Staatsgrenzen erhöhen oftmals die bürokratischen Hürden sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Unternehmen. Um als Grenzregion im Wettbewerb um Betriebe und Fachkräfte zu bestehen, müssen nationale aber auch europäische Regelungen regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden.
Die trinationale D-F-CH Oberrheinkonferenz (ORK), die heute, 27. September 2024, in Achern und in diesem Jahr zum zweiten Mal unter der Leitung von Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder tagte, setzt sich für einen schnelleren Abbau dieser Hindernisse ein. Vorgestellt wurde dazu unter anderem der neue Leitfaden zur grenzüberschreitenden Telearbeit. Diskutiert wurde auch wie sichergestellt werden könnte, dass die zunehmende Digitalisierung in den Verwaltungen aller drei Länder in der Praxis nicht an den Grenzen haltmacht. Bisher werden Grenzgänger häufig von der Nutzung digitaler Verwaltungsangebote ausgeschlossen. Mit dem Projekt Infobest 4.0 soll nun ein gezieltes Beratungsangebot für Bürgerinnen und Bürger am Oberrhein geschaffen werden.
Thema war auch die Förderung des Tourismus am Oberrhein: Dieser ist mit rund 30 Millionen Übernachtungen im Jahr 2023 ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der neue Guide Michelin Oberrhein, der in der Sitzung vorgestellt wurde, ist daher eine weitere Maßnahme, um die Attraktivität der Region zu steigern. Der Guide Michelin Oberrhein ist auch in englischer Sprache verfügbar und richtet somit auch an ein internationales Publikum. Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder freute sich über das Projekt gleich in doppelter Hinsicht: „Der neue Guide Michelin für den Oberrheinraum ist ein gutes Beispiel dafür, dass unsere Region mehr ist als die Summe ihrer Teile: Von der Positionierung des Oberrheins als grenzüberschreitende Tourismusdestination profitieren letztlich alle. Das Projekt zeigt auch, dass die Oberrheinkonferenz eine wichtige Plattform bietet, um gemeinsam konkrete, grenzüberschreitende Projekte zu realisieren.“
Um das regionale Wir-Gefühl ging es bei der gelungenen Initiative des trinationalen olympischen Jugendcamps, in dessen Rahmen 60 Jugendliche aus dem Elsass, Baden, der Südpfalz und der Nordwestschweiz im Juli nicht nur gemeinsam Sport treiben konnten, sondern auch an einem Tag, Wettbewerbe der Olympischen Spiele in Paris miterleben durften. In der Sitzung wurde daher die Durchführung eines Fußballcamps im Rahmen der UEFA Women´s EURO im Jahr 2025 in Basel sowie die Förderung von grenzüberschreitenden Sportprojekten durch den nun dauerhaft eingerichteten Sportfonds der Oberrheinkonferenz beschlossen.
Weiter stand das wichtige Thema grenzüberschreitender Umweltschutz am Oberrhein auf der Agenda: In der Sitzung beschlossen wurde der neue Umweltleitfaden zur grenzüberschreitenden Beteiligung der Fachbehörden dies- und jenseits der Grenze bei umweltrelevanten Vorhaben. Weil die Gefährdung der Umwelt nicht an der Grenze haltmacht, soll mit dem Leitfaden sichergestellt werden, dass Behörden und die Bevölkerung der Nachbarstaaten an solchen Vorhaben angemessen informiert und beteiligt werden. Ganz konkreten Umweltproblemen widmen sich verschiedene Veranstaltungen, die ebenso in der Sitzung beschlossen wurden. Dies sind die beiden trinationalen Fachtagungen zu Potenzialen für einen verminderten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln am 18. Oktober 2024 auf der Hochburg bei Emmendingen und zur PFAS-Problematik am 4. November 2024 in Landau und ein weiteres oberrheinisches Wassersymposium der Collectivité européenne d’Alsace im kommenden Jahr.
Ein weiteres wichtiges Thema der ORK ist außerdem die Förderung grenzüberschreitender Schulpartnerschaften und das Erlernen der Sprache des Nachbarn. Besonders spannend ist das Projekt für ein neues Deutsch-Französisches-Gymnasium (DFG) in Straßburg, direkt an der Grenze zu Kehl, das ebenso in der Sitzung vorgestellt wurde und bei den Teilnehmenden auf großes Interesse stieß:
Im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum, insbesondere in Straßburg, hatte die Collectivité européenne d’Alsace bereits im Dezember 2019 beschlossen, ein neues DFG zu errichten. Es ist das zweite DFG am Oberrhein. „Das wäre natürlich ein toller Erfolg, wenn wir es schaffen würden, neben der bereits bestehenden deutsch-französischen Kinderkrippe nun in Straßburg direkt am Rhein auch eine deutsch-französische Schule einrichten zu können“ so Regierungspräsidentin Felder. „Genauso wichtig ist es aber auch, den Schulen entlang des Rheins Partnerschaften über die Grenze hinweg so einfach wie möglich zu machen. Darum werden wir uns weiter bemühen.“
Im Anschluss an die Sitzung lud der Erste Beigeordnete der Stadt Achern, Andreas Kollefrath, die Teilnehmenden zu einer exklusiven Vorabbesichtigung des neuen Kulturforums Illenau im vollständig sanierten Gebäudekomplex der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt ein. Auch die Illenau hat eine bewegte deutsch-französische Vergangenheit: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs diente sie als sogenanntes «Quartier Turenne» den französischen Truppen als Kaserne.
Bild 1:
Die Delegationsleiterinnen und -leiter v.l.n.r.: Dr. Conradin Cramer, Regierungspräsident Basel-Stadt; Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder; Samuel Bouju, Generalsekretär für regionale und europäische Angelegenheiten der Präfektur der Region Grand Est