Pressemitteilung

Tübingens Altstadt wird denkmalgeschützte Gesamtanlage / Tübinger Gemeinderat hat die von Denkmalpflege und Stadtverwaltung erarbeitete Satzung verabschiedet

Gestern hat der der Gemeinderat der Universitätsstadt Tübingen einstimmig beschlossen, die Altstadt gemäß § 19 Denkmalschutzgesetz als Gesamtanlage zu schützen. Die Stadtverwaltung hat die entsprechende Satzung in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart erarbeitet.

„Tübingen ist nicht nur eine weltoffene, vielfältige Stadt, sie hat auch einen ganz besonderen mittelalterlichen Stadtkern mit vielen historischen Schätzen, sodass ich die Entscheidung im Tübinger Gemeinderat sehr begrüße. Allen daran Beteiligten gilt mein Dank“, betonte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer, in dessen Behörde das LAD angesiedelt ist.

„Alle Beteiligten hoffen, damit ein zukunftsweisendes Instrument geschaffen zu haben das hilft, den landesweit bedeutenden Stadtkern von Tübingen für die Zukunft zu bewahren und seine Weiterentwicklung bestandsgerecht zu ermöglichen“, sagte Prof. Dr. Claus Wolf, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, diesen wichtigen Schritt der Stadtverwaltung, der auch landesweit vorbildhaften Charakter haben wird.

„Die Satzung ermöglicht verbesserte Fördermöglichkeiten für Kulturdenkmäler und steuerliche Erleichterungen für alle anderen Hausbesitzer in der Altstadt“, erläutert Oberbürgermeister Boris Palmer. „Das ist ein großer Fortschritt für den Erhalt unserer einzigartigen Altstadt.“

Der Wunsch, die Altstadt von Tübingen für die Nachwelt zu schützen, ist ein altgehegtes Ziel. Wie aus einem Protokoll des Gemeinderates aus dem Jahr 1907 hervorgeht, fürchtete man offenbar schon damals, dass Neubauten das gewachsene Stadtbild stören könnten: Es sollten „(…) nämlich die zu errichtenden Bauten so gestaltet werden, dass sie sich den in denselben vorherrschenden Bauformen beziehungsweise dem Charakter der Landschaft tunlichst anpassen und auf das Straßen- und Stadtbild nicht störend einwirken.“ Viele Jahrzehnte später, um das Jahr 1962, ging es wieder um den Schutz des Bildes der Altstadt von Tübingen, nun um die so genannte Neckarfront, also die markante und von der Neckarbrücke aus besonders augenscheinlich wahrnehmbare Bebauung entlang des Flussufers. Damals gelang es, diese prominente und recht malerische Bebauung ebenfalls unter Schutz zu stellen, mit einer „Ortsbausatzung über die Gestaltung der Neckarfront“. 1979 wurde schließlich eine Stadtbild- und Erhaltungssatzung für die Altstadt verabschiedet, die sich seitdem bewährt hat.

Mit der gestern beschlossenen Gesamtanlagenschutzsatzung gemäß Denkmalschutzgesetz kommt nun ein wichtiger Schritt hinzu. Der historische Stadtkern von Tübingen, eine der städtebaulichen Perlen in Baden-Württemberg, wird nun auch als denkmalgeschütztes Ensemble gewürdigt. Die Satzung soll den verantwortungsvollen Umgang mit dem historischen Erbe gewährleisten und eine denkmalgerechte Stadtentwicklung befördern. Der Tübinger Gemeinderat hat zudem Haushaltsmittel bereitgestellt, um altstadtgerechtes Bauen zu fördern. So können beispielsweise neben Biberschwanzziegeln auch restauratorische Untersuchungen durch die Stadt finanziell unterstützt werden.

Hintergrundinformationen:
Geschichte wird nicht nur in einzelnen Kulturdenkmalen anschaulich, sondern auch in siedlungsgeschichtlichen Zusammenhängen. Zu deren Bewahrung bedarf es eines ganzheitlichen Schutzes. Dieser Erkenntnis trägt das Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg mit dem Begriff „Gesamtanlage“ Rechnung. Als Gesamtanlagen kommen dabei historische Stadt- und Ortskerne sowie auch Straßen- und Platzräume, Stadtquartiere oder historische Kulturlandschaften in Frage.Weitere Informationen sind im Faltblatt Gesamtanlagen des LAD abrufbar.

Gemäß § 19 des Gesetzes zum Schutz der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg) gilt:

(1) Die Gemeinden können Gesamtanlagen, insbesondere Straßen-, Platz- und Ortsbilder, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, im Benehmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege durch Satzung unter Denkmalschutz stellen.

(2) Veränderungen an dem geschützten Bild der Gesamtanlage bedürfen der Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Veränderung das Bild der Gesamtanlage nur unerheblich oder nur vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls unausweichlich Berücksichtigung verlangen. Die Denkmalschutzbehörde hat vor ihrer Entscheidung die Gemeinde zu hören.

Die Gesamtanlagenschutzsatzung tritt in Kraft, sobald sie in den amtlichen Bekanntmachungen der Universitätsstadt Tübingen veröffentlicht ist.