Pressemitteilung

Die „Wiesentäler bei der Menzlesmühle“ sind ein viel besuchtes Naturschutzgebiet

Das Regierungspräsidium Stuttgart legte vor 25 Jahren zwei kleinere, insgesamt rund sechs Hektar umfassende Naturschutzgebiete zu einem größeren zusammen. Seither heißt das Gebiet zwischen Kaisersbach (Rems-Murr-Kreis) und Gschwend (Ostalbkreis) „Wiesentäler bei der Menzlesmühle“ und ist 63 Hektar groß. Regierungspräsident Wolfgang Reimer nennt die Gründe: „Im Schwäbisch-Fränkischen Wald sind Wiesentäler mit frei mäandrierenden Bachläufen und Nasswiesen weiter zurückgegangen. Um diese schöne Kulturlandschaft zu sichern, war der großflächige Schutz der Wiesentäler um die Menzlesmühle erforderlich.“ Für viele Arten sei das Schutzgebiet das einzige Refugium weit und breit, wo sich ihr Bestand erhalten und ausbreiten könne. Fast alle Naturschutzgebiete stünden aber auch den Menschen zur Erholung offen. 

Damit Besucher trockenen Fußes durch die meist ganzjährig nassen Wiesen wandern können, legte die Naturschutzverwaltung schon vor Jahrzehnten einen Holzbohlenweg an. Weil dieser etwas holperig und stellenweise verrottet war, musste er erneuert werden. Der Landschaftspflegetrupp des Regierungspräsidiums Stuttgart fertigte einen neuen Weg, der weniger rutschig und überdies rollstuhlgeeignet ist. Viele Besucher kommen im Frühsommer zur Blütezeit von Trollblumen und Orchideen. Aber auch zu fortgeschrittener Jahreszeit kann die beeindruckende Landschaft genossen und seltene, geschützte Pflanzen wie Wollgras, Teufelsabbiss und Sumpf-Herzblatt bewundert werden. An den Talhängen ist die im Keuperbergland heutzutage seltene Pflanzengesellschaft des Borstgrasrasens zu finden. Neben den Charakterarten Borstgras, Heidekraut und Flügel-Ginster gedeiht hier die seltene Heide-Nelke. 

Das Naturschutzgebiet verdankt sein reizvolles Landschaftsbild den Nasswiesen, die früher oft als Streuwiesen genutzt wurden. Der Name Streu weist auf die Nutzung hin. Die Gräser sind so hart, dass kaum ein Vieh sie frisst. Als Einstreu in den Stall wurden sie aber früher gern verwendet und daher die Wiese einmal jährlich im Herbst gemäht. Heute werden viele Streuwiesen nicht mehr bewirtschaftet mit der Folge, dass sich nach und nach Hochstauden und Gebüsche ansiedeln. Lichtbedürftige Pflanzen wie Trollblumen und Orchideen werden dadurch verdrängt. Offene Wiesentäler und Feuchtwiesen lassen sich langfristig nur erhalten, wenn sie auch bewirtschaftet werden. Innerhalb weniger Jahre würden sich sonst Gebüsch und Auenwald ausbreiten. Wichtig ist eine extensive Nutzung, das heißt einmal, maximal zweimal pro Jahr mähen und wenig oder gar nicht düngen. Da dies für einen Landwirt nicht lukrativ ist, hat das Land Baden-Württemberg im Naturschutzgebiet große Flächen aufgekauft, um über Pflegeverträge mit Landwirten eine entsprechende Bewirtschaftung zu sichern. Einige besonders nasse Grundstücke werden seit vielen Jahren vom Landschaftspflegetrupp des Regierungspräsidiums Stuttgart mit speziellen Geräten gemäht. „In den Wiesentälern bei der Menzlesmühle ist es gelungen, großflächige Streuwiesen mit seltenen Pflanzen- und Tierarten, beispielsweise Trollblume, Breitblättriges Knabenkraut und Sumpfschrecke zu erhalten“, verdeutlicht Regierungspräsident Reimer den Sinn und Zweck des Naturschutzgebiets. „In einem Naturschutzgebiet sind die Chancen gut, Lebensräume und Arten nachhaltig zu schützen.“ 

Besonders für die seltene Schmetterlingsart Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling sind die extensiv genutzten Wiesen im Naturschutzgebiet ein wertvoller Lebensraum. Der Bläuling kann nur auf Wiesen leben, auf denen der Große Wiesenknopf, gedeiht. Diese Pflanze ist Nektar- und Eiablagepflanze des Falters und Futterpflanze seiner Raupe. Unter den zahlreichen Heuschrecken- und Libellenarten im Naturschutzgebiet sind zwei weitere Repräsentanten besonders hervorzuheben: Die im nördlichen Württemberg sehr seltene Sumpfschrecke, die nur in Feuchtgebieten vorkommt, die mindestens einmal im Jahr überschwemmt werden. Und die Blauflügel-Prachtlibelle, die an kühlen, sauerstoffreichen, kleinen Wald- und Wiesenbächen mit lichtem Ufergehölz lebt. Die naturnahen Bachläufe und das saubere Wasser schätzen auch Fische wie die Groppe und das zu den Rundmäulern gehörende Bachneunauge (s. Kasten Hintergrundinformation).

Die Täler bei der Menzlesmühle sind auch kulturhistorisch von Bedeutung. Die komplett erhaltene Menzlesmühle und die nicht weit entfernte Heinlesmühle schmücken heute als Museumsmühlen das Tal. Die Menzlesmühle, in der hauptsächlich Getreide gemahlen wurde, wird bereits 1305 erwähnt, hieß aber bis 1682 „Cronmühle“. 1853 besaß die Mühle drei Wasserräder, dazu kam noch eines der dazugehörigen Sägemühle. Bis zur Stilllegung 1980 arbeitete die Menzlesmühle mit Wasserkraft und Diesel. Bei der mit Strom betriebenen Hundsberger Sägmühle sind Mühlrad und Wasserzulauf noch einsatzbereit.

Hintergrundwissen Bachneunauge

Die „Wiesentäler bei der Menzlesmühle“ zählen zum Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Welzheimer Wald“. Das Bachneunauge ist eine der Arten, deren Lebensräume im FFH-Gebiet besonders zu schützen sind. Das Neunauge ist nicht, wie oft vermutet wird, ein Fisch, sondern zählt zur Gruppe der (kieferlosen) Rundmäuler. Seinen Namen hat es von den neun „Augen“ an den Körperseiten, die aus je einem Auge, einer Nasenöffnung und sieben Kiemenöffnungen bestehen. Ein weiteres typisches Merkmal ist die mit Hornzähnchen besetzte Mundscheibe, das Saugmaul. Bachneunaugen bewohnen saubere, sauerstoffreiche Bäche. Diese müssen reich strukturiert sein, denn die Bachneunaugenlarven sind auf ruhig fließende Strecken mit feinsandigem Bachbett angewiesen. Die erwachsenen Neunaugen hingegen brauchen zum Ansaugen von Nahrung und zum Fortpflanzen rasch fließende Bereiche mit steinigem und kiesigem Grund. Beide Voraussetzungen sind in den Bächen des Naturschutzgebiets „Wiesentäler bei der Menzlesmühle“ erfüllt.


Hinweise für Besucher: Ausflügler erreichen das Naturschutzgebiet über Welzheim, Kaisersbach, Gschwend oder Alfdorf. Parkplätze gibt es an der Straße Welzheim–Gschwend nahe der Heinlesmühle und im Norden des Gebiets beim Brandhof. Nach Gschwend fahren auch Linienbusse von Schorndorf, Welzheim, Schwäbisch Gmünd oder Gaildorf. Von Gschwend zum Brandhof verkehrt ebenfalls ein Bus. Der Bohlenweg beginnt kurz nach dem Parkplatz Heinlesmühle Richtung Menzlesmühle und ist als Mühlenwanderweg mit dem Mühlradsymbol markiert. Das Regierungspräsidium Stuttgart betont, dass es zum Schutz der seltenen Flora und Fauna verboten ist, die Wege zu verlassen, zu lagern, Feuer zu machen und zu zelten. Streng verboten ist es, Pflanzen und Tiere zu entnehmen, Hunde frei laufen zu lassen, Luftfahrzeuge zu betreiben oder die Gewässer mit Booten zu befahren. 

Ein reich illustriertes Faltblatt über das Naturschutzgebiet mit Karte und Wandertipp kann kostenlos bei der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) bezogen oder als PDF-Dokument heruntergeladen werden (www.lubw.baden-wuerttemberg.de).


Damit keine Trampelpfade durch die Feuchtwiesen entstehen, hat das Regierungspräsidium Stuttgart de Bohlenweg erneuert (Foto: Ulrike Kreh)