Vor 20 Jahren hat das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) den rund acht Kilometer langen idyllischen Talabschnitt der Lein nördlich von Alfdorf zum Naturschutzgebiet erklärt. Regierungspräsidentin Susanne Bay nennt die Gründe, warum das Leintal diesen Schutz erhielt: „Feuchtwiesen gehören zu den am meisten durch Entwässerung, Auffüllung oder Aufforstung gefährdeten Lebensräumen. Auch im Schwäbisch-Fränkischen Wald, im Nordosten Baden-Württembergs, sind naturnahe Wiesentäler mit schlingenreichen Bachläufen, feuchten und nassen Wiesen zurückgegangen, da trockengelegte Wiesen besser zu bewirtschaften sind. Durch die Erklärung des Leintals zum Naturschutzgebiet ist es uns gelungen, die weitläufige, auch vom Landschaftsbild her einmalige Wiesenaue zu erhalten und eine naturschonende Bewirtschaftung sicherzustellen.“
Für viele Tier- und Pflanzenarten sind Naturschutzgebiete die einzigen Refugien weit und breit, wo sich ihr Bestand erhalten und ausbreiten kann. Im Naturschutzgebiet Leintal sind dies zum Beispiel Trollblumen, Orchideen und seltene Schmetterlinge. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling etwa ist ein kleiner Schmetterling, dessen Raupe auf den Großen Wiesenknopf als Nahrungspflanze angewiesen ist. Diese Blütenpflanze gedeiht aber nur auf feuchten Wiesen, die nicht zu stark gedüngt und nicht zu oft gemäht werden. Die Pflanze darf zur Hauptflugzeit des Schmetterlings, Anfang Juli bis Mitte August, noch nicht abgemäht sein, da die Weibchen ihre Eier auf den Blütenköpfchen ablegen. Die jungen Raupen bohren sich dann in die Blüten und fressen sie aus. Auch als Nektarquelle für die Falter ist der Große Wiesenknopf essenziell. Am Beispiel Großer Wiesenknopf/Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling wird deutlich, dass die landwirtschaftliche Nutzung des Naturschutzgebiets eine entscheidende Rolle spielt.
Extensive Bewirtschaftung der Wiesen wird honoriert
Werden die Wiesen sich selbst überlassen, breiten sich innerhalb weniger Jahre Hochstauden und Gebüsche aus. Lichtbedürftige Pflanzen, wie Wiesenknopf, Trollblume und Orchideen, gehen dadurch zurück. Das Leintal mit seinen feuchten Wiesen kann auf Dauer nur offengehalten werden, wenn es bewirtschaftet wird. Damit jedoch die Gräser und Wiesenblumen blühen und Samen bilden können, dürfen viele Wiesen erst spät im Jahr gemäht werden. Auch Düngung schadet der Artenvielfalt. Die Bewirtschaftung muss also extensiv, das heißt naturschonend erfolgen, was für eine Landwirtin oder einen Landwirt nicht immer lukrativ ist. Deshalb werden Verträge nach der Landschaftspflegerichtlinie des Landes Baden-Württemberg aufgesetzt. Darin sind Art und Umfang der Nutzung und die finanzielle Unterstützung geregelt.
Hinweise für Erholungsuchende
Wie die meisten Naturschutzgebiete steht auch das Leintal den Menschen zur Erholung offen. Das Leintal lädt zur Entspannung und zur Ruhe in der Natur ein. Im Leintal gibt es keinen durchgehenden Wanderweg im Talgrund. Empfehlenswert sind die von Alfdorf ins Tal hinabführenden markierten Wanderwege, und auch beim Leinecksee oder im Bereich Leinhäusle lässt sich das Tal zu Fuß erkunden. Zum Schutz von Flora und Fauna müssen sich Besucherinnen und Besucher besonders an folgende Regeln halten: Wege nicht verlassen, Hunde anleinen, Fahrrad fahren und Reiten nur auf befestigten Wegen, nicht lagern, nicht zelten und das Gebiet nicht mit motorisierten Fahrzeugen befahren.
Hintergrundinformationen:
Das „Leintal zwischen Leinecksee und Leinhäusle“ ist mit 203 Hektar Fläche (rund zwei Quadratkilometern) das größte unter den 26 Naturschutzgebieten im Rems-Murr-Kreis. Schutzgründe sind die Erhaltung und Pflege einer, in weiten Teilen noch ursprünglichen, Wiesenauen-Landschaft, in der die Lein ihre Mäanderbögen zieht. Das Naturschutzgebiet weist ökologisch wertvolle Lebensräume für über 300 Pflanzenarten und mehr als 100 Tierarten auf: den naturnahen Bachlauf der Lein mit Altarmen und Tümpeln, feuchte und nasse Wiesen, Seggenriede, Röhricht und Erlen-Ufergehölze. Seltene und schutzbedürftige Pflanzen und Tiere, neben den bereits genannten Arten auch der Erlenzeisig, die Sumpfschrecke und die Libellenart Grüne Flussjungfer, sind auf diese Lebensräume angewiesen. Auch der streng geschützte Biber hat sich hier wieder angesiedelt, seine Anwesenheit ist an ringsum angenagten und gefällten Bäumen zu erkennen.
Feuchtwiesen gehören europaweit zu den am meisten gefährdeten Lebensräumen. Deshalb stehen Gebiete mit extensiv genutztem Feuchtgrünland, auch das Naturschutzgebiet Leintal, unter dem Schutz von Natura 2000, dem länderübergreifenden europäischen Naturschutznetz.
Bild 1: Blick ins Naturschutzgebiet Leintal in der Nähe der Voggenberger Sägmühle. Schilder zeigen, wo das Schutzgebiet beginnt und was erlaubt bzw. verboten ist. (jpg, 4.5 MB), Foto: Ulrike Kreh
Bild 2: Zwischen Kapf und Tennhöfle ist das Leintal sehr ursprünglich und kaum erschlossen. Im Hintergrund lässt sich der gewundene Lauf der Lein zwischen den Weidengebüschen erahnen. (jpg, 4.8 MB), Foto: Ulrike Kreh
Bild 3: Der seltene und gefährdete Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling auf einer Blüte des Großen Wiesenknopfs. (jpg, 344 KB), Foto: RP Stuttgart
Bild 4: Reiten ist auf befestigten Wegen im Naturschutzgebiet erlaubt. (jpg, 4.6 MB), Foto: Ulrike Kreh