Pressemitteilung

Archäologische Denkmalpflege : Wohngebiet „Kapellenbach-Ost“ in Grenzach-Wyhlen

Grabung bringt römischen Steinbrunnen zutage / Inhalt liefert u.a. Informationen zum Speiseplan der Römer

Bild zeigt die Grabungsfläche
Bild zeigt einen Kran
Bild zeigt einen Brunnenschacht von oben

Blick in den Brunnenschacht

Bild zeigt Bruchstücke aus Ziegeln und Tierknochen

Im Vorfeld der Erschließung des Wohngebiets „Kapellenbach-Ost“ im Ortsteil Wyhlen der Gemeinde Grenzach-Wyhlen wurde unter Aufsicht des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart von Juni 2021 bis Ende April 2022 eine archäologische Grabung durchgeführt. Gegenüber der römischen Kolonie Augusta Raurica (Augst) gelegen, wurde neben Steinfundamenten mehrerer römischer Gebäude und einem Steinkeller auch ein gut erhaltener Steinbrunnen ausgegraben, dessen Inhalt Informationen zum Leben der römischen Siedler preisgibt.

Bis zu einer Tiefe von fast acht Metern unter der aktuellen Geländeoberfläche wurde der Brunnen mit Hilfe eines Baggers durch die Grabungsfirma ArchaeoTask ausgegraben und dokumentiert. Nach Prüfung der Standfestigkeit des aus trocken gesetzten Steinlagen bestehenden Schachts übernahm ab dieser Tiefe das LAD die Bergung der Brunnenverfüllung. Dazu wurden ein Spezialgerüst und aufwendige Sicherungsgeräte mit Personen- und Lastenwinden aufgebaut, um in dem Schacht von nur etwa 90 Zentimetern Durchmesser arbeiten zu können.

Alle Mitarbeitenden im Einsatz waren vorab in Höhensicherung und Rettungstechnik ausgebildet worden. Die Arbeitsschritte sind aufwendig: Eine Person ist ununterbrochen für die Sicherung zuständig, eine zweite Person wird abgeseilt und befüllt den herabgelassenen Eimer. Nach dem Hochziehen birgt eine dritte Person aus dem Eimer alle Funde. Eimer für Eimer wird die Brunnenverfüllung schließlich geborgen. Nach jeweils eineinhalb Metern „Auslöffeln“ und Dokumentieren muss der römische Brunnenschacht aus Sicherheitsgründen gefestigt werden. Die Fugen und Hohlräume werden mit Mörtel ausgepresst – ein zeitaufwendiger und körperlich anstrengender Arbeitsschritt, bei dem eine Tonne Mörtel für drei Meter Schacht benötigt wird.
Nachdem der obere Bereich der Brunnenverfüllung hauptsächlich römische Dachziegelfragmente enthielt, bergen die Archäologen des LAD aktuell eimerweise Tierknochenreste.

„Durch archäozoologische Bestimmungen und Untersuchungen der vorhandenen Tierarten und ihrem jeweiligen Sterbe- beziehungsweise Schlachtalters können unter anderem Aussagen zu Zucht und Haltungsweise der Haustiere in der Römerzeit ermittelt werden. Hack- und Schnittspuren ermöglichen Einblicke in die Zerlegungsweise und die Verarbeitung der geschlachteten Tiere und insofern auch in einen Teil des Speiseplans der Römer“, sagte Dr. Gertrud Kuhnle, die zuständige Gebietsreferentin des LAD, am Freitag bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Bürgermeister Dr. Tobias Benz. Bis Jahresende werde Dr. Simon Trixl, Referent für Archäozoologie beim LAD, erste Ergebnisse liefern können. Die wissenschaftlich detaillierte Auswertung werde allerdings weit über ein Jahr in Anspruch nehmen. Kuhnle zeigte auch die geborgenen Keramikscherben und erklärte, dass sie in die erste Hälfte und Mitte des 3. Jahrhunderts nach Chr. datieren.

Am Freitagmorgen war der Brunnen auf insgesamt 11,5 Meter Tiefe ausgegraben. Wann die Brunnensohle erreicht sein wird, lässt sich aktuell noch nicht sagen. Das Team sei zuversichtlich, in größerer Tiefe weitere aussagekräftige Funde zu bergen, sagte Kuhnle. Die zu erwartende Feuchtigkeit in größerer Tiefe konserviere auch Gegenstände aus organischen Materialien und insbesondere botanische Rückstände oft für sehr lange Zeit.

Bild 1: Blick über die Grabungsfläche, Quelle: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Bild: ArchaeoTask (jpg, 10.5 MB)
Bild 2: Kran mit Winden, Quelle Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (jpg, 632 KB)
Bild 3: Blick in den Brunnenschacht, Quelle Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (jpg, 421 KB)
Bild 4: Ziegelbruchstücke und Tierknochen, Quelle Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (jpg, 697 KB)