Pressemitteilung

Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze

Gehölzrückschnitt zur Förderung von Auerhuhn und Ringdrossel bis voraussichtlich Ende Februar 2023

Im an den Nationalpark Schwarzwald angrenzenden Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze im Landkreis Freudenstadt im Kreuzungsbereich der B 500 und der B 28 wird in diesem Jahr die Weidefläche weiter vergrößert, um die artenreichen Heiden und Borstgrasrasen des Nordschwarzwaldes zu erhalten. Auf einer Fläche von rund fünf Hektar wird ein lichter Weidewald hegestellt. (Pressemitteilung 25. November 2022). Heute, 19. Januar 2023, beginnt das von der Stadt Freudenstadt beauftragte Forstunternehmen nach Abstimmung mit dem Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe und der Forstverwaltung mit dem Gehölzrückschnitt. Die Arbeiten zum Gehölzrückschnitt können voraussichtlich bis Ende Februar abgeschlossen werden. Der Verkehr wird durch die Arbeiten nicht beeinträchtigt werden.

Mit diesen vorbereitenden Gehölzarbeiten wird offene Weidefläche, die durch Baumgruppen und Einzelbäumen gegliedert ist, geschaffen. Diese Fläche wird zukünftig in die bereits bestehende Weidefläche integriert und die Weidefläche damit deutlich ausgedehnt. Mit der Beweidung werden die europäisch geschützten Heiden und Borstgrasrasen des Nordschwarzwaldes im Naturschutzgebiet langfristig erhalten und verbessert. Die Beweidung ist ein aktiver Schritt, unsere heimische Artenvielfalt für die Zukunft zu sichern.

Die aktuellen Gehölzarbeiten verändern das Landschaftsbild am Kniebis und sind deutlich sichtbar. Für manche Augen mag dies verstörend wirken: Bäume und Wälder gelten als das Sinnbild des Schwarzwaldes. Im Nordschwarzwald haben sich durch die jahrhundertlange menschliche Nutzung neben dichten Wäldern auch Waldsäume und Waldlichtungen sowie artenreiche Heiden und Borstgrasrasen entwickelt. Zahlreiche Tiere profitieren von dieser strukturreichen und vielfältigen Landschaft. Ohne die Gehölzpflege und Beweidung würde die Landschaft verbuschen und zuwachsen: die offenen Heiden würden überwachsen, die sonnigen Felsen würden beschattet, die Landschaft würde viele artenreiche Biotope verlieren. Landschaftspflege und Gehölzschnitt ist daher aktiver Artenschutz.

Von den neu geschaffenen Heideflächen werden zahlreiche Tier- und Pflanzenarten profitieren, darunter auch das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn, das in den besonnten Heidelbeerflächen Nahrung findet. Auch die Ringdrossel, die aussieht wie eine Amsel mit weißem Halstuch, wird von der Maßnahme profitieren. Sie steht im Schwarzwald ebenfalls kurz vor dem Aussterben. Zur Nahrungssuche braucht sie kurzrasige Flächen in enger Verzahnung mit Baumbeständen. In dem neu entstehenden Lichtwald werden sich ausgedehnte Heideflächen entwickeln, die zahlreichen Schmetterlingen, Heuschrecken und Wildbienen als Nahrungsquelle, Versteck und Fortpflanzungsstätten dienen. Auch die Kreuzotter wird von der besseren Besonnung von Felsen und Heideflächen profitieren.

Weiterhin sind zahlreiche Tierarten auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert. Ein kräftiger Wuchs des Pfeifengrases ist beispielsweise für die in Baden-Württemberg gefährdete Moor-Pfeifengraseule überlebensnotwendig. Die Moor-Pfeifengraseule ist ein Nachtfalter der seine Eier nur am Pfeifengras ablegt. Das Pfeifengras wiederrum wächst nur auf mäßig feuchten, sauren Böden und benötigt Licht und Sonne zum Wachsen. Auch weitere Nachtfalter sind an Heidekraut und auch Heidelbeeren gebunden. Das Wissen um solch spezifische Zusammenhänge ist für die Landschaftspflege notwendig.

Angepasste Landschaftspflege ist aktiver Artenschutz und dient der Erhaltung unserer heimischen biologischen Artenvielfalt. Im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze wird dies von Kommune, Naturschutz- und Forstverwaltung gemeinsam umgesetzt.

Mit der Gehölzpflege sichert sich die Stadt Freudenstadt in Absprache mit der Naturschutzverwaltung auch Ökopunkte für ihr kommunales Ökokonto. Dadurch schafft die Stadt schon jetzt Ausgleichsflächen für zukünftige neue Bauvorhaben, die mit Eingriffen in die Landschaft verbunden wären. Im Rahmen der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung kann die Stadt dann auf bereits vorhandene Ökopunkte, die sie durch solche Projekte gesammelt hat, zurückgreifen. So unterstützt die Stadt aktiv den Artenschutz und trägt gleichzeitig Sorge für die zukünftige Kommunalentwicklung.

Die Beweidung wird im Frühjahr wieder starten. Sie erfolgt im Auftrag des Na-turschutzreferats im Regierungspräsidium Karlsruhe und wird mit Mitteln der Landschaftspflegerichtlinie des Landes finanziert. Sechs Konik-Stuten und vier Fohlen weiden dann wieder bei geeigneter Wetterlage auf einem Teil der Fläche. Die Tiere stammen aus einer Nachzucht aus dem Zoo Karlsruhe. Die Mitarbeitenden des Nationalparks übernehmen das Beweidungsmanagement vor Ort. Sie steuern die Beweidungsdauer von Teilflächen und stellen die tägliche Betreuung der Tiere sicher.

Hintergrund:

Die Beweidung der Heiden und Grinden mit Konikpferden

Koniks sind als Nachzucht ehemaliger Wildpferde heute in zahlreichen Naturschutzgebieten in Deutschland im Einsatz. Die Beweidung der offenen, weitgehend baumlosen Grindenflächen hat sich auch im Nationalpark Schwarzwald bereits bewährt. Auf der Weide entstehen durch das Abfressen, den Einstand und Begang der Tiere aber auch das Abkoten eine Vielzahl an Strukturen: offene Bodenstellen, kurzrasige Wiesen, besonnte Steine, trockene Heide. All dies sind Lebensräume für zahlreiche Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge, wie beispielsweise die Moor-Pfeifengraseule. Zahlreiche Vogelarten, wie beispielsweise Wiesenpieper und Baumpieper finden Nahrung und Brutplätze. Besonders an Steinriegeln und offenen Sonnenplätze auf den Weiden findet die stark gefährdete Kreuzotter ihren Lebensraum.

Koniks sind sehr robust und widerstandfähig gegen Kälte und Wind. Sie sind genügsam und fressen hauptsächlich Gräser, aber auch Wurzeln von Kräutern oder schälen Rinde ab. Selbst unter einer Schneedecke scharren sie nach Futter. Durch ihren starken Herdentrieb und die gutmütige Art ist das Beweidungsmanagement unproblematisch. Für die Zukunft ist außerdem geplant die Herde mit den ebenfalls durch Rückzüchtungen erhaltenen Heckrindern (Auerochsen) und eventuell auch Wisenten aus dem Zoo Karlsruhe zu erweitern.

Naturschutzgebiet Kniebis Alexanderschanze

Das Naturschutzgebiet „Kniebis-Alexanderschanze“ wurde 1996 ausgewiesen und ist rund 190 Hektar groß. Diese Fläche umfasst ein Gebiet, das als historisch gewachsene Kulturlandschaft ein kleinräumiges, vielfältiges Mosaik aus artenreichen Wiesen, Borstgrasrasen, trockenen und feuchten Heideflächen sowie Gebüschen und Wäldern.

Mit der Meldung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebieten für das europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000, steht das Naturschutzgebiet seit fast 20 Jahren auch unter europäischen Schutz. Es gehört zum FFH-Gebiet „Wilder See Hornisgrinde und Oberes Murgtal“ sowie zum Vogelschutzgebiet „Nordschwarzwald“.

Weitere Informationen

Informationen zu Konikpferden und Beweidungsbeispielen aus anderen Bundesländern (Download)

Informationen zum Lebensraum Grinden und Trockene Heiden finden Sie hier:

Nationalpark Schwarzwald

Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg

Die Karte, sowie die Würdigung und die Verordnung des Naturschutzgebietes stehen im Daten- und Kartendienst „Umweltdaten und Karten Online“ (U-DO) der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zur Verfügung.

Natura 2000-Managementplan für das FFH-Gebiet