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Erste Kirche schon vor 1200 Jahren?

Archäologische Grabungen legen Fundamente von drei Vorgängerinnen der abgerissenen Schwarzenbacher Kirche und etliche Bestattungen frei

In der Bildmitte ist die Apsis der zweiten Bauphase zu sehen, die sich links hinter dem Betonstein fortsetzt. Im Hintergrund ist die Apsis der 1957 abgerissenen Kirche erkennbar.

Schwarzenbach. Wer die im April rückgebaute Nachkriegskirche in Schwarzenbach besuchte, ahnte wohl nicht, an welchem historisch bedeutenden Ort er oder sie sich befindet. Allenfalls der Kirchturm, der mit Veränderungen Jahrhunderte überdauerte, ließ auf eine längere Geschichte schließen. Als Fachleute an einigen Stellen den Fußboden der damaligen Kirche öffneten, kamen bereits alte Fundamente zum Vorschein. Derzeit ist eine archäologische Spezialfirma unter fachlicher Begleitung des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart zwischen Abriss und Neubau mit Ausgrabungen beschäftigt. Sie legte bisher Mauern von drei Vorgängerkirchen frei, die zum Teil gut erhalten sind.

Dr. Dorothee Brenner, Fachreferentin für frühgeschichtliche, mittelalterliche und neuzeitliche Archäologie beim LAD, erläuterte Medienvertretern am Montag den Stand der Erkenntnisse. „Eine Kirche in Schwarzenbach ist indirekt schon im Jahr 815 erwähnt über einen Priester Theodoldus in Zusammenhang mit einer Schenkung an das Kloster St. Gallen“, erklärte die Expertin. Ein Pfarrer ohne Kirche wäre ungewöhnlich. Der gefundene Ansatz eines halbkreisförmigen Chorabschlusses in der ältesten fassbaren Bauphase könnte in diese Zeit passen. Von der Größe her handelt es sich eher um eine Kapelle. Eine Kirche in Schwarzenbach kann urkundlich erst 1275 explizit nachgewiesen werden.

Die Erweiterung des Chorraums in der zweiten Phase mit einem dreiseitigen Abschluss könnte auf eine gotische Bauform hindeuten. „Eine genauere Datierung ist aufgrund bisher fehlender Funde oder Proben nicht möglich“, räumt Brenner ein. In der dritten Bauphase entstand im Grunde das Gotteshaus, das dann 1957 abgerissen wurde. Ob es allerdings nach dem Brand 1633 während des 30jährigen Krieges ganz neu gebaut wurde oder ob bestehende Fundamente für einen Wiederaufbau genutzt wurden, müsse im Moment offenbleiben. 1814 habe es dann eine Erweiterung dieser Kirche nach Westen und einige Jahre später den Anbau einer Sakristei im Südosten gegeben, bemerkte Neuravensburgs Ortsheimatpfleger Wolfgang Roth.

Das Archäologenteam um Laura Holzer von der Firma Context entdeckte nicht nur Mauerreste, sondern fand auch mehrere Münzen. „Eine davon zeigt das Wappen der Stadt Zürich und dürfte in das 17. Jahrhundert datieren“, berichtete Brenner. Im Gegensatz zu Burgen seien in Sakralbauten jedoch kaum Keramik oder andere Alltagsgegenstände zu finden. Dafür umso mehr Bestattungen, denn die Kirchen waren fast immer von einem Friedhof umgeben. Bisher sei in Schwarzenbach auch ein Grab innerhalb des mutmaßlich gotischen Gotteshauses freigelegt. Dass es sich dabei um menschliche Überreste eines Priesters handeln könnte, sei zumindest nicht definitiv auszuschließen.

Über 35 Skelette brachten die bis zu zehn Fachleute in verschiedenen Schichten übereinander ans Tageslicht. „Der größte Teil wurde allerdings schon im Zuge des Kirchenneubaus 1957/58 abgetragen“, gab Brenner zu bedenken. Die Rettungsgrabungen konzentrieren sich auf die Bereiche, die der Baugrube für die neue Kirche weichen müssen. So werden alle Funde gesichert und archiviert. „Wir dokumentieren aber nicht für Sticks und Pappkartons“, betont Claus-Stephan Holdermann, Geschäftsführer von Context. Er hoffe, dass jemand irgendwann die Geschichten hinter den Funden erforsche.

Eine ganz aktuelle Geschichte konnte einer der Archäologen bereits ergoogeln. Bei einem Skelett fand er neben Perlen eines Rosenkranzes auch einen kleinen Metallanhänger. „Das ist eine Benediktusmedaille“, fand er heraus. Sie solle vor Bösem schützen. Diese Kleinigkeiten, aber auch, dass sich viele bisherigen Mutmaßungen über die lange Kirchentradition in Schwarzenbach nun bestätigen, freut Ortsheimatspfleger Roth. „Jetzt können wir es den Leuten besser erklären als vorher“, sagt er. Dass die Archäologen im gerade leerstehenden Pfarrhaus wohnen können, empfindet Kirchengemeinderätin Edeltraud Hofer als Glücksfall. Sie richtet den Blick aber auch auf die Zeit nach den Ausgrabungen: „Schön, dass wir neue Kirche bekommen.“

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Quelle: Diözese Rottenburg-Stuttgart