allmählich das Steinbruchgelände zurück, weitgehend ohne menschliches Zutun. 1972 wurden dann zunächst die Bruchwände mit den Zufahrtswegen vom damaligen Regierungspräsidium Nordwürttemberg als Naturschutzgebiet ausgewiesen, 1986 folgten die Abraumhalden und der umgebende Laubwald.

Naturschutz und Naherholung in einem

Das Naturschutzgebiet trägt zum Überleben zahlreicher, teils seltener und in ihrem Bestand bedrohter Tier- und Pflanzenarten bei. Es ist Lebensraum waldbewohnender Vogelarten wie Habicht, Sperber, Mittelspecht und Zaunkönig. Typische Waldschmetterlinge, zum Beispiel Eichenzipfelfalter und Waldbrettspiel, lassen sich besonders gut auf sonnigen Flecken am Waldboden beobachten. Die Felswände sind wichtige Lebensräume für Farne, Moose und Flechten. Unter anderem gedeihen hier Arten wie der seltene Schwarzstielige Streifenfarn, der Hirschzungenfarn und das Alpen-Widertonmoos. An den sonnigen Waldrändern kommt die gefährdete Prachtnelke vor. Dort kann auch die wärmeliebende Mauereidechse beim Sonnenbaden angetroffen werden. Die alten Eichen sind Rendezvousplätze des Hirschkäfers. Männchen und Weibchen treffen sich an Bäumen mit Leckstellen, um Baumsaft aufzunehmen und sich zu paaren. Der Hirschkäfer ist besonders geschützt und auf der Roten Liste für Baden-Württemberg als gefährdet eingestuft.

Der Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus und die umliegenden Waldgebiete gehören darüber hinaus zum Naherholungsbereich der Stadt Heilbronn. Besucherinnen und Besucher finden im Naturschutzgebiet eine Informationstafel sowie einen geologischen und naturkundlichen Lehrpfad, der die geologischen Aspekte erklärt und Einblicke in die Natur und Kultur der Heilbronner Region eröffnet. Direkt am Naturschutzgebiet liegt das Jägerhaus, eine Waldgaststätte mit langer Tradition. Damit die Tier- und Pflanzenarten auch weiterhin gut und geschützt leben können, ist es wichtig, dass sich Erholungssuchende naturschonend verhalten. Das heißt, insbesondere im Naturschutzgebiet auf den Wegen zu bleiben, Hunde an der Leine zu führen und kein Feuer zu machen. Auch das Klettern an den Felsen ist verboten.

Hintergrundinformationen:

Der aufgelassene Steinbruch wurde 1972 vom damaligen Regierungspräsidium Nordwürttemberg auf einer Fläche von vier Hektar als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es war das erste von den fünf Naturschutzgebieten der Stadt Heilbronn (Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus, Prallhang des Neckars bei Lauffen, Köpfertal, Altneckar Horkheim, Frankenbacher Schotter). Während 1972 zunächst nur die Bruchwände mit den Zufahrtswegen als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurden, um eine drohende Auffüllung zu verhindern, erfolgte 1986 die Einbeziehung der Abraumhalden und des umgebenden Laubwalds und damit eine Erweiterung des Naturschutzgebiets auf knapp 30 Hektar. Schutzzweck ist die Erhaltung des ehemaligen Steinbruchgeländes und seiner Umgebung als naturkundlich und kulturhistorisch bedeutendes Gebiet, als Lebensraum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und als Erholungsgebiet in Stadtnähe. Das Naturschutzgebiet ist Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000.

Der Schilfsandstein entstand aus Sandablagerungen von Flüssen vor etwa 230 Millionen Jahren. Sein Name ist auf eine fehlerhafte Bestimmung von fossilen Pflanzenresten zurückzuführen. Erst später wurde festgestellt, dass die versteinerten Reste von Schachtelhalmen stammen, doch da war der Name Schilfsandstein schon eingebürgert.

Zum Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus ist über den Publikationsdienst der LUBW (pudi.lubw.de) ein kostenloses Faltblatt erhältlich.

Bild 1: Naturschutzgebiet "Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus". Einst ein Steinbruch mit großen Eingriffen in die Natur, heute eine ruhige Idylle (Foto: Ulrike Kreh)
Bild 2: Naturschutzgebiet "Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus". Einst ein Steinbruch mit großen Eingriffen in die Natur, heute eine ruhige Idylle (Foto: Ulrike Kreh)
Bild 3: Naturschutzgebiet "Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus". Ein romantischer Weg führt durch das frühere Abbaugelände (Foto: Regierungspräsidium Stuttgart)
Bild 4: Der seltene Hirschkäfer kommt im Naturschutzgebiet vor. (Foto: Wolf-Dieter Riexinger)
Bild 5: Regierungspräsidentin Susanne Bay bei der Feier zum 50jährigen Bestehen (Foto: Regierungspräsidium Stuttgart)
Bild 6: Ulrike Möck, Referatsleiterin Naturschutz und Landschaftspflege, erklärt die Eigenheiten des Naturschutzgebietes vor Ort (Foto: Regierungspräsidium Stuttgart)
Bild 7: Führung durchs Naturschutzgebiet zum Anlass des 50jährigen Bestehen (Foto: Regierungspräsidium Stuttgart)