Pressemitteilung

Moorschutz: Revitalisierung der Hochmoore am Kaltenbronn im Nordschwarzwald

Gemeinsam für den Moorschutz! Auftaktveranstaltung LIFE Natur-Projekt MooReKa Kaltenbronn-Hohlohmoor

 

v.l.n.r.: Minister Peter Hauk, MdL; Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder; Prof. Dr. Ulrich Schraml, FVA; Axel Hink, ForstBW; Patrick Stromski, Referatsleiter der Oberen Naturschutzbehörde im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft; Uwe Baumann, als Vertreter des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord

Die Europäische Union (EU) hat im Juli 2023 die Finanzierungszusage zum LIFE Natur-Projekt MooReKa Moorrevitalisierung Kaltenbronn-Hohlohmoor gegeben (Pressemitteilung 28. Juli 2023). Das mit einer Gesamtsumme in Höhe von 8,7 Millionen Euro ausgestattete Projekt hat eine Laufzeit von 2024 bis 2028.

Am heutigen Freitag, 13. Oktober 2023, fand dazu nun die feierliche Auftaktveranstaltung statt: Teilnehmende waren rund 50 Akteure aus Kommunen, Fachbehörden, Verbänden und Vereinen sowie Vertretungen der zwei beteiligten Landesministerien und der vier Projektpartner. Das große Interesse zeigte die besondere Bedeutung, die Hochmoore am Kaltenbronn für die Raumschaft haben:

Erholungsort, Artenvielfalt, Klimaschutz und Wasserspeicher.

Minister Peter Hauk MdL, Ministerium Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, betonte in seiner Ansprache die wichtigen Funktionen der Wälder und Moore in Zeiten des Klimawandels und Artensterbens: „In Baden-Württemberg liegen rund 14.000 Hektar Moorflächen im Wald und die Moore auf dem Kaltenbronn gehören zu den größten zusammenhängenden Waldmooren im Staatswald. Mit der Renaturierung des Hohlohmoors sichern wir den Lebensraum für gefährdete Arten, wie Auerhuhn, Kreuzotter, Spinnen und Insekten. Zudem ist die Maßnahme ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und für den Landschaftswasserhaushalt. Damit halten wir das Wasser länger zurück mit positiven Effekten für Fließgewässer, Grundwasserneubildung und Lokalklima.“

Patrick Stromski, Referatsleiter der Oberen Naturschutzbehörde im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, unterstrich dies ausdrücklich und ergänzte: „Intakte Moore sind äußerst wertvoll für die Artenvielfalt, aber auch für den Klimaschutz. Sie speichern mehr Kohlenstoff als jedes andere Ökosystem. Leider befinden sich 95 Prozent der Moore in Deutschland in schlechtem Zustand. Es ist wichtig, das zu ändern. Daher freut es uns ganz besonders, dass es gelungen ist, die Ko-Finanzierung durch das EU-Förderprogramm LIFE für dieses Projekt hier am Kaltenbronn zu erhalten. Umso mehr, da es das erste Moorschutzprojekt im Regierungsbezirk Karlsruhe ist, und das, mit dem mit Abstand größten Finanzvolumen“.

Mit dem EU Förderprogramm LIFE Natur werden bereits seit Jahrzehnten europäische Finanzmittel für herausragende Naturschutzprojekte in Baden-Württemberg eingesetzt. Mit 75 Prozent Förderung aus dem europäischen LIFE-Programm erhält Baden-Württemberg 6,55 Millionen Euro aus Europa. Zusammen mit Finanzbeiträgen der Landkreise Rastatt und Calw werden die 25 Prozent Eigenanteil in Höhe von 2,15 Millionen Euro vom Land Baden-Württemberg hälftig aus den Haushalten des Forstes und des Naturschutzes übernommen.

„Das LIFE Natur-Projekt MooReKa hat das Ziel, die Hochmoore am Kaltenbronn mit seiner Vielzahl an Funktionen für Mensch und Tier zu erhalten. Nun gilt es, gemeinsam die Umsetzung zu gestalten“, so Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder bei der Einleitung in der von ihr im Anschluss an die beiden Grußworte moderierten Runde. In dieser wurden dann die konkreten Ziele und Aufgaben des Projektes von den vier Projektpartnern vorgestellt: Prof. Dr. Ulrich Schraml, Direktor der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA), Axel Hink von der Betriebsleitung Forst BW, Daniel Raddatz Leiter des Naturschutzreferates im Regierungspräsidium Karlsruhe und Landrat Dr. Christian Dusch in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord: So sorgt beispielsweise ForstBW für den Umbau des Bohlenstegs und für die forstlichen Arbeiten, die FVA kümmert sich um die Begleituntersuchungen zur Wirkungskontrolle und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord stattet die neue Moorstation aus. Die Projektleitung und -koordination übernimmt das Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe. Dieses wird außerdem für die Umsetzung der Planungs- und Ausführungsarbeiten sorgen sowie die Öffentlichkeitsarbeit in enger Zusammenarbeit mit dem Infozentrum Kaltenbronn verantworten.

Vorbereitend wurde in den letzten Monaten bereits eine erste öffentlichkeitswirksame Maßnahme umgesetzt: Warum das Hohlohmoor dringend Unterstützung braucht, zeigt eindrucksvoll der eigens produzierte Erklärfilm zur Wassersituation der Moore am Kaltenbronn. Ein aus historischer Zeit stammendes Entwässerungssystem ist noch immer funktionsfähig, so dass ständig Wasser aus dem Moor herausfließt. Die im Projekt geplanten Grabensperren sollen künftig dafür sorgen, dass das Regenwasser im Moor verbleibt, sich verteilt und nur langsam zu Tal sickert. Das lebensnotwendige Wasser schafft die Möglichkeit, dass sich die Moore wieder naturnah entwickeln können.

Im Anschluss konnten sich die Teilnehmenden an den ausgehängten Karten und Zeitplänen zum LIFE Natur-Projekt MooReKa informieren und austauschen. Rege besucht wurde auch das Ökomobil des Regierungspräsidiums Karlsruhe, mit dem am Vormittag bereits eine Schulklasse die Tiere und Pflanzen der Moore erkundet hatte. Am Nachmittag konnten nun auch die Erwachsenen, Einblicke in die faszinierende Welt der Moore bekommen: Besonders der fleischfressende Sonnentau begeisterte Jung und Alt! Unterstützt wurde das Ökomobil vom Infozentrum Kaltenbronn, das auch im zukünftigen LIFE Natur-Projekt MooReKa, Dreh- und Angelpunkt für die Informationsarbeit sein wird. 

Ausblick

Der erfolgreichen Antragsstellung folgt nun die gemeinsame Umsetzung: Zu Beginn werden zunächst verschiedene Planungsleistungen ausgeschrieben werden. Bis zum Projektende 2028 ist die Umsetzung von über 50 einzelnen Maßnahmen vereinbart. Die ersten Arbeiten im Gelände sind für Herbst 2024 mit einer kleinräumigen Erprobungsmaßnahme vorgesehen. Erst ab Herbst 2026 wird dann mit umfangreicheren Arbeiten begonnen werden. Die projektbegleitenden Gruppen werden, wie auch in der Zeit der Antragsstellung, weiterhin fortlaufend informiert und beteiligt werden. Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit wird das Regierungspräsidium in enger Zusammenarbeit mit dem Infozentrum Kaltenbronn übernehmen. Interessierte können sich auf der Projektseite im Internet über das Projekt und Aktivitäten informieren. Ab Frühjahr 2024 werden für Interessierte außerdem öffentliche Exkursionen angeboten.

Hintergrundinformationen

Warum ist die Revitalisierung der Hochmoore am Kaltenbronn nötig?

Der Kaltenbronn im Nordschwarzwald ist ganzjährig ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel. Was für viele Erholungssuchende und Wanderer der Inbegriff einer urtümlichen und natürlichen Moor-Landschaft ist, ist für Moorkundler ein geschädigtes Ökosystem. Aufgrund eines großen Netzes an Entwässerungsgräben haben die Hochmoore am Kaltenbronn mit Wassermangel zu kämpfen. Die einst ausgedehnten, offenen Moorflächen schrumpfen seit langem und werden von Gehölzen überwachsen. Die Moore am Kaltenbronn sind daher in einem zunehmend ökologisch ungünstigen Zustand, so dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.

Ziel des LIFE Natur-Antrags ist die Erhaltung der ausgedehnten Moore im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn und damit auch der Schutz der Lebensräume für die typischen Tiere- und Pflanzenarten. Die Revitalisierung soll dafür sorgen, dass das Wasser im Moor zurückgehalten wird und die andauernde Entwässerung über ein Netz aus kilometerlangen Entwässerungsgräben gestoppt wird.

Woher kommt der Wassermangel in den Mooren am Kaltenbronn?

Mehrere Gutachten namhafter Moorkundler bestätigen, dass der Grund für den ungünstigen Zustand der Moore am Kaltenbronn der Wassermangel wegen eines umfassenden Entwässerungssystems ist. Seit dem 18. Jahrhundert wurden Entwässerungsgräben angelegt, die bis heute wirken und Wasser aus dem Moor ableiten. Es wurden viele Kilometer lange Gräben angelegt, um die Moore trockenzulegen und für den Waldbau nutzbar zu machen. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man dann die forstwirtschaftlich nur mäßigen Erfolge und stellte die Bauarbeiten ein. Die Entwässerungsgräben bestanden jedoch fort und führen noch heute – 250 Jahre später – Wasser in die Täler ab. Die Folge ist, dass den Mooren lebensnotwendiges Wasser verloren geht und sie nach und nach abtrocknen. Die Torfmoose vertrocknen und das Moorwachstum bleibt aus. Die Moore verlieren damit ihre wichtigen Funktionen für den Naturhaushalt. Kiefern, und Fichten bewachsen zunehmend die einst offenen Moorflächen. Im Wildseemoor sind nur rund 6 %, im Hohlohmoor nur rund 3,5 % der ursprünglichen Fläche noch mehr oder minder offen. Dichtes Kiefern-Krummholzgebüsch erstreckt sich mittlerweile bis in die Zentren der Moore.

Warum sind Moore für uns Menschen wichtig?

Naturnahe Moore erfüllen wichtige Leistungen für einen intakten Naturhaushalt und sind weit mehr als nur ein Naturgenuss für Menschen. Naturnahe Moore binden beispielsweise eine große Menge an Kohlenstoff und dienen dem Klimaschutz. Weiter bieten sie Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen, die mit erstaunlichen Überlebensstrategien an die extremen Lebensverhältnisse im Moor angepasst sind und nur dort überleben können. Moore saugen außerdem Wasser wie ein Schwamm auf. Diese Speicherfunktion dient dem Hochwasserschutz, da das Wasser nur nach und nach in das umliegende Gewässersystem fließt. Moore sind außerdem Archive der Natur- und Kulturgeschichte, weil sie es ermöglichen, über Pollenanalysen Einblicke in vergangene Zeiten zu geben.

Was ist LIFE Natur?

LIFE (L'Instrument Financier pour l'Environnement) ist das EU-Förderprogramm welches Umweltschutzbelange fördert. Der Förderbereich "LIFE Natur und Biodiversität" dient der Erhaltung der Artenvielfalt und dem Schutz von Arten und Lebensräumen. Die EU fördert Maßnahmen bis zu 75%. Der Eigenanteil muss vom Antragssteller oder Ko-Finanzierern getragen werden. Das Land Baden-Württemberg stellt regelmäßig LIFE-Anträge und hat in den letzten Jahrzehnten erfolgreich LIFE-Projekte umgesetzt. Mit einem LIFE-Projekt entsteht auch ein wichtiger Impuls in der Region. Als Leuchtturmprojekte haben LIFE-Projekte stets eine besondere nationale und europaweite Aufmerksamkeit

Beispiele für aktuelle und abgeschlossene LIFE-Projekte in Baden-Württemberg

Life+-Natur-Projekte: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (baden-wuerttemberg.de)

Das Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn gehört zum europäischen Naturerbe

Der Kaltenbronn ist landschaftlich sowie natur- und artenschutzfachlich eine große Besonderheit. Er ist Lebensraum einer beträchtlichen Anzahl von spezialisierten und geschützten Tier- und Pflanzenarten und steht deshalb in Teilen unter mehrfachem Schutz (Natur- und Waldschutzgebiet, Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebiet, Bannwald und Schonwald). Bereits vor etwa 100 Jahren wurden erste Schutzgebiete am Kaltenbronn ausgewiesen. Mit einer neuen Verordnung im Jahr 2000 stellten Natur- und Forstverwaltung die betreffenden Teile des Kaltenbronns dann gemeinsam unter einen umfassenden nationalen Schutz. Das heute bestehende Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn liegt im Staatswald (ForstBW). Es umfasst den Hohlohsee und den Wildsee mit umliegenden Moorflächen und Moorwäldern und kombiniert den Schutz der Moore und des Waldes. Mit der Integration als Teil des FFH-Gebietes Kaltenbronner Enzhöhen und dem Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald in das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000, gehört es seit fast 20 Jahren auch zum europäischen Naturerbe.

Weiterführende Informationen

Faltblatt „Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn“

Moorschutzprogramm Baden-Württemberg mit Informationen zu Mooren, ihren Funktionen und dem Schutz

Lage und Verordnung des Natur- und Waldschutzgebietes Kaltenbronn im Daten- und Kartendienst UDO „Umweltdaten und Karten Online“ sowie im Schutzgebietsverzeichnis

Natura 2000 Managementplan für das FFH-Gebiet „Kaltenbronner Enzhöhen“