Pressemitteilung

„NaturLicht“: Forschungsprojekt des Regierungspräsidiums Karlsruhe zur Schaffung einer insektenfreundlicheren Beleuchtung in der Umgebung von Naturschutzgebieten

Installation der Insektenfallen am Alten Flugplatz in Karlsruhe

Installation der Insektenfallen am Alten Flugplatz in Karlsruhe durch die tatkräftige Unterstützung der Stadtwerke Karlsruhe.

Insektenfallen am Eingang des Naturschutzgebietes Alter Flugplatz in Karlsruhe

Insektenfallen am Eingang des Naturschutzgebietes Alter Flugplatz in Karlsruhe

Insektenfallen am Naturschutzgebiet am Ortsrand von Brühl

Insektenfallen am Naturschutzgebiet am Ortsrand von Brühl

Insektenfallen am Naturschutzgebiet Heimbachaue am Ortsrand Loßburg-Betzweiler

Insektenfallen am Naturschutzgebiet Heimbachaue am Ortsrand Loßburg-Betzweiler

Licht ist ein wesentlicher Umweltfaktor, der die innere Uhr der meisten Lebewesen beeinflusst. Künstliches Licht kann erhebliche negative Auswirkungen auf nachtaktive Tierarten, vor allem auf Insekten und Fledermäuse, haben. Obwohl Insekten oft klein und unscheinbar sind, bilden sie mit Abstand die größte Artengruppe und ihre Ökosystemleistungen sind immens. Eine insektenfreundliche Beleuchtung dient maßgeblich dem Schutz unserer heimischen biologischen Vielfalt und unserer Lebensgrundlage. Als Teil des landesweiten Sonderprogramms zur Stärkung der Biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg, wurde daher im Jahr 2020 am Naturschutzreferat des Regierungspräsidium Karlsruhe das Projekt „NaturLicht“ ins Leben gerufen.

Dieses ist nun in die für die Bürgerinnen und Bürger „sichtbare“ Phase gestartet: Die Erhebung der tatsächlichen Lichtverschmutzung in drei ausgewählten Naturschutzgebieten in den Landkreisen Rhein-Neckar, Karlsruhe und Freudenstadt. Dazu haben beauftragte Experten der Arbeitsgemeinschaft Lichtverschmutzung und Ökophysiologie des Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (Berlin) vor einigen Wochen Insektenfallen an Lampenmasten am Rande der drei Naturschutzgebiete aufgehängt. Ab Mitte April (Kalenderwoche 15) werden diese Insektenfallen erstmals geleert, um genaue Daten zur Auswirkung der aktuellen Beleuchtung auf die Insektenfauna erheben zu können.

Die Aktivierungen und anschließenden Leerungen der Fallen finden von nun an regelmäßig bis Oktober 2021 statt, so dass die Fänge systematisch über einen relevanten Zeitraum analysiert werden können. Ende des Jahres werden genaue Daten über die Art und Anzahl der Insekten vorliegen, die durch die nächtliche Beleuchtung negativ beeinflusst werden, so dass die Beeinträchtigungen bewertet und Vorschläge für die Minderung der Beeinträchtigungen erarbeitet werden können.

Das Forschungsprojekt „NaturLicht“ schafft die Basis für eine fachgerechte Umsetzung des aktiven Insektenschutzes in Baden-Württemberg. Im Projektzeitraum stehen Finanzmittel in Höhe von 440.000 Euro zur Verfügung.

Ziel des Projekts ist es, die Lichtverschmutzung einzudämmen und den Artenschutz zu verbessern. Lichtverschmutzung ist das „Zuviel“ an künstlichem Licht in der Nacht – mit negativen Auswirkungen auf die heimische Tierwelt. Mit Hilfe des Projekts sollen Aussagen über das Ausmaß der Lichtverschmutzung im Umfeld von Naturschutzgebieten gewonnen und konkrete Aktivitäten für die ausgewählten Naturschutzgebiete umgesetzt werden. Diese sollen dann der flächendeckenden Überprüfung der Beleuchtungssituation in Naturschutzgebieten und damit der Qualitätssicherung von Naturschutzgebieten landesweit dienen.

Das Forschungsprojekt „NaturLicht“ im Überblick

Das Projekt gliedert sich in 4 Phasen:

Phase 1 (2020)

Grobe, flächendeckende Ermittlung der Lichtverschmutzung anhand von bestehenden Geodaten und Klassifizierung der Naturschutzgebiete in unterschiedliche Belastungsklassen. So wurden zusammen mit den Kommunen drei exemplarische Naturschutzgebiete ausgewählt, die für drei nächtlichen Beleuchtungssituationen stehen:

  • Städte mit hoher Beleuchtungsintensität: Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz“ im Stadtgebiet Karlsruhe
  • Ortsrand mit mittlerer Beleuchtungsintensität: Naturschutzgebiet „Backofen-Riedwiesen“ am Ortsrand der Stadt Brühl, südlich von Mannheim
  • Ländlicher Raum mit geringer Beleuchtungsintensität: Naturschutzgebiet „Heimbachaue“ in Loßburg, Ortsteil Betzweiler-Wälde, im Landkreis Freudenstadt

Phase 2 (2020/21)

Erhebung der tatsächlichen Lichtverschmutzung in den ausgewählten Naturschutzgebieten. Bewertung der Beeinträchtigung und Erarbeitung von Vorschlägen für die Minderung der Beeinträchtigung.

Phase 3 (2021/22)

Umsetzung der Maßnahmen in ausgewählten Naturschutzgebieten mit vergleichenden Erfolgskontrollen. Erstellung einer Arbeitshilfe für Kommunen und Genehmigungsbehörden mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Thema Beleuchtung und Insektenschutz. Ziel ist es, auf insektenfreundlichere Leuchtmittel umzurüsten, die den Schutz der Insekten, aber auch weiterhin die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. Willkommener Nebeneffekt des Projektes wird auch eine Energieeinsparung und damit eine Verringerung der Stromkosten für die Kommunen sein.

Phase 4 (ab 2022)

Fortführung der Erfolgskontrollen. Übertragung in weitere Schutzgebiete und gegebenenfalls weitere Flächen außerhalb von Schutzgebieten.

Hintergrundinformationen zu den ausgewählten Naturschutzgebieten

Naturschutzgebiet „Backofen-Riedwiesen“ im Rhein-Neckar-Kreis

Das Naturschutzgebiet „Backofen-Riedwiesen“ grenzt an das Stadtgebiet von Mannheim und Brühl. Es wurde 1984 ausgewiesen und ist rund150 Hektar groß. Es umfasst ein Mosaik aus zahlreichen nassen und wechselfeuchten Biotopen und beherbergt eine hohe Vielfalt an typischen Pflanzen und Tieren der Rheinauen. Mit der Meldung von Vogelschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH) für das europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 steht das Naturschutzgebiet auch unter europäischen Schutz. Es ist Teil des FFH-Gebietes „Rheinniederung Philippsburg bis Mannheim“ sowie des Vogelschutzgebietes „Rheinniederung Altlußheim – Mannheim“.

Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz“ in Karlsruhe

Das Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz“ im Stadtgebiet Karlsruhe wurde 2010 ausgewiesen und ist rund 70 Hektar groß. Es umfasst ein Mosaik aus trockenen Sand- und Magerasen, Ruderalflächen und Gebüschen. Mit der Meldung von FFH-Gebieten für das europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 steht das Naturschutzgebiet auch unter europäischen Schutz. Auf den trockenen Sandrasen lebt eine sehr große Vielfalt spezialisierter und teils sehr seltener Tierarten. 2010 wurden verschiedene Insektengruppen mit dutzenden Arten nachgewiesen: 20 Heuschreckenarten, 70 Stechimmenarten, 50 Käferarten sowie 111 Schmetterlingsarten. Weiterhin wurden 330 Farn- und Blütenpflanzen, 60 Vogelarten und rund 110 Spinnenarten nachgewiesen.

Naturschutzgebiet „Heimbachaue“ im Landkreis Freudenstadt

Das Naturschutzgebiet „Heimbachaue“ liegt in der Gemeinde Loßburg, Ortsteil Betzweiler-Wälde, im Landkreis Freudenstadt. Es wurde 1985 ausgewiesen und ist knapp 10 Hektar groß. Es umfasst den Heimbach mit seiner Aue und beherbergt typische Tiere und Pflanzen der Fließgewässer, Röhrichte, Hochstaudenfluren und Feuchtwiesen.

Die Umweltverwaltung stellt mit dem Daten- und Kartendienst UDO „Umweltdaten und Karten Online“ Informationen zu den Schutzgebieten zur Verfügung: https://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/.

Die Würdigung und Verordnung der Naturschutzgebiete sind unter https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/steckbriefe abrufbar.

Hintergrundinformationen zum Sonderprogramm Biologische Vielfalt des Landes Baden-Württemberg

Das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich zum Erhalt der biologischen Vielfalt als Lebensgrundlage. Deshalb hat die Landesregierung Ende 2017 das Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt aufgelegt. Die Ministerien für Umwelt (UM), für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) sowie für Verkehr (VM) verstärken damit ihre Anstrengungen zum Erhalt der Artenvielfalt. Im ersten Durchlauf standen 13,5 Millionen Euro zur Verfügung, die in Maßnahmen im Natur- und Artenschutz sowie in erhöhter Förderung, Forschung und im Monitoring eingesetzt wurden. Das Naturschutzreferat am Regierungspräsidium Karlsruhe ist im Rahmen des Sonderprogramms an der Vergabe von verschiedenen Fachgutachten zu den Themen Lichtverschmutzung in Naturschutzgebieten, Archewiesen zur autochthonen Saatgutgewinnung, Pestizidreduktion auf landwirtschaftlichen Flächen und Qualitätssicherung in Naturschutzgebieten beteiligt.

Weitere Informationen unter https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/naturschutz/instrumente-des-naturschutzes/foerderung/sonderprogramm/.