Pressemitteilung

Renaturierung der Hochmoore am Kaltenbronn

EU-Förderantrag LIFE Natur zum Schutz der Moore am Kaltenbronn im Nordschwarzwald steht auf der Nachrückliste

 

Blick über den Kaltenbronn mit Mooren und Wäldern

Vertrocknete Moose zwischen Grasbüscheln

Vertrocknete Moose und ausgetrocknetes Schlenkensystem

Das Engagement zum aktiven Moorschutz am Kaltenbronn im Nordschwarzwald als gemeinsames Ziel der Naturschutzbehörde am Regierungspräsidium Karlsruhe, von ForstBW, der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg und des Naturparks Schwarzwald Mitte / Nord wird positiv bewertet

Zur Finanzierung von Moorschutzmaßnahmen im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn wurde Ende November 2021 ein Antrag bei der Europäischen Union (EU) im Rahmen des EU - Förderprogrammes LIFE Natur eingereicht. Die Europäische Union hat nun eine vorläufige Entscheidung mitgeteilt: Die Bedeutung des Moorschutzes im Allgemeinen wie am Kaltenbronn im Speziellen wird als wichtiges Ziel bekräftigt. Der LIFE Natur-Antrag Kaltenbronn wurde zunächst auf eine Nachrückliste genommen. Eine abschließende Entscheidung der EU ist im Frühherbst zu erwarten.

Die Bewertung des gestellten Antrages macht deutlich, dass die Projektpartner auf dem richtigen Weg sind: Das im Antrag beschriebene Vorhaben wurde nicht nur als relevant für den Moorschutz, sondern auch als dringlich eingestuft. Die Prüfenden haben die Vorgehensweise, den Bau von Sperren zur Wasserrückhaltung, als wirkungsvoll für das Ziel des Moorschutzes eingestuft. Und auch die bisherige sowie die im Weiteren vorgesehene Zusammenarbeit der Akteure, die Beteiligung Dritter sowie die geplante Kommunikationsarbeit wurden positiv bewertet.

Kritisch sah die EU-Kommission allerdings die Höhe der kalkulierten Projektkosten: Die Antragssumme von fast 20 Millionen Euro für die weitere planerische Vorbereitung, die Durchführung der Renaturierungsmaßnahmen, eine eingehende Wirkungskontrolle sowie eine umfangreiche begleitende Öffentlichkeitsarbeit zur Information und Besucherlenkung wurde als zu hoch eingestuft. Für die hohen Kosten gibt es jedoch Gründe: Beispielsweise ist das zur Wasserrückhaltung notwendige Versperren der in historischer Zeit in den Mooren am Kaltenbronn angelegten äußerst ausgedehnten Entwässerungssysteme im hängigen Gelände des Mittelgebirges mit einem hohen materiellen und technischen Aufwand verbunden. So ist hierbei mit weit höheren Kosten zu rechnen als etwa bei der Renaturierung in ebenen Niederungslagen.

Den Förderantrag gestellt hatte ein Konsortium bestehend aus dem Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe, gemeinsam mit der Flächeneigentümerin, der Anstalt des öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg (ForstBW), der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Den Antrag maßgeblich unterstützen das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, oberste Naturschutzbehörde im Land und das Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz, vertreten durch die Landesforstverwaltung. Auch in der Raumschaft haben Vorhaben und Förderantrag breiten Anklang gefunden: Die Landkreise Calw und Rastatt sowie die umliegenden Kommunen Gernsbach, Bad Wildbad und Enzklösterle messen der Erhaltung der Moore am Kaltenbronn große Bedeutung bei und unterstützen ebenso die Initiative.

Weiteres Vorgehen

Nichtsdestotrotz ist mit den Vorbereitungen und dem gemeinsamen Verfassen des LIFE Natur-Antrages ein Meilenstein für den Moorschutz in Baden-Württemberg gelungen. Die Zusammenarbeit der Beteiligten soll fortgesetzt werden, um die Moore am Kaltenbronn dauerhaft zu erhalten und deren Zustand zu verbessern. Hierzu werden die Projektpartner in den nächsten Wochen besprechen, wie die Moorrenaturierung im europäischen Schutzgebiet am Kaltenbronn vorangebracht werden kann -  gegebenenfalls auch ohne die erwartete Unterstützung der Europäischen Union.

Unbestritten bleibt, dass das was für viele Erholungssuchende und Wanderer der Inbegriff einer urtümlichen und natürlichen Moor-Landschaft ist, für Moorkundler Anzeichen eines geschädigten Ökosystems, das der Gefahr der sukzessiven Zerstörung ausgesetzt ist. Aufgrund ausgedehnter systematisch angelegter Entwässerungsstrukturen haben die Hochmoore am Kaltenbronn seit Jahrzehnten mit Wassermangel zu kämpfen. Dieser wird nun auch noch durch das häufiger werdende Ausbleiben sommerlicher Regenfälle verschärft. Die einst ausgedehnten, offenen Moorflächen schrumpfen seit langem und sind aufgrund der hydrologischen Situation in einem zunehmend ökologisch ungünstigen Zustand, weshalb dringender Handlungsbedarf besteht.

Auch aus Klimaschutzgründen ist die Wasserrückhaltung notwendig, da austrocknende Torfe Treibhausgase freisetzen und so zum Klimawandel beitragen.

Im Juli 2022 bietet das Regierungspräsidium gemeinsam mit dem Infozentrum Kaltenbronn eine Exkursion für die interessierte Öffentlichkeit an. Weitere Informationen in der Tagespresse.

Informationen finden sich auf der Projekteseite des Regierungspräsidiums Karlsruhe

Hintergrundinformationen

Ziele des LIFE Natur-Antrags MooReKa

Ziel des LIFE Natur-Antrags ist die Erhaltung der ausgedehnten Moore im Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn und damit auch der Schutz der Lebensräume für seine typischen Tiere- und Pflanzenarten. Die Renaturierungsmaßnahmen sollen dafür sorgen, dass das Wasser im Moor zurückgehalten wird und die andauernde Entwässerung über ein Netz aus kilometerlangen Entwässerungsgräben gestoppt wird.

Neben den konkreten Maßnahmen zum Schutz der Moore sind im LIFE Natur-Antrag auch Angebote zur Information für Naturinteressierte und Erholungssuchende vorgesehen. Die Bohlenstege im Wildseemoor und Hohlohsee sollen im Zuge der Arbeiten verlegt werden. Sie sind auch während der Arbeiten vor Ort durchgängig begehbar.

Was ist LIFE Natur?

LIFE (L'Instrument Financier pour l'Environnement) ist das EU-Förderprogramm welches Umweltschutzbelange fördert. Der Förderbereich "LIFE Natur und Biodiversität" dient der Erhaltung der Artenvielfalt und dem Schutz von Arten und Lebensräumen. Die EU fördert Maßnahmen bis zu 75 %. Der verbleibende Eigenanteil muss vom Antragssteller oder Ko-Finanzierern getragen werden. Das Land Baden-Württemberg stellt regelmäßig LIFE-Anträge und hat in den letzten Jahrzehnten erfolgreich LIFE-Projekte umgesetzt. Mit einem LIFE-Projekt entsteht auch ein wichtiger Impuls in der Region. Als Leuchtturmprojekte haben LIFE-Projekte stets eine besondere nationale und europaweite Aufmerksamkeit

Beispiele für aktuelle und abgeschlossene LIFE-Projekte in Baden-Württemberg

Woher kommt der Wassermangeln in den Mooren am Kaltenbronn?

Mehrere Gutachten namhafter Moorkundler bestätigen, dass der Grund für den ungünstigen Zustand der Moore am Kaltenbronn der Wassermangel wegen eines umfassenden Entwässerungssystems ist. Seit dem 18. Jahrhundert wurden Entwässerungsgräben angelegt, die bis heute wirken und Wasser aus dem Moor ableiten. Es wurden viele Kilometer lange Gräben angelegt, um die Moore trockenzulegen und für den Waldbau nutzbar zu machen. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man dann die forstwirtschaftlich nur mäßigen Erfolge und stellte die Bauarbeiten ein. Die Entwässerungsgräben bestanden jedoch fort und führen noch heute – 250 Jahre später – Wasser in die Täler ab. Die Folge ist, dass den Mooren lebensnotwendiges Wasser verloren geht und sie nach und nach trockenfallen. Die Torfmoose vertrocknen und das Moorwachstum bleibt aus. Die Moore verlieren damit ihre wichtigen Funktionen für den Naturhaushalt. Kiefern, und Fichten bewachsen zunehmend die einst offenen Moorflächen. Im Wildseemoor sind nur rund 6 %, im Hohlohmoor nur rund 3,5 % der ursprünglichen Fläche noch mehr oder minder offen. Dichtes Kiefern-Krummholzgebüsch erstreckt sich mittlerweile bis in die Zentren der Moore.

Warum sind Moore für uns Menschen wichtig?

Naturnahe Moore erfüllen wichtige Leistungen für einen intakten Naturhaushalt und sind weit mehr als nur ein Naturgenuss für Menschen. Naturnahe Moore binden beispielsweise eine große Menge an Kohlenstoff und dienen dem Klimaschutz. Weiter bieten sie Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen, die mit erstaunlichen Überlebensstrategien an die extremen Lebensverhältnisse im Moor angepasst sind und nur dort überleben können. Moore saugen außerdem Wasser wie ein Schwamm auf. Diese Speicherfunktion dient dem Hochwasserschutz, da das Wasser nur nach und nach in das umliegende Gewässersystem fließt. Moore sind außerdem Archive der Natur- und Kulturgeschichte, weil sie es ermöglichen, über Pollenanalysen Einblicke in vergangene Zeiten zu geben.

Das Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn gehört zum europäischen Naturerbe

Der Kaltenbronn ist landschaftlich sowie natur- und artenschutzfachlich eine große Besonderheit. Er ist Lebensraum einer beträchtlichen Anzahl von spezialisierten und geschützten Tier- und Pflanzenarten und steht deshalb in Teilen unter mehrfachem Schutz (Natur- und Waldschutzgebiet, Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebiet, Bannwald und Schonwald). Bereits vor etwa 100 Jahren wurden erste Schutzgebiete am Kaltenbronn ausgewiesen. Mit einer neuen Verordnung im Jahr 2000 stellten Naturschutz- und Forstverwaltung die betreffenden Teile des Kaltenbronns dann gemeinsam unter einen umfassenden nationalen Schutz. Das heute bestehende Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn liegt im Staatswald (ForstBW). Es umfasst den Hohlohsee und den Wildsee mit umliegenden Moorflächen und Moorwäldern und kombiniert den Schutz der Moore und des Waldes. Mit der Integration als Teil des FFH-Gebietes Kaltenbronner Enzhöhen und dem Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald in das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 gehört es seit fast 20 Jahren auch zum europäischen Naturerbe.

Weiterführende Informationen

Faltblatt „Natur- uund Waldschutzgebiet Kaltenbronn“ im Publikatinsshop der LUBW

Moorschutzprogramm Baden-Württembergmit Informationen zu Mooren, ihren Funktionen und dem Schutz

Lage und Verordnung des Natur- und Waldschutzgebietes Kaltenbronn

Natura 2000 Managementplan für das FFH-Gebiet „Kaltenbronner Enzhöhen“