Nach Verkehrsfreigabe der L 1250, die am Donnerstag, 30. April 2020, erfolgt, werden das Regierungspräsidium Stuttgart und die Stadt Wendlingen am Neckar ab kommenden Montag, 4. Mai 2020, gemeinsam mit der Ertüchtigung der Hochwasserschutzeinrichtungen in Wendlingen am Neckar beginnen. Ziel dieser Baumaßnahme ist die Ortslage in Wendlingen am Neckar künftig gegen ein hundertjährliches Hochwasser zu schützen und so auch aktuellen und künftigen Klimaveränderungen Rechnung zu tragen. Dafür müssen die bestehenden Hochwasserschutzdämme ertüchtigt und um einen Meter erhöht werden. Die Baumaßnahme auf der linken Neckarseite ist bis Ende 2020 geplant.
„Ein konsequenter und effektiver Hochwasserschutz ist von großer Bedeutung. Ich freue mich, dass wir nun nach vielen Jahren des Planens und intensiver Vorarbeiten gemeinsam mit der Stadt Wendlingen am Neckar diese wichtige Hochwasserschutzmaßnahme beginnen können. Ich danke allen Beteiligten für ihr Engagement und bitte alle von der Baumaßnahme Betroffenen um ihr Verständnis“, erklärte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer, dessen Behörde für die Bauausführung zuständig ist.
„Die Ertüchtigung des Hochwasserschutzes am Neckar ist essenziell für den Schutz der Stadt und Ihrer Bürgerinnen und Bürger. Er sichert auch die wichtigen Gewerbestandorte entlang des Flussufers“, sagte Steffen Weigel, Bürgermeister von Wendlingen am Neckar.
Die Ertüchtigung des unterhalb der Autobahnbrücke am Gewerbegebiet Wert liegenden Hochwasserschutzdamm sieht vor eine sogenannte Spundwand als Dichtungselement im Untergrund zu verankern und den Damm anschließend zu erhöhen. Unmittelbar im Bereich des Hochwasserschutzdammes befindet sich derzeit ein Abwassersammler des Gruppenklärwerks Wendlingen im Untergrund. Dieser Sammler muss vor Beginn der Dammertüchtigung räumlich verlegt und durch einen neuen, unmittelbar im Bankett der Kreisstraße zu verlegenden Abwassersammler ersetzt werden. Zur Herstellung der Baugrube an der Kreisstraße und zur Verlegung dieses Abwassersammlers muss die Straße voll gesperrt werden. Der auf dem Hochwasserdamm liegende Geh- und Radweg wird im Zuge der Baumaßnahme neu gestaltet und einheitlich auf 2,50 Meter verbreitert.
Im Jahr 2020 soll zunächst der Hochwasserschutzdamm entlang des Baugebiets Wert auf der linken Neckarseite zwischen der Autobahnbrücke und der Römerbrücke erhöht werden. Daher muss die K 1219 ab kommendem Montag zwischen der Einfahrt in das Gewerbegebiet Wert in Wendlingen am Neckar und Unterensingen für den Verkehr in beide Fahrtrichtungen gesperrt werden. Die Vollsperrung ist für drei Monate geplant. Der Verkehr wird dann über die im Zuge der Bahntrasse neu gebauteL 1250 und die Heinrich-Otto-Straße auf die rechte Neckarseite umgeleitet.
Ab voraussichtlich August bis einschließlich November 2020 ist dann anstatt der Vollsperrung eine halbseitige Sperrung der K 1219 vorgesehen. Der Verkehr von Wendlingen am Neckar in Richtung Unterensingen ist dann wieder möglich, währenddessen der Verkehr von Unterensingen in Richtung Wendlingen am Neckar weiterhin über die rechte Neckarseite umgeleitet wird. Die Umleitungsstrecke wird voraussichtlich im Dezember 2020 aufgehoben werden können. Die Zufahrt zum Gewerbegebiet Wert ist in der ganzen Zeit also von Mai bis November aus und in Richtung Wendlingen am Neckar und B 313 gewährleistet.
Für die Zeit der gesamten Baumaßnahme muss auch der Fuß- und Radweg (Neckartalradweg) zwischen Unterensingen und Wendlingen am Neckar voll gesperrt werden. Der Weg wird dann von Unterensingen über die Holzbrücke beim HOS-Areal, die Heinrich-Otto-Straße, den Betriebsweg entlang des Neckars und die Ulrichsbrücke ebenfalls auf die rechte Neckarseite umgeleitet. Hierzu wurde der Weg entlang des Neckars in den vergangenen Wochen instandgesetzt. Diese Umleitung betrifft auch die Schülerinnen und Schüler, die aus Unterensingen die Schulen in Köngen besuchen. Diese nutzen dann von der Ulrichsbrücke den linksseitigen Geh- und Radweg in Richtung Köngen.
Von 4. Mai bis voraussichtlich 31. Juli 2020 müssen außerdem aufgrund der Baumaßnahme zum Hochwasserschutz die Buslinien 184 aufgrund der Vollsperrung der K 1219 vorübergehend umgeleitet werden. Die Bushaltestelle Wert an der K 1219 wird im Zuge der räumlichen Verlegung des Abwasserkanals und der Erhöhung des HW-Schutzdammes beseitigt und barrierefrei gestaltet. Sie kann daher von Mai bis November 2020 nicht angefahren werden. Für diese Zeit wurde von der VVS im Auftrag des Regierungspräsidiums Ersatzfahrpläne aufgestellt. Die bisher als Umleitungsverkehr über Unterensingen verkehrende Buslinie 196 fährt ab dem 4. Mai 2020 wieder über Oberboihingen. Der Ersatzfahrplan für die Buslinie 184 ist dieser PM beigefügt.
Die Linie 184 fährt von Montag bis Freitag zweigeteilt. Ein Bus pendelt zwischen Nürtingen ZOB und Unterensingen Blumenstraße. Der zweite Bus pendelt zwischen Wendlingen am Neckar ZOB und Unterensingen Blumenstraße über Oberboihingen Daimlerstraße. Sowohl auf der Relation Nürtingen-Unterensingen als auch auf der Relation Unterensingen-Wendlingen bleibt es bei einem Halbstunden-Takt, damit die S-Bahn in Wendlingen am Neckar weiterhin erreicht werden kann.
Im Spät- und Wochenendverkehr wird weiterhin durchgehend von Nürtingen nach Wendlingen am Neckar und zurückgefahren. In Wendlingen am Neckar können die Fahrgäste weiterhin wie gewohnt von der S-Bahn zum Bus umsteigen. Wer im Spät- und Wochenendverkehr in Wendlingen am Neckar mit dem Bus ankommt, fährt mit dem Regional Express, statt wie sonst üblich mit der S-Bahn weiter in Richtung Stuttgart. Sollte die Nachfrage an den Samstagen das Angebot übersteigen, wird schnellstmöglich nachgesteuert.
Die Haltestelle Oberboihingen Bahnhof wurde in der Vergangenheit bereits als Interimshaltestelle auf der Daimlerstraße bei Umleitungen eingerichtet. Sie wird auch in diesem Umleitungskonzept genutzt und in den Linienverlauf eingebunden.
Die Umleitungsfahrpläne müssen auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie immer wieder kurzfristig überprüft und unter Umständen angepasst werden. Mit der geplanten Aufhebung der Vollsperrung Ende Juli/Anfang August werden die ursprünglichen Buslinien wiedereingerichtet.
Nach Fertigstellung der Hochwasserschutzeinrichtungen auf der linken Neckarseite wird der Hochwasserschutzdamm in Wendlingen am Neckar zwischen der Ulrichsbrücke und dem Wendlinger Wehr voraussichtlich in 2021 auf der rechten Neckarseite neu gebaut und erhöht.
Das Regierungspräsidium und die Stadt Wendlingen am Neckar bitten um Verständnis für die unvermeidbaren Beeinträchtigungen während der Arbeiten.
Aktuelle Informationen über Straßenbaustellen im Land können dem Baustelleninfomationssystem (BIS) des Landes Baden-Württemberg unter www.baustellen-bw.de entnommen werden.
Hintergrundinformationen:
Das Regierungspräsidium Stuttgart hatte in 2010 eine Machbarkeitsstudie zum Hochwasserschutz der Stadt Wendlingen am Neckar erstellen lassen. Das Ergebnis der Studie war, dass die Stadt gegenwärtig nur gegen ein 70 bis 80-jährliches Hochwasser geschützt ist, nicht gegen ein Jahrhunderthochwasser, das im statistischen Mittel einmal alle 100 Jahre erreicht oder überschritten wird.
Daher haben das Regierungspräsidium und die Stadt Wendlingen am Neckar die Durchführung der Planung für einen verbesserten Hochwasserschutz der Stadt entlang des Neckars vereinbart. Ziel der Planung ist die Ertüchtigung der Hochwasserschutzeinrichtungen in Wendlingen am Neckar zum Schutz gegen ein hundertjähliches Hochwasser einschließlich künftig zu erwartender höherer Abflüsse aufgrund von Klimaveränderungen.
Am Wendlinger Wehr fließen derzeit bei einem hundertjährlichen Hochwasser rund 970 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ab. Auf Grund der für die kommenden Jahrzehnte prognostizierten Klimaveränderung ist davon auszugehen, dass sich auch die Hochwasserereignisse verschärfen werden. Am Neckar in dieser Region wird mit einer Erhöhung der Abflüsse im Hochwasserfall um bis zu 15 Prozent gerechnet. Dies ergibt dann am Wendlinger Wehr einen Abfluss von 1.120 m³/s. Die bestehenden Schutzeinrichtungen werden künftig soweit erhöht, dass sie diesen Abfluss einschließlich eines Zuschlags von 50 Zentimetern, dem sogenannten Freibord, abführen können. In Wendlingen am Neckar bedeutet dies, dass die bestehenden Schutzeinrichtungen im Mittel um rund einen Meter erhöht werden müssen.
Nach umfangreichen Vorarbeiten wie Vermessungsarbeiten, Baugrunduntersuchungen, Bestandsaufnahme der bestehenden Flora und Fauna und auch Untersuchungen auf Kampfmittel aus dem 2. Weltkrieg konnte die Planung in 2015 fertig gestellt und beim Landratsamt Esslingen zur Genehmigung eingereicht werden. Im Juni 2018 erging dann der Planfeststellungsbeschluss, das heißt die Genehmigung zur Ausführung der Maßnahme.
Ab August 2018 wurden die Ausführungsplanung und die Ausschreibungsunterlagen für den Schutz des Industriegebiets Wert links des Neckars und den Bereich entlang der Schäferhäuser Straße rechts des Neckars zwischen Ulrichsbrücke und Wendlinger Wehr erstellt. Die Bauarbeiten für diese beiden Teilabschnitte wurden im Herbst 2019 europaweit ausgeschrieben und im März 2020 vergeben. Die Rodungsarbeiten wurden bereits im November 2019 ausgeführt. Alle Arbeiten für beide Abschnitte sollen im Sommer 2021 abgeschlossen werden. Die Umsetzung des dritten und letzten Bauabschnittes, rechts des Neckars zwischen Autobahnbrücke und Römerbrücke ist dann ab Ende 2021 geplant.
Vor Beginn der Bauausführung wurden Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in den Naturhaushalt durch das RP bereits umgesetzt beziehungsweise müssen noch in die Wege geleitet werden. So wurden bereits an anderer Stelle Ersatzhabitate für die Umsiedlung von Zauneidechsen geschaffen und Nistkästen angebracht. Weitere Maßnahmen wie Bepflanzungsmaßnahmen wurden teilweise schon durchgeführt oder werden in den nächsten Monaten noch folgen. Seit Mitte April wurde von beauftragten Fachleuten mit der Umsiedlung von Zauneidechsen im Baufeld begonnen. Größere Populationen sind insbesondere auf der rechten Neckarseite vorhanden.
Die Gesamtkosten für den verbesserten Hochwasserschutz in Wendlingen am Neckar belaufen sich nach aktuellem Stand auf rund 10 Millionen Euro. Die Stadt trägt davon 30 Prozent, das Land übernimmt 70 Prozent der Investitionssumme. Das Land ist außerdem für die Ausführung der umfangreichen Planungs- und Bauarbeiten zuständig.
Allgemeine Informationen zum Hochwasserschutz sind auf dem Themenportal der vier Regierungspräsidien im Land abrufbar.