Pressemitteilung

Revitalisierung der Hochmoore am Kaltenbronn

Regierungspräsidium Karlsruhe, ForstBW, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt und Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord stellen erneut EU-Förderantrag „LIFE Natur“

Durchführung von kleinflächigen Vernässungsmaßnahmen im Hohlohmoor bereits in 2023

 

Blick über den Kaltenbronn mit Mooren und Wäldern

Vertrocknete Moose und ausgetrocknetes Schlenkensystem

Nachdem das Projekt zur „Revitalisierung der Hochmoore am Kaltenbronn“ in 2021 für das LIFE-Natur Programm nicht ausgewählt wurde (Pressemitteilug vom 24. Mai 2022), hat das Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe gemeinsam mit der Flächeneigentümerin, der Anstalt des öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg (ForstBW), der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord den Antrag überarbeitet und Anfang Oktober 2022 nun erneut gestellt.

Ziel des LIFE-Projekts ist es, das Hohlohmoor als intaktes Hochmoor dauerhaft zu erhalten und unter anderem durch Vernässung auch widerstandsfähiger gegenüber der zunehmenden Sommertrockenheit zu machen. Ebenso sollen Lebensräume für die typischen Tier- und Pflanzenarten geschützt werden.

Im Prüfbericht zum letztjährigen LIFE-Antrag hatte die EU die Notwendigkeit und Relevanz der Moorrevitalisierung bestätigt, jedoch die Projektsumme als zu hoch eingestuft. (Pressemitteilung vom 24. Mai 2022). Mit der Verkürzung der Projektlaufzeit von acht auf fünf Jahre und der Verkleinerung des Projektgebiets auf das Hohlohmoor sowie der Verringerung der Projektsumme von 20 Millionen auf 8,9 Millionen Euro, reagiert das Konsortium auf den Prüfbericht der EU für den letztjährigen LIFE-Antrag.

Bestätigt hatte die EU im Prüfbericht, dass die Zielsetzung der Moorerhaltung durch Vernässung der richtige Weg ist. Daher ist auch weiterhin der Einbau von Sperren in das historische Entwässerungssystem zur Rückhaltung und vor allem die Verteilung von Wasser in die sommertrockenen Moorflächen Kern des Vorhabens. Ebenso soll die von der EU positiv bewertete Zusammenarbeit der Akteure, die Beteiligung Dritter sowie die geplante Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit beibehalten werden. Neben den konkreten Maßnahmen zum Schutz des Hohlohmoors sind im LIFE Natur-Antrag außerdem Angebote zur Information für Naturinteressierte und Erholungssuchende vorgesehen.

Breite Zustimmung auf allen Ebenen

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, oberste Naturschutzbehörde und das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, vertreten durch die Landesforstverwaltung, unterstützen den Antrag maßgeblich. Auch vor Ort trifft das Vorhaben und der Förderantrag auf breite Zustimmung. Die Landkreise Calw und Rastatt sowie die umliegenden Kommunen Gernsbach, Bad Wildbad und Enzklösterle haben die große Bedeutung der Erhaltung der Moore am Kaltenbronn mit Unterstützungsschreiben bestätigt.

Über den Kaltenbronn

Der Kaltenbronn im Nordschwarzwald ist ganzjährig ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel. Was für viele Erholungssuchende und Wanderer der Inbegriff einer urtümlichen und natürlichen Moor-Landschaft ist, stellt sich Moorkundlern, die vertiefte Untersuchungen angestellt haben, als ein geschädigtes Ökosystem dar. Ein vor langer Zeit angelegtes sehr ausgedehntes und dichtes Netz aus Drainagen führt in den Mooren zu Mangel am lebensnotwendigem Wasser. So geraten die Moore am Kaltenbronn in einen zunehmend ungünstigen ökologischen Zustand, was auch die Managementplanung zum europäisch geschützten Natura 2000-Gebiet aufzeigt.

Weitere Vorgehensweise

Nachdem der LIFE-Antrag auf Förderung durch das LIFE Natur Programm der EU eingereicht wurde, prüft und berät die Europäische Kommission die eingegangenen Anträge. Eine Entscheidung der EU wird in der Jahresmitte 2023 erwartet. Bei einem positiven Ergebnis wird anschließend das Vorhaben weiterentwickelt und ab 2024 umgesetzt werden. Bei einer Genehmigung würde die EU 75 Prozent der Projektkosten übernehmen.

Aktuell arbeiten die Projektpartner daran, bereits 2023 kleinflächige Vernässungsmaßnahmen im Bereich des Hohlohmoors umzusetzen. Hierzu wurden beispielsweise detaillierte Planungen für Rückhaltemaßnahmen und Erkundungen des Untergrunds beauftragt. Über die weiteren Schritte wird das Regierungspräsidium Karlsruhe erneut informieren.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektseite des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

Hintergrundinformationen

Was ist LIFE Natur?

LIFE (L'Instrument Financier pour l'Environnement) ist das EU-Förderprogramm welches Umweltschutzbelange fördert. Der Förderbereich "LIFE Natur und Biodiversität" dient der Erhaltung der Artenvielfalt und dem Schutz von Arten und Lebensräumen. Die EU fördert Maßnahmen bis zu 75 Prozent. Der verbleibende Eigenanteil muss vom Antragssteller oder Ko-Finanzierern getragen werden. Das Land Baden-Württemberg stellt regelmäßig LIFE-Anträge und hat in den letzten Jahrzehnten erfolgreich LIFE-Projekte umgesetzt. Mit einem LIFE-Projekt entsteht auch ein wichtiger Impuls in der Region. Als Leuchtturmprojekte haben LIFE-Projekte stets eine besondere nationale und europaweite Aufmerksamkeit

Woher kommt der Wassermangel in den Mooren am Kaltenbronn?

Mehrere Gutachten namhafter Moorkundlerinnen und -kundler bestätigen, dass der Grund für den ungünstigen Zustand der Moore am Kaltenbronn der Wassermangel wegen eines umfassenden Entwässerungssystems ist. Seit dem 18. Jahrhundert wurden Entwässerungsgräben angelegt, die bis heute wirken und Wasser aus dem Moor ableiten. Es wurden viele Kilometer lange Gräben angelegt, um die Moore trockenzulegen und für den Waldbau nutzbar zu machen. Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man dann die forstwirtschaftlich nur mäßigen Erfolge und stellte die Bauarbeiten ein. Die Entwässerungsgräben bestanden jedoch fort und führen noch heute – 250 Jahre später – Wasser beschleunigt in die Täler ab. Die Folge ist, dass den Mooren lebensnotwendiges Wasser verloren geht und sie mehr und mehr austrocknen. Die Torfmoose vertrocknen und Torfwachstum bleibt aus. Die Moore verlieren damit ihre wichtigen Funktionen für den Naturhaushalt. Aufgrund der Trockenheit bewachsen Kiefern und Fichten zunehmend die einst offenen Moorflächen. Im Wildseemoor sind nur rund 6 Prozent, im Hohlohmoor nur rund 3,5 Prozent der ursprünglichen Fläche noch mehr oder minder offen. Dichtes Kiefern-Krummholzgebüsch erstreckt sich mittlerweile bis in die Zentren der Moore.

Warum sind Moore für uns Menschen wichtig?

Naturnahe Moore erfüllen wichtige Leistungen für einen intakten Naturhaushalt und sind weit mehr als nur ein Naturgenuss für Menschen. Naturnahe Moore binden beispielsweise eine große Menge an Kohlenstoff und dienen so dem Klimaschutz. Weiter bieten sie Lebensraum für spezialisierte Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen, die mit erstaunlichen Überlebensstrategien an die extremen Lebensverhältnisse im Moor angepasst sind und nur dort überleben können. Moore saugen außerdem wie ein Schwamm Wasser auf. Diese Speicherfunktion dient dem Hochwasserschutz, da das Wasser nur nach und nach in das umliegende Gewässersystem fließt. Moore sind außerdem Archive der Natur- und Kulturgeschichte, weil sie es ermöglichen, über Pollenanalysen Einblicke in vergangene Zeiten zu geben.

Das Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn gehört zum europäischen Naturerbe

Der Kaltenbronn ist landschaftlich sowie natur- und artenschutzfachlich eine große Besonderheit. Er ist Lebensraum einer beträchtlichen Anzahl von spezialisierten und geschützten Tier- und Pflanzenarten und steht deshalb in Teilen unter mehrfachem Schutz (Natur- und Waldschutzgebiet, Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebiet, Bannwald und Schonwald). Bereits vor etwa 100 Jahren wurden erste Schutzgebiete am Kaltenbronn ausgewiesen. Mit einer neuen Verordnung im Jahr 2000 stellten Natur- und Forstverwaltung die betreffenden Teile des Kaltenbronns dann gemeinsam unter einen umfassenden nationalen Schutz. Das heute bestehende Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn liegt im Staatswald. Es umfasst den Hohlohsee und den Wildsee mit umliegenden Moor-flächen, Moorwäldern und weitere geschützte Waldbestände. Es kombiniert den Schutz der Moore und des Waldes. Mit der Integration als Teil des FFH-Gebiets Kaltenbronner Enzhöhen und dem Vogelschutzgebiet Nordschwarzwald in das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000, gehört es seit fast 20 Jahren auch zum europäischen Naturerbe.

Weiterführende Informationen

Faltblatt „Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn“ online

Moorschutzprogramm Baden-Württemberg mit Informationen zu Mooren, ihren Funktionen und dem Schutz

Lage und Verordnung des Natur- und Waldschutzgebiets Kaltenbronn imDaten- und Kartendienst UDO „Umweltdaten und Karten Online“sowie im Schutzgebietsverzeichnis online

Natura 2000 Managementplan für das FFH-Gebiet „Kaltenbronner Enzhöhen“

Anhang
Faltblatt Natur- und Waldschutzgebiet Kaltenbronn (pdf, 14 MB)