Pressemitteilung

Synagoge und Moschee in Mannheim sind jetzt Kulturdenkmale (Stadtkreis Mannheim)

Yavuz-Sultan-Selim-Moschee Außenansicht

Das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart hat die Synagoge in den Mannheimer Quadraten sowie die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee im Mannheimer Jungbusch in die Liste der Kulturdenkmale des Landes aufgenommen. Beide Bauten sind wichtige Dokumente ihrer Zeit.

Fast 30 Kirchen in Mannheim sind denkmalgeschützt. Jetzt kommen zwei weitere, wichtige Sakralbauten hinzu. Beide in den 1980er/1990er-Jahren erbaut, sind sie im Zuge der Erfassung der Bauten der Postmoderne durch das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) in das Blickfeld der Fachbehörde gerückt. Es handelt sich um die Synagoge samt jüdischem Gemeindezentrum, 1982–1987 vom Mannheimer Architekturbüro Karl Schmucker + Partner erbaut sowie um die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee, 1993–1995 im Auftrag der DITIB – Türkisch-Islamischen-Gemeinde zu Mannheim e.V. (ehemals: Islamischer Bund Mannheim e. V.) nach Plänen von Hubert Geißler unter Mitarbeit von Mehmed Bedri Sevincoy, Utrecht, realisiert. Beide wurden kürzlich in die Liste der Kulturdenkmale des Landes aufgenommen.

„Die beiden neuen jungen Kulturdenkmale dokumentieren eindrucksvoll die Vielfalt und Qualität von Glaubensorten in einer multikonfessionellen Metropole. Mannheim hat nicht nur bedeutende profane Bauten der Nachkriegszeit, sondern auch erstaunliche Sakralbauten vorzuweisen, die charakteristische bauliche Zeugnisse des ausgehenden 20. Jahrhunderts darstellen“, würdigte Prof. Claus Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpflege, die Neuzugänge der Denkmalliste der Stadt Mannheim.

Synagoge baulich von überregionaler Bedeutung

Der würfelartige, überkuppelte Zentralbau der Synagoge, der von den Flügeln des Gemeindezentrums ehrenhofartig flankiert wird, ist für die Geschichte des jüdischen Kultbaus in Deutschland, für die typologische Entwicklung des modernen Synagogenbaus in Europa und für die Symbol- und Ausstattungskunst im jüdischen Kultverständnis von überregionaler Bedeutung. Sie steht am Beginn einer neuen Generation jüdischer Kultbauten in deutschen Städten, die von Selbstbewusstsein, Repräsentation und Offenheit geprägt war. Die Symbolfreude und die Ausdeutbarkeit ihrer Architektur finden im postmodernen Stil, der auf historische Referenzen und ein lesbares Narrativ angelegt ist, eine fruchtbare Entsprechung. Für die Mannheimer Religionsgeschichte und die Stadtbaugeschichte schließt sie eine durch die Schändung und den Abbruch der Vorkriegssynagoge geschlagene Wunde, die mit der zunehmend kritischen Reflektion deutscher Geschichte in den 1980er Jahren von weiten Teilen der Bevölkerung immer stärker als Makel empfunden wurde. Heute ist sie steingewordene Mahnung, dem drohenden Vergessen der Shoa dauerhaft entgegenzuwirken.

Prof. Dr. Deborah Kämper, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mannheim, sagte hierzu: „Der Synagogenbau und das jüdische Gemeindezentrum stehen für das wiedererstandene und gefestigte Judentum nach der Shoa. Insofern ist das Gebäude Symbol für ein lebendiges und selbstbewusstes Judentum, das sich nach 1945 etabliert hat, um zu bleiben. Gleichzeitig bedeutet es die Fortentwicklung des Mannheimer Judentums, das seit der Gründung der Stadt im Jahr 1607 einen festen Platz in der Mannheimer Stadtgeschichte hat.“

Moschee: ungewöhnliche und gelungene Synthese

Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee, eine monumentale Rotunde mit flach gewölbter Kuppel und hofseitigem Minarett, liegt in städtebaulich repräsentativer Lage am Luisenring gegenüber der katholischen Liebfrauenkirche. Das Äußere zeigt sich von strenger Symmetrie, weißer Putzfront und zwei stämmigen Säulen geprägt und damit der westeuropäischen, postmodernen Architektur verpflichtet, während das Innere traditionelle osmanische Bau- und Dekorationsformen aufgreift – eine ebenso ungewöhnliche wie gelungene Synthese von hohem Aussagewert. Der Bau der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee beförderte und begleitete einen Bewusstseinswandel in der Mannheimer Stadtgesellschaft, der in der Gründung und Förderung deutsch-türkischer Institutionen und Vereine resultierte, die sich bis heute für die Integration und die Bildung der Muslime und den multikonfessionellen Diskurs engagieren. Das Bild der sowohl westeuropäisch als auch traditionell-islamisch gestalteten Moschee steht symbolisch für den Dialog zwischen den Religionen und die Integration muslimischen Lebens in Deutschland, insbesondere für den starken Integrationswillen der seit Jahrhunderten von Einwanderung geprägten Stadtgesellschaft Mannheims. Ihre zentrale Position spiegelt die gewachsene Rolle der Muslime in der Stadt- und Konfessionsgesellschaft Mannheim adäquat wider.

Hızır Oymak, Gemeindevorsitzender der DITIB – Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Mannheim e. V. stellt fest: „Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee hat Wurzeln geschlagen – im Herzen Mannheims. Sie steht für eine Gemeinschaft, die angekommen ist und mit der Stadt weiterwächst. Für unsere Kinder und Enkel ist sie längst ein selbstverständlicher Teil des Stadtbildes.“

Gemeinsam mit den christlichen Kirchen repräsentieren Synagoge und Moschee die Vielfalt religiösen Lebens in Mannheim und sind Zeugnis der die Stadtgeschichte von jeher prägenden Toleranz.

Denkmalbegründung Synagoge (pdf, 246 KB)
Denkmalbegründung Moschee (pdf, 210 KB)