Pressemitteilung

Mit der Flussgrundel hat eine vierte Grundelart den Baden-Württembergischen Rhein erreicht

Regierungspräsidium Karlsruhe weist neue Fischart im Rhein zwischen Mannheim und Karlsruhe nach

Flussgrundel bei Ketsch

Massenvorkommen der Schwarzmundgrundel

Eigentlich hatten die Mitarbeiter der Fischereibehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe diese Fischart bereits erwartet. Denn im Rhein nördlich des Mains ist die Flussgrundel schon seit 2008 bekannt. Damals wurde sie erstmals im Duisburger Hafen nachwiesen. Ein Jahr später folgte der Nachweis im niederländischen Rheinsystem, dem Fluss Waal. Im Niederrhein ist die Flussgrundel in geeigneten Habitaten heute häufig vertreten. Es hat nun mehr als zehn Jahre gedauert, bis die Flussgrundel den Oberrhein von Baden-Württemberg erreicht hat.

Bei einer Fischbestandserhebung am Rhein im Jahr 2021 hatte die Fischereibehörde nicht wie mittlerweile üblich nur massenhaft Schwarzmundgrundeln in ihren Keschern, sondern zusätzlich die für den Oberrhein im Regierungsbezirk Karlsruhe bislang noch unbekannte Flussgrundel. Auf die eine folgten weitere, sodass am Ende der Befischung insgesamt sechs Flussgrundeln an zwei unterschiedlichen Standorten bei Ketsch nachgewiesen wurden. Das Vorkommen konnte in diesem Frühjahr mit einer größeren Anzahl an Flussgrundeln und natürlicher Vermehrung bestätigt werden. Damit ist eine neue Fischart bei uns angekommen.

Informationen zur Flussgrundel

Die Flussgrundel (Neogobius fluviatilis) kommt sowohl im Süßwasser, als auch im Salz- und Brackwasser vor. Ursprünglich stammt die Flussgrundel aus der pontokaspischen Region, also aus Gewässern zwischen Schwarzem und Kaspischen Meer. Wie auch die anderen in Baden-Württemberg invasiven Grundelarten, hat sich die Flussgrundel in Mitteleuropa bereits stark ausgebreitet. Dabei sind Frachtschiffe, die aus der Donau über den Rhein-Main-Donau-Kanal in den Rhein kommen, die Hauptausbreitungsgründe. Grundeln legen an den Schiffskörpern ihre klebrigen Eier in Gelegen ab. So verwundert es nicht, dass Erstnachweise von Grundelarten überwiegend in Häfen festgestellt werden.

Die Flussgrundel ist unter den in Baden-Württemberg vorkommenden Grundelarten die schlankste Art. Sie hat eine relativ spitze Schnauze, keinen schwarzen Fleck auf der Rückenflosse und verfügt im Vergleich zudem über auffallend hell gefärbte Bauchflossen. Flussgrundeln erreichen die Geschlechtsreife mit einem Alter von etwa zwei Jahren. Die Weibchen legen ihre Eier in den Monaten April bis Juli an Hartstrukturen wie Holz und Steinen ab. Die Männchen, die die Eier bewachen, sind zur Laichzeit auffallend schwarz gefärbt. Flussgrundeln halten sich vorzugsweise auf sandigen Abschnitten auf, in denen sie sich tagsüber eingraben und Schutz finden können. Die Flussgrundel besiedelt demnach nicht bevorzugt die Blocksteinschüttungen der Rheinufer, wie die anderen in Baden-Württemberg vorkommenden Grundelarten. Flussgrundeln sind Allesfresser. Die bevorzugte Nahrung sind jedoch kleine Schnecken und Krebse und auch kleine Fische. Zum Ärger der Angler gehen sie sofort auf fast jeden Köder der angeboten wird. Daher ist eine Angelfischerei auf die erhofften Zielarten oft kaum möglich.

Eine weitere Ausbreitung der Flussgrundel rheinaufwärts in Richtung Schweiz ist, wie bei allen bisherigen invasiven Grundelarten, sehr wahrscheinlich. Allerdings scheint die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flussgrundel gegen die Strömung des Rheins geringer zu sein als bei der Schwarzmundgrundel. Die Dominanz der durchsetzungsfähigen Schwarzmundgrundel könnte die Ausbreitung und Bestandsentwicklung der Flussgrundel zusätzlich bremsen.

Die Ergebnisse der Fischereibehörde weisen auch darauf hin, dass die Flussgrundel die gleichen sandigen Gewässerbereiche bevorzugt wie der artenschutzrechtlich geschützte Steinbeißer. Ein negativer Einfluss der neuen Grundelart auf den Steinbeißer ist dennoch wenig wahrscheinlich. Der Steinbeisser hat die Invasion der Schwarzmundgrundel überstanden und nicht an Bestandsdichte eingebüßt. Ein Einfluss der weniger häufigen und weniger aggressiven Flussgrundel auf den wehrhaften Steinbeisser ist daher nicht zu erwarten. Dennoch werden die jeweiligen Bestandsentwicklungen weiterverfolgt.

Derzeit beschränken sich die Fänge der Flussgrundel im Regierungsbezirk Karlsruhe noch auf Einzelnachweise in Seitengewässern des Rheins. Ob und welche Auswirkungen diese neue Art langfristig auf die Fischgemeinschaften im Rhein und seinen Zuflüssen haben wird, ist gegenwärtig nicht abzusehen. Wegen der großen Dominanz der Schwarzmundgrundel ist die Massenentwicklung einer weiteren Grundelart infolge von Konkurrenz zumindest deutlich erschwert.