Pressemitteilung

Bau- und Kunstdenkmalpflege | Stuttgarter Straßenbahn-Haltestellen „Pragsattel“, „Rastatter Straße“ und „Waldau“ als Kulturdenkmale unter Schutz gestellt

Bild zeigt die Haltestelle Pragsattel

Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart hat drei Stuttgarter Haltestellen als Kulturdenkmale ausgewiesen. Demnach gelten die drei Haltestellen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) „Pragsattel“, „Rastatter Straße“ und „Waldau“ als bauliche Repräsentanten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Stuttgart und veranschaulichen die große Bandbreite des Planens und Bauens in den 1990er-Jahren.

„Die jungen Kulturdenkmale zeigen auch im überregionalen Vergleich den hohen Gestaltungswillen der späten 1990er-Jahre in der Entwicklung der öffentlichen Nahverkehrsnetze“, erläuterte Landeskonservator Dr. Martin Hahn vom LAD den Denkmalwert. „Alle drei Haltestellen haben ihre Eigenheiten, alle drei stehen für den jüngeren Ausbau des Stadtbahnnetzes in den 1980er/90er-Jahren, der durch die Umstellung auf Normalspur, den Bau zahlreicher Tunnelstrecken und die Expansion ins Umland gekennzeichnet ist“, sagte Hahn weiter.

Landschaftlich am Pragsattel

Die Haltestelle „Pragsattel“ wurde 1990 im Vorfeld der Internationalen Gartenschau IGA 1993 neu errichtet. Verantwortlich zeichneten die Architekten Fiedler, Frenkel und Stanger zusammen mit dem Gartenarchitekten Miller. Die Haltestelle steht in engem topografisch-landschaftlichen und funktionalem Zusammenhang mit den Gartengestaltungen des „Grünen U“: Eine mächtige natursteinverkleidete Stützmauer absorbiert den Lärm der nahen Bundesstraße. In Blickrichtung der Parkanlagen ist die tiefliegende Haltestelle zwischen zwei Tunneln dagegen offen und mit viel Grün angebunden. Eine Besonderheit der Haltestelle ist der Doppelausstieg mit Seiten- und Mittelbahnsteig, geschuldet unter anderem der Funktion als Umsteigehaltestelle. Die Haltestelle setzt mit dem Materialmix von Naturstein und bunt gefassten Stahl-Glas-Konstruktionen eine zeittypische Gestaltungssprache fort, wie sie zum Beispiel bei der Neuen Staatsgalerie 1984 eingesetzt wurde. Kennzeichnend ist die große gestalterische Sorgfalt bis ins Detail, erkennbar beispielsweise an der Gestaltung der Leuchten oder am türkisfarbenen Farbband, das in die Sandsteinmauern eingelegt ist. Die der Postmoderne eigene Inszenierung beziehungsweise das Spielerische der Gestaltung findet sich in den Leergespärren der Bahnsteigüberdachung wieder.

Postmodern an der Rastatter Straße

Die Haltestelle „Rastatter Straße“ entstand am Rande von Weilimdorf 1992 nach Plänen des Stuttgarter Architekten Jürgen Zeeb. Die Station mit ihrer fröhlich-markanten Gestaltung – im Volksmund auch als „Legoland“ bezeichnet – zeigt ebenfalls deutlich postmoderne Züge. Die Ausführung der Wandflächen in eingefärbtem Beton und die der Fußböden durch farblich leicht wechselnde Beläge steht in auffälligem Kontrast zu den Stahlgestängen in Blau und Gelb. Letztere fungieren als Träger der Beleuchtung und der Fahrgastinformation, als Rankgerüste sowie als Bahnsteigüberdachung. Das der Postmoderne eigene Spielerisch-Ironische zeigt sich in der detailverliebten Gestaltung. Vor allem die Reihe der begleitenden Stahltürmchen ist ein auffälliges Detail, das die Station mit ihrer Tieflage auch im Straßenbild präsent macht. An der barocken Solitudeallee wird damit ein städtebaulicher Schwerpunkt gesetzt.

Sportlich auf der Waldau

Der Stadtbahnhalt „Waldau“, wie häufiger im Netz der SSB zwischen zwei Tunnelstrecken in offener Tiefbauweise errichtet, weist eine andere Gestaltung auf. Während die 1998 eingeweihte Haltestelle von Unold Diplomingenieure und Architekten (Stuttgart) gestaltet wurde, stammt die Überdachung aus der Hand des renommierten Ingenieurbüros Schlaich, Bergermann und Partner (Stuttgart). Das markante und dominante Dach mit textiler Membran steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Sportpark auf der Waldau. An die Überdachung von Stadionbauten erinnernd, greift diese sprechende Architektur das Motiv Sport bildlich auf. Durch die an den Wandflächen angebrachten großformatigen Grafiken mit Sportdarstellungen des Stuttgarter Künstlers Siegfried Groß wird dieses zusätzlich betont. Die Station ist in Beton und Ziegel ausgeführt. Hellblaues, präzise durchgestaltetes Mobiliar und Leuchten setzen farbige Akzente.

Die Stuttgarter Straßenbahnen sehen die Entscheidung des Landesamts für Denkmalpflege als ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Haltestellen und als Bestätigung, dass Haltestellen mehr ausmachen als die reine Funktionalität als Infrastrukturbauwerke. Julia Hampe, Leiterin des Fachbereichs Bauwerke bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG, sieht die Entscheidung als „Herausforderung und Verpflichtung“ und lobt die „konstruktiven Gespräche mit der Denkmalpflege, die wir gerne fortsetzen“. Die SSB werde darauf achten, dass die Denkmalpflege in Einklang stehe mit ebenfalls hoch bewerteten Aspekten wie Barrierefreiheit, Sicherheit und Nachhaltigkeit.

Anlagen: (Quelle: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Imre Boros)

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