Pressemitteilung

Naturschutzgebiet „Pflanzenstandorte Brühl und Rautel“ besteht seit 40 Jahren (Hohenlohekreis)

​Das Naturschutzgebiet „Pflanzenstandorte Brühl und Rautel“ bei Krautheim-Unterginsbach besteht seit 40 Jahren. Die Tatsache, dass gerade zu diesem runden Geburtstag die Landschaftspflege im Gebiet einen neuen Aufschwung nimmt, freut Regierungspräsident Wolfgang Reimer besonders: „Das Land Baden-Württemberg hat kürzlich Flächen, die in der Vergangenheit aufgeforstet worden waren, angrenzend an den Gebietsteil Brühl dazugekauft. Um dort einen sogenannten Magerrasen zu entwickeln, setzt die Naturschutzverwaltung auf Ziegenbeweidung.“ Die geländetauglichen Vierbeiner fressen aufkommende Gehölze ab und das Gras kurz. „So beugen sie einer Verbuschung vor und halten die Fläche offen. Wenn sich die Ziegenbeweidung bewährt und sich günstig auf Flora und Fauna auswirkt, könnte auch der Teil Rautel beweidet werden“, so Reimer weiter.

Der Name „Pflanzenstandorte“ macht neugierig, was hier wohl wachsen mag. Und tatsächlich, das relativ kleine Schutzgebiet, das aus den zwei Teilflächen „Brühl“ und „Rautel“ besteht, ist reich an botanischen Kostbarkeiten. Hier wächst unter anderem die Küchenschelle. Besonders zahlreich kommt sie am Südhang des Teils „Rautel“ vor. Insbesondere die Orchideen und Enziane begründeten die Ausweisung zum Naturschutzgebiet. Helm-Knabenkraut, Hummel-Ragwurz, Bocks-Riemenzunge, Ohnsporn, Mücken-Händelwurz und Fransen-Enzian finden auf den Steilhängen im Unteren Muschelkalk mit steinigen, trockenen Böden, den „Trockenhängen“, gute Wuchsbedingungen. Auch die Tierwelt wartet mit einigen Besonderheiten auf. Vorzufinden sind unter anderem Vögel, wie der Raubwürger, oder auch äußerst seltene Netzflügler, wie der Libellen-Schmetterlingshaft. Zu beobachten ist allerdings auch, dass Pflanzenarten aktiv eingebracht werden, die dort ursprünglich nicht vorkamen. Hierzu gehören die Gold-Aster und die Gewöhnliche Kugelblume. Dies hat zur Folge, dass künstlich angesiedelte Arten mit der angestammten Flora konkurrieren.

Die beiden Teilflächen „Brühl“ und „Rautel“ sind sich in ihrer Vegetationsstruktur sehr ähnlich: karge, trockene Wiesen auf kalkreichem Untergrund, sogenannte Kalk-Magerrasen, durchsetzt von Hecken und Gebüschgruppen. Diese trockenen, schütteren Flächen, die in der Gegend auch als Trockenhänge bezeichnet werden, heben sich deutlich von ihrer intensiv genutzten Umgebung ab. Es sind die letzten Refugien einer selten gewordenen wärmeliebenden Pflanzen- und Tierwelt. Daher genießen sie als Naturschutzgebiet einen besonderen Schutz. Im Hohenlohekreis gibt es solch wertvolle Standorte lediglich noch auf sehr kleinen Flächen. Von 21 Naturschutzgebieten im Kreis weisen neun derartig hochwertige Trockenhänge auf.

Ziegen: geländetaugliche tierische Rasenmäher
Die im Gebiet „Brühl“ neu aufgenommene Beweidung mit Ziegen soll das Naturschutzgebiet aufwerten. Nachdem die Forstverwaltung die früher dort angepflanzten Schwarzkiefern nach und nach entfernt hat, sollen nun Ziegen neuen Gehölzaufwuchs verhindern und das Gras abfressen. Denn nur, wenn sich die kurzrasigen offenen Magerrasen wieder ausdehnen, können typische Arten der Trockenhänge dauerhaft überleben. Viele Trockenhänge im Hohenlohischen wurden früher als Weinberge genutzt, wie auch der Name des Südhangs „Rautel“ verrät: Rautel geht auf den Begriff „Raute/Weinraute“ zurück. Wegen zunehmender Rebkrankheiten und unkalkulierbarer Spätfrostgefahr wurde der Weinbau im Gewann Rautel zwischen 1880 und 1950 allmählich aufgegeben. Einige Flächen wurden danach als Wiesen oder für den Obstanbau genutzt. Doch auch diese Nutzung war nicht von Dauer, wie absterbende Zwetschgenbäume zeigen. Das Gewann Brühl prägten im 18. Jahrhundert Wiesen, Äcker und Obstbaumwiesen. Diese Bewirtschaftung war ebenso wenig rentabel und ist längst Vergangenheit. In beiden Gebietsteilen blieben die Flächen sich selbst überlassen, teils kamen von allein Gehölze auf, teils wurden Kiefern angepflanzt. Um die wärme- und lichtbedürftige Pflanzen- und Tierwelt der Trockenhänge zu erhalten, gilt es, das Zuwachsen der Flächen zu vermeiden. Die kargen Magerrasen müssen erhalten oder wiederhergestellt werden. Ziegen helfen dabei.

Fachleute der Naturschutzverwaltung prüfen regelmäßig, wie sich die Landschaftspflegemaßnahmen auf Flora und Fauna auswirken. So kann die weitere Entwicklung des Naturschutzgebiets gelenkt und für die dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten optimiert werden.

Hintergrundinformationen: Hinweise für Besucherinnen und Besucher
Die beiden Teilflächen des Naturschutzgebiets sind von Unterginsbach aus zu erreichen. Es führen lediglich Wege am Rand des Naturschutzgebiets entlang. Das Gebiet „Rautel“ befindet sich direkt nördlich von Unterginsbach. Ein Feldweg führt in Kehren den Hang hinauf. Geht man auf der Hochfläche angekommen nach rechts (Osten), so liegt der geschützte Trockenhang unterhalb. Das Gebiet „Brühl“ liegt einen Kilometer südlich am Osthang des Märzenbachtälchens. Auch hier zieht sich oberhalb des geschützten Hangs ein Feldweg entlang, von dem man Blicke in den Trockenhang und in die neu beweidete Fläche werfen kann. Besucherinnen und Besucher müssen ausschließlich auf den Wegen bleiben und dürfen nicht ins Naturschutzgebiet hineinlaufen.