Im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe und der Unteren Naturschutzbehörde des Neckar-Odenwald-Kreises werden in den kommenden Wochen und Monaten auf unterschiedlichen Naturschutzflächen in der Region Mosbach Gehölze zurückgeschnitten. Ziel der Pflegemaßnahmen ist die Wiederherstellung blütenreicher Wiesen und Magerrasen.
Die Arbeiten finden in folgenden Gebieten statt:
- Naturschutzgebiet Nüstenbachtal, Gemarkung Mosbach, Gewann Klausenklinge: Wiederherstellung von artenreichen Mähwiesen
- Naturschutzgebiet Henschelberg, Gemarkung Mosbach, Gewann Zwerrenberg: Herstellung von Gehölzdurchstichen zur Verbesserung der Besonnung und Erleichterung der zukünftigen Pflege
- Naturschutzgebiet Schreckberg, Gemarkung Diedesheim, Gewann Schafpfad: Wiederherstellung von Mähwiesen und Kalk-Magerrasen, Offenhaltung der Kulturlandschaft
- Naturschutzgebiet Dallauer Tal, Gemarkung Dallau, Gewann Kehlklinge: Wiederherstellung von Wacholderheide
- FFH-Gebiet Bauland Mosbach, Gemarkung Neckarelz, Gewann Klettenberg: Wiederherstellung von Kalk-Magerrasen
- Ehemaliger Weinberghang südlich Steinbach, Gemarkungen Haßmersheim und Neckarzimmern, Gewanne Ob Steinbach, Störmer, Krumme Weinberg, Hohberg, Kirchweinberg: Wiederherstellung von Magerwiesen und Kalk-Magerrasen, Förderung des Biotopverbunds trockener Standorte
Die Arbeiten werden von erfahren Landschaftspflegeunternehmen durchgeführt. Auf Flächen, die von den Eigentümern schon lange nicht mehr genutzt wurden und deshalb stark zugewachsen sind, kann zunächst massiver Maschineneinsatz notwendig sein. Nach einiger Zeit, je nach Ausgangsbedingungen auch erst nach einigen Jahren, wird die Pflege auf eine schonendere Arbeitsweise umgestellt werden.
Artenreiches Grünland ist von der Europäischen Union durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie unter Schutz gestellt und bietet einer reichen Insektenwelt Nahrung und Lebensraum. Davon profitieren auch viele andere Artengruppen wie Vögel, Fledermäuse, Reptilien und Kleinsäuger. Die Landschaftspflege ist daher ein wichtiges Mittel, um die heimische biologische Vielfalt zu erhalten und zu fördern.
Finanziert werden die Pflegemaßnahmen überwiegend mit Mitteln aus der Landschaftspflegerichtlinie. Am Weinberghang südlich Steinbach kommen Finanzmittel der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg zum Einsatz.
Hintergrund: Warum Landschaftspflege?
Die Landschaft, in der wir in Baden-Württemberg leben, ist schon lange keine Naturlandschaft mehr, sondern wurde seit Jahrhunderten intensiv vom Menschen geprägt: Durch Ackerbau, Weide- und Waldwirtschaft entstand eine kleinteilige, reich strukturierte Kulturlandschaft, die Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten wurde. Mit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Artenrückgang, der sich in den letzten Jahrzehnten massiv beschleunigt hat. Dabei spielt neben der Nutzungsintensivierung auch die Aufgabe der Bewirtschaftung eine Rolle. Betroffen sind davon vor allem ertragsschwache Standorte. Auf ehemals gemähten oder beweideten Flächen kommen erst Gestrüpp und Gebüsche auf, nach und nach etablieren sich zunehmend Waldarten, die die Offenlandarten verdrängen. Über Jahrhunderte entstandene Lebensräume und ihre Artengemeinschaften gehen so verloren. Für Besucherinnen und Besucher von Schutzgebieten sind die Pflegemaßnahmen manchmal auch Anlass für Kritik, greifen sie doch massiv in den Naturhaushalt ein. Indem die ehemalige Grünlandnutzung wiederaufgenommen wird, werden jedoch wieder günstige Bedingungen für licht- und wärmeliebende Arten geschaffen, die durch die Gehölze verdrängt wurden und oft selten oder gefährdet sind. Ohne naturschutzfachliche Landschaftspflege ist Natur- und Artenschutz daher inzwischen nicht mehr denkbar.
Die Landschaftspflegerichtlinie des Landes Baden-Württemberg regelt die Beauftragung von Landschaftspflege-Arbeiten, den Abschluss von Landschaftspflege-Verträgen und auch die Möglichkeit für Kommunen, Vereine und Privatleute, Anträge auf Fördermittel zur Landschaftspflege zu stellen. Finanzmittel aus der Landschaftspflegerichtlinie stehen dabei sowohl dem Naturschutzreferat am Regierungspräsidium Karlsruhe als auch der Unteren Naturschutzbehörde zur Verfügung.
Hintergrund: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
Mit der Naturschutzkonzeption „Natura 2000“ haben sich die Staaten der Europäischen Union der Erhaltung der biologischen Vielfalt und damit der Bewahrung des europäischen Naturerbes für zukünftige Generationen verschrieben. Grundlage hierfür sind die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aus dem Jahr 1992 und die Vogelschutzrichtlinie, die bereits aus dem Jahr 1979 stammt.
In Baden-Württemberg gibt es insgesamt 212 FFH-Gebiete und 90 Vogelschutzgebiete. Zusammengenommen sind das rund 17,5 Prozent der Landesfläche. Für jedes dieser Gebiete wurde ein Managementplan erstellt. Hier wurde der Bestand aufgenommen und bewertet, sowie die Maßnahmen zu deren Erhaltung und Entwicklung beschrieben.
Mit der Meldung der FFH-Gebiete vor fast 20 Jahren stehen auch viele Naturschutzflächen in der Region Mosbach unter europäischem Schutz. Sie gehören zum FFH-Gebiet „Bauland Mosbach“. Eine besondere Verantwortung trägt die Region dabei für Lebensraumtypen des artenreichen Grünlands (Magere Flachland-Mähwiesen und Kalk-Magerrasen).
Informationsfilm des Umweltministeriums „Schatzkisten der Natur. Juwelen des Landes“
Hintergrund: Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg
Die Stiftung Naturschutzfonds setzt sich seit über 40 Jahren für die Erhaltung von Natur und Landschaft ein. Im Rahmen des Antragsverfahrens können jährlich Förderanträge gestellt werden. Die Stiftung verwaltet Finanzmittel aus Ersatzzahlungen in Baden-Württemberg, unter anderem aus Windkraftprojekten. Diese Ersatzzahlungen werden notwendig, wenn im Rahmen der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung ein Eingriff vom Bauherrn nicht direkt in der Landschaft ausgeglichen werden kann. Die Ersatzzahlungen werden von der Stiftung daher möglichst in dem vom Eingriffsvorhaben betroffenen Naturraum zweckgebunden für Aufwertungsprojekte des Naturschutzes und der Landschaftspflege eingesetzt. Die Pflege des ehemaligen Weinberghangs südlich Steinbach wird aus Ersatzzahlungen finanziert.