Unter dem Thema „Murr-Flut-Krisenmanagementübung – Starkregenereignisse und Hochwasser“ üben insgesamt 22 Krisenstäbe unterschiedlicher Verwaltungsebenen in den Landkreisen Esslingen und Ludwigsburg sowie im Rems-Murr-Kreis unter Leitung des Regierungspräsidiums Stuttgart am 8. Mai den Ernstfall.
Hochwasser- und Starkregenereignisse stellen eine zunehmende Gefahr für Leib und Leben dar. So haben beispielsweise die Unwetter Ende Mai und Anfang Juni 2024 in Baden-Württemberg zwei Todesopfer gefordert und große Schäden in vielen Kommunen verursacht. Auf Initiative des Innenministeriums (IM) und des Umweltministeriums (UM) sowie aus Erkenntnissen und Erfahrungen solcher vergangenen Ereignisse haben Fachleute des Regierungspräsidiums Stuttgart (RPS) aus den Bereichen Bevölkerungs- und Hochwasserschutz daher eine großangelegte Murr-Flut-Übung für Landratsämter und Kommunen im Regierungsbezirks entwickelt, die den Fokus auf das Training der Krisenstäbe auf Behördenseite legt. Unter Leitung des RPS werden 19 Krisenstäbe von unteren Verwaltungsbehörden der Landkreise Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis, Krisenstäbe von IM, UM und RPS sowie weitere Übungsbeteiligte den Ernstfall üben.
Regierungspräsidentin Susanne Bay erklärte zur anstehenden Übung: „Einsatzkräfte sind darin erprobt in Krisenlagen ihr Wissen und ihre Erfahrungen abzurufen und Krisen zu bewältigen. Die Übung ‚Murr-Flut‘ steigt vor dem möglichen Ereignis ein. Fokus ist somit die Vorbereitung vor der Krisenlage speziell für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sowie Stäbe der betroffenen Behörden. Es ist enorm wichtig, dass wir das Zusammenspiel verschiedener Stellen nicht nur für das Krisenszenario selbst, sondern schon für das Vorfeld üben.“ Bay betonte, dass es auch zum Schutz der Bevölkerung und kritischen Infrastrukturen sehr wichtig sei, sich auf ein näherndes Ereignis vorzubereiten und Schutzmaßnahmen festzulegen. „Bevölkerungsschutz und Schutz der Infrastrukturen sind Schwerpunkte der strategischen Krisenmanagementübung ‚Murr-Flut‘ im Regierungsbezirk Stuttgart“, sagte die Regierungspräsidentin.
Um die Vernetzung schon im Vorfeld zu optimieren und Berührungsängste abzubauen, fand durch das RPS eine begleitete Übungsvorbereitung statt. Bereits hier konnten die beteiligten Behörden profitieren, unter anderem durch die Aktualisierung von Krisenplänen und Kontaktlisten.
Szenario
Im Gegensatz zu den üblichen Katastrophenschutzübungen stellt die Murr-Flut-Übung 2025 keine Vollübung dar, bei der Einsatzkräfte Sandsäcke verteilen oder Straßen von umgestürzten Bäumen befreien. Vielmehr liegt der Schwerpunkt darauf, sich in der Phase vor einem möglichen Ereignis vorzubereiten und die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und kritischer Infrastrukturen zu treffen. Für die Übung wird ein drohendes Starkregenereignis als zugrundeliegendes Szenario im Bereich von Rems, Murr, Neckar und kleiner Nebengewässer angenommen. Aus dem Szenario-Verlauf ergibt sich aufgrund der angenommenen bestehenden Hochwasserlage und der Vorhersagen drohender Starkregenereignisse die Notwendigkeit in einem zeitlich immer enger werdenden Handlungsspielraum strategische Entscheidungen zu treffen.
Übungsziele
Der Fokus liegt auf der administrativ-organisatorischen Dimension der Stabsarbeit in den verschiedenen Krisenstäben unter Beteiligung von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern sowie Expertinnen und Experten der betroffenen Behörden vor Ort.
Entsprechend stehen auf der Agenda der Übungsziele unter anderem die Erprobung der Zusammenarbeit und die Kommunikationsfähigkeit zwischen den einzelnen Behörden auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen, die Bevölkerungswarnung sowie der Umgang und Einsatz von Hochwassergefahrenkarten. Eigens hierfür werden realitätsgetreue Wetterwarnungen und Gewässerdaten durch das RPS als Übungsleitung vorbereitet. Diese werden den übenden Krisenstäben im Übungsverlauf regelmäßig zur Verfügung gestellt und müssen von diesen analysiert und ausgewertet werden.
Ein besonderes Augenmerk liegt außerdem auf der Anwendbarkeit vorhandener Krisenpläne und Warnkonzepte sowie der Nutzung der elektronischen Lagedarstellung Bevölkerungsschutz, mit der landesweit alle Verwaltungsebenen auf einen Blick die Übersicht über die aktuelle Lage in den Stadt- und Landkreisen und in den Regierungsbezirken haben.
Die bei der strategischen Krisenübung gewonnen Erkenntnisse sollen auf allen Ebenen sowie vor Ort auch zur Weiterentwicklung von Stabs- und Koordinationsstrukturen dienen. „Wir wollen aus realitätsgetreuen Szenarien lernen, um für den Ernstfall noch besser vorbereitet zu sein“, so Bay.
Unwetterereignisse im Frühsommer 2024 als Vorbild
„Aus der Luft gegriffen“ oder „Übertrieben“ sind die Übungsinhalte nicht. Aus dem Szenario der Murr-Flut-Übung wurde im Frühsommer 2024 bittere Realität: Ein Starkregenereignis traf auf vom Regen bereits übersättigte Böden und bestehende Hochwassergefahren, sodass es in Teilen des Regierungsbezirks Stuttgart teils verheerende Schäden und ein Bild der Verwüstung gab. In den Kommunen vor Ort mussten ad hoc Entscheidungen getroffen werden, beispielsweise wie die Bevölkerung trotz Stromausfall gewarnt werden kann, wie und ob Straßen zu sperren sind oder ob Personen vorsorglich aus voraussichtlich gefährdeten Bereichen zu evakuieren sind.
Die Aufarbeitung der damals tatsächlich zu bewältigenden Lage, die kritische Betrachtung von Abläufen, Entscheidungen sowie Informations- und Kommunikationswegen flossen in die Übungsvorbereitung für die Murr-Flut-Übung 2025 ein. Wichtiger Meilenstein war das im Herbst 2024 durchgeführte „Flutsymposium“, auf dem Vertreterinnen und Vertretern betroffener Behörden Einblicke gaben in das jeweilige Krisenmanagement und ihre Erfahrungen.
Hintergrundinformationen:
Das Regierungspräsidium Stuttgart führt die strategische Krisenmanagementübung am Donnerstag, 8. Mai 2025, im Auftrag des Innenministeriums und des Umweltministeriums sowie in enger Zusammenarbeit mit den beiden Ministerien durch. Übungsbeteiligte sind das Landratsamt Ludwigsburg sowie die Städte und Gemeinden Ludwigsburg, Affalterbach, Benningen am Neckar, Erdmannhausen, Freiberg am Neckar, Murr und Remseck am Neckar. Aus dem Rems-Murr-Kreis nehmen an der Übung das Landratsamt Rems-Murr-Kreis und die Kommunen Backnang, Burgstetten, Kirchberg an der Murr, Leutenbach, Schwaikheim, Waiblingen und Winnenden teil. Im Landkreis Esslingen sind neben dem Landratsamt Esslingen die Städte Esslingen am Neckar und Plochingen beteiligt. Das Innenministerium sowie das Umweltministerium unterstützen die Lagebewältigung mit ihren Verwaltungsstäben.
Externe Übungsteilnehmende sind das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Neckar, der Wasserverband Rems und die ressort- und verwaltungsebenenübergreifende Arbeitsgemeinschaft Kulturerbe. Die jeweiligen Verbindungskommandos der Bundeswehr der mitübenden Behörden sowie das Landespolizeipräsidium und die zuständigen regionalen Polizeipräsidien Ludwigsburg, Aalen und Reutlingen wirken ebenfalls mit. Der Verwaltungsstab des Innenministeriums wird zudem durch Fachberatungen des Technischen Hilfswerks (THW) und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) unterstützt. Bei Vorbereitung, Planung und Organisation der Übung wurde das Regierungspräsidium Stuttgart eng vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) begleitet.
Der Übungsleitung – angesiedelt beim Regierungspräsidium Stuttgart – obliegt neben der umfangreichen komplexen Vorbereitung auch die Durchführung der Übung. Unterstützt wird die Übungsleitung durch bis zu 80 Personen als Übungssteuernde und Beobachtende, die beim RPS und vor Ort an den Übungsorten zusammenkommen. Eine Delegation BBK sowie eine Führungseinheit des THW vervollständigen die Runde der Expertinnen und Experten.
Kurze Übungsübersicht (pdf, 664 KB)
Weitere Informationen gibt es beim Hochwasserportal Baden-Württemberg. Dort sind auch Hochwassergefahrenkarten abrufbar beziehungsweise verlinkt.