Vor dem Hintergrund der erneuten Schließung des Naturfreibads aufgrund von überhöhten E. Coli-Bakterien-Werten fand gestern ein Vorort-Termin mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung, des Landratsamts Böblingen sowie des Regierungspräsidiums Stuttgart statt. Gemeinsam wurden Möglichkeiten erörtert, die Öffnung des Freibads in Zukunft nachhaltig und langfristig sicherzustellen. Im Zentrum standen die Themen Gesundheitsschutz der Badegäste und die streng geschützten Teichhühner, die sich im Bad angesiedelt haben. Deutlich wurde im Termin: Eine schnelle Lösung wird es leider nicht geben. Die Becken im Naturfreibad müssen vorerst geschlossen bleiben, Wasserproben werden weiterhin entnommen. Eine Entscheidung, ob das Bad in dieser Saison nochmal geöffnet werden kann, soll im Laufe der nächsten Woche fallen.
Die Behördenvertreterinnen und –vertreter aus den Bereichen Gesundheit und Naturschutz konnten sich bei der Begehung des Bads ein Bild von der Situation vor Ort machen. Im Fokus standen der Gesundheitsschutz für die Badegäste sowie die Ansiedlung von streng geschützten Teichhühnern, deren Koteintrag für die E. Coli-Bakterien im Wasser sorgen könnte.
Die Teichhühner, die von der Europäischen Vogelschutzrichtlinie umfasst, nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gesetzlich streng geschützt sind und auf der Roten Liste der Brutvogelarten als gefährdet eingestuft werden, haben sich im Schilf der Filteranlage niedergelassen und Nachwuchs bekommen. Aufgrund der günstigen Bedingungen vor Ort kann nicht ausgeschlossen werden, dass weiterer Nachwuchs erwartet wird. Die Teichhühner bewegen sich im weiteren Umfeld des Bades, sowohl im Wasser als auch auf den Liegewiesen. Vorausgesetzt, dass hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Teichhühner für den starken Anstieg der Bakterien verantwortlich sind, bedarf es eines professionellen Maßnahmenkonzeptes, das den zukünftigen Umgang mit den Teichhühnern regelt. Sollten keine anderen Möglichkeiten in Betracht kommen, könnte eine Umsiedlung erforderlich werden, die die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme voraussetzt. Für die Erteilung ist das Regierungspräsidium Stuttgart als höhere Naturschutzbehörde zuständig. Wie das Antragsverfahren durchzuführen wäre und welche gesetzlichen Vorgaben das BNatSchG macht, erläuterte Dr. Claus-Jürgen Vowinkel aus dem Naturschutzfachreferat vom Regierungspräsidium beim Termin vor Ort.
Für eine solche artenschutzrechtliche Ausnahme wäre ein Antrag der Stadt nach § 45 Abs. 7 BNatSchG beim Regierungspräsidium erforderlich. Dafür müsste die Stadt ein Planungsbüro beauftragen, das die entsprechenden Unterlagen und Untersuchungen für die Antragsstellung einer Ausnahmegenehmigung gemäß den fachlichen und rechtlichen Anforderungen vorbereitet und durchführt. Außerdem müssen geeignete Gewässer gefunden werden, in die die Tiere im Fall einer Umsiedlung verbracht werden könnten. Erst nach Eingang des vollständigen Antrags könnte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung seitens des Regierungspräsidiums geprüft werden.
Im Zuge der Suche nach anderen geeigneten Gewässern käme auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Böblingen ins Spiel. „Wir wissen um die Bedeutung des Herrenberger Freibads für die Bevölkerung und sind daher sehr interessiert, eine nachhaltige Lösung zu finden. Wir bringen uns gern in die Suche nach einem eventuell benötigten geeigneten Habitat mit ein“, betont Martin Wuttke, Dezernent für Umwelt und Klima.
Bevor die umfangreichen Vorarbeiten für eine Antragsstellung erfolgen, wird die Stadt in einem ersten Schritt eine Untersuchung des Teichhuhn-Kots auf E-Coli Bakterien veranlassen. Aktuell wird nach einem Labor gesucht, das die Untersuchung durchführen kann. Findet sich im Teichhuhn-Kot dasselbe E-Coli-Bakterium wieder, das auch im Wasser festgestellt wurde, würde ein Antrag für eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erfolgen.
„Aufgrund der Voruntersuchungen sowie der notwendigen umfangreichen Arbeiten für die Antragsstellung und der darauffolgenden Prüfung durch das Regierungspräsidium wird es leider keine kurzfristige Lösung geben können. Das bedauern wir sehr, müssen aber die Gesundheit der Badegäste im Blick haben. Wir sind jedoch überzeugt davon, dass wir für die kommenden Jahre ein gutes, nachhaltiges und schlüssiges Konzept in Abstimmung mit den beteiligten Behörden erstellen können, mit dem wir sowohl dem Artenschutz Rechnung tragen als auch die Gesundheit unserer Badegäste gewährleisten können“, erklärt Baubürgermeisterin Susanne Schreiber.
Quelle: Stadt Herrenberg