Pressemitteilung

Naturschutzgebiet Bruchgraben wird für Bodenbrüter reaktiviert

Angelegter Tümpel in der Sumpflandschaft des Bruchgrabens

Auch diesen Herbst wird im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe im Naturschutzgebiet „Bruchgraben“ bei Baden-Baden großflächig Gehölzsukzession entfernt. Damit werden seltene Vogelarten, wie beispielsweise der vom Aussterben bedrohte Kiebitz gefördert, der offene, gehölzarme Landschaften für die Brut und Aufzucht der Jungtiere benötigen. Die Arbeiten beginnen ab Anfang Oktober 2022 und können voraussichtlich bis Mitte November 2022 abgeschlossen werden.

In den letzten Jahrzehnten ist ein landesweiter Rückgang dieser und weiterer Arten, vor allem aber der Bodenbrüter bemerkbar. Einige dieser Arten sind selten geworden. Andere Arten wir der Kiebitz, gelten in ganz Baden-Württemberg als vom Aussterben bedroht. Für diese Art wurde ein dramatischer Bestandsverlust von bis zu 90 Prozent in den letzten 25 Jahren verzeichnet. In den vergangenen Jahren konnten im Bruchgraben vereinzelt Kiebitze nachgewiesen werden, die jedoch nicht zur Brut kamen (siehe Bild 1). Das Gebiet ist auch eines der letzten Brutgebiete von Tüpfelsumpfhuhn und Bekassine in Baden-Württemberg. Auch diese Arten, die in feuchten Niederungen leben, sind vom Aussterben bedroht. Inmitten des Biodiversitäts-Hotspots am Oberrhein nutzen neben den dort brütenden Arten viele weitere, darunter auch seltene Vogelarten, den Bruchgraben als Rastplatz und zur Nahrungsaufnahme während des Zugs oder gar als Überwinterungsgebiet.

Der Ornithologe Dr. Martin Boschert, der im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe das Artenschutzprogramm Vögel bearbeitet, erstellte in den Jahren 2017 bis 2018 ein Schutzkonzept für die Wiederherstellung der Bruthabitate des Kiebitzes. Da die Vogelart ausschließlich in weiträumig offenen Feuchtwiesenkomplexen mit hohen Wasserständen geeignete Brutbedingungen findet, ist die Wiederherstellung der offenen Moorflächen das höchste Ziel des Schutzkonzepts. In den vergangenen Jahren wurden nach diesem Konzept bereits einige der Gehölzinseln entfernt. Seit 2016 erfolgt aus Naturschutzgründen zudem ein Einstau von Regenwasser, um die Moorflächen länger in die Brutsaison hinein nass zu halten. Dies unterstützt nicht nur Vögel, sondern auch eine Vielzahl anderer Tiergruppen, wie Amphibien, Insekten und Feuchtwiesenpflanzen. Seit zwei Jahren lebt im Niedermoorgebiet eine kleine Herde Wasserbüffel, die die Weideflächen offenhalten und somit ideale Brutbedingungen für die Vögel herstellen. Um die beweideten Bereiche südwestlich und nördlich der B 500 noch zu verbessern, werden diesen Herbst mehrere Sukzessionsflächen in den Weidenflächen gerodet.

Hintergrundinformationen:

Das Naturschutzgebiet „Bruchgraben“ liegt in einer ausgedehnten Feuchtniederung, die durch ein mächtiges Flusssystem am Ende der letzten Eiszeit gebildet wurde. Im 18. Jahrhundert wurde dieses Sumpfgebiet zum Teil entwässert und die ersten Wiesen angelegt. Da sich sowohl die Mahd, als auch der Abtransport des Materials äußert schwierig gestalteten, wurden bestehende Abflussrinnen vertieft und neue angelegt. Das Mahdgut der feuchten Flächen war als Viehfutter zu schlecht und wurde vor allem als Einstreu für die Ställe genutzt. Mit der Umstellung auf modernere Viehställe wurde diese Einstreu aber nicht mehr benötigt. Da außerdem die Ackerbewirtschaftung trotz großer offener Flächen aufgrund großer Nässe erfolglos blieb, fiel das Gebiet brach. 1986 wurde das Gebiet aufgrund seiner Bedeutung für viele seltene Tier- und Pflanzenarten als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Nach und nach erwarben das Land und die Stadt Baden-Baden die aus Naturschutzsicht besonders wertvollen Grundstücke und übertrugen die Pflege an Landwirte.

In den drei Teilgebieten des Bruchgrabens, mit einer Größe von 185 Hektar haben sich typische Biotope der Feuchtniederungen entwickelt, zum Beispiel Großseggen-Riede, Schilfröhrichte und Nasswiesen. In der Sumpflandschaft wurden zudem einige Tümpel angelegt (siehe Bild 2). Die Biotope boten einst der Bekassine, der Wasserralle, dem Teichrohrsänger und dem Kiebitz einen geeigneten Lebensraum zur Brut und Aufzucht der Jungtiere.