Pressemitteilung

Landschaftspflege auf dem Hochkopf für den Wiesenpieper

Stadt Bühl und Regierungspräsidium Karlsruhe informieren zur Gehölzentnahme

Der Blick vom Nordgipfel der Hornisgrinde auf den Hochkopf zeigt, dass die ehemals völlig offene Hochfläche von vielen Bäumen und Baumgruppen

Wiesenpieper

Die Stadt Bühl und das Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe haben heute, 10. Oktober 2022, in einem Pressegespräch darüber informiert, dass auf den Eigentumsflächen der Stadt Bühl auf dem Hochkopf ab Mitte Oktober 2022 Gehölze entfernt werden. Die Arbeiten werden in Eigenregie der Stadt Bühl durchgeführt und mit Finanzmitteln aus der Landschaftspflegerichtlinie des Landes gefördert. Ziel der Gehölzentfernung ist die Offenhaltung der Grindenflächen (Bezeichnung für die fast baumfreien Feuchtheiden auf den abgeflachten Buntsandstein-Höhenrücken des Nordschwarzwaldes): Offene Grinden sind der Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Wiesenpiepers. Um diesen Lebensraum zu erhalten und das Überleben des Wiesenpiepers zu sichern sind regelmäßige Gehölzentfernungen auf den Grindenflächen notwendig.

Die Gehölzarbeiten werden in Kooperation mit der Stadt Bühl, des Regierungspräsidiums Karlsruhe, der Abteilung Forstdirektion des Regierungspräsidiums Freiburg und des Landkreises Rastatt durchgeführt. Der vom Regierungspräsidium Karlsruhe beauftragter Biologe, Fabian Anger, begleitet die Maßnahme naturschutzfachlich vor Ort.

Die Arbeiten werden mit Finanzmitteln des Landes aus der Landschaftspflegerichtlinie gefördert. Die Mittel stellt das Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe auf Antrag der Stadt Bühl bereit. Die Stadt Bühl trägt durch die Übernahme eines Eigenanteils der entstehenden Kosten und durch die Organisation der Maßnahmen wesentlich zum Gelingen des Vorhabens bei. Die Naturschutzbehörde im Landratsamt Rastatt sorgt durch zügige Bearbeitung des Landschaftspflegeantrags für die verwaltungstechnische Vorbereitung und Abwicklung der Maßnahme. Da die Grindenflächen am Hochkopf Teil des Waldschutzgebiets (Schonwalds) „Hochkopf-Pfriemackerkopf“ sind, waren auch die Abteilung Forstdirektion des Regierungspräsidiums Freiburg und die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA) bei der Planung involviert.

Die Arbeiten werden vom Forstbetrieb der Stadt Bühl mit einem Team von sechs Forstwirten und drei Auszubildenden ab Mitte Oktober 2022 durchgeführt. Es werden hauptsächlich Fichten und Fichtengruppen sowie einzelne Latschenkiefergruppen entfernt, sodass wieder eine offene Grindenfläche mit wenigen Einzelbäumen entsteht. Das anfallende Holz wird vor Ort gehäckselt und der energetischen Nutzung zugeführt. Für den Herbst 2023 ist eine Weiterführung der Gehölzpflegemaßnahme geplant.

Der Wiesenpieper steht stellvertretend für viele andere Arten extensiv genutzter Offenlandschaften, bei denen der Artenschwund meist unmerklich von statten geht. Beispiele für diese seltenen Arten sind Heuschrecken, wie der Warzenbeißer und die alpine Gebirgsschrecke. Die Gehölzentnahme dient auch diesen Arten.

Auf dem Hochkopf befindet sich eine der größten verbliebenen Grindenflächen. Bis heute werden die Flächen dort, beauftragt von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Rastatt, durch die Schäferei Marianne Burger gepflegt. Auch die Förster der Stadt Bühl haben regelmäßig Gehölze entfernt, um ein Zuwachsen zu verhindern. Die verbleibende Fläche ist jedoch für die Erhaltung von Offenlandarten nicht ausreichend. Die Population des Wiesenpiepers auf dem Hochkopf ist mittlerweile auf ein letztes verbliebenes Brutpaar geschrumpft. Um das Aussterben des Wiesenpiepers zu verhindern und die Grindenflächen offenzuhalten, werden deshalb jetzt weitere Gehölze entfernt.

Hintergrundinformationen Wiesenpieper und Bodenbrüter

In den letzten Jahrzehnten ist ein landesweiter Rückgang vieler Vogelarten, insbesondere aber der Bodenbrüter bemerkbar. Der Wiesenpieper, der einst in großer Zahl die Wiesen und Weiden Baden-Württembergs besiedelte, ist heutzutage selten geworden. Mehr noch: als vom Aussterben bedrohte Tierart steht er unter europäischem Schutz und wurde deshalb auch ins Artenschutzprogramm des Landes Baden-Württemberg aufgenommen. Eines der letzten Vorkommen befindet sich auf den offenen Grindenflächen des Nordschwarzwaldes. Entstanden sind diese waldfreien Flächen in den Hochlagen entlang des Hauptkamms im Nordschwarzwald im 16. Jahrhundert durch Abholzung, Brandrodung und anschließende Beweidung. Nach Aufgabe dieser Landnutzung ab Ende des 19. Jahrhunderts sind die Grinden durch natürliche Verbuschung und gezielte Aufforstung größtenteils zugewachsen. Heute existieren noch 200 von ehemals 2000 ha dieses Lebensraumtyps.

Hintergrundinformationen: Warum Landschaftspflege heute wichtig ist

Die Landschaft, in der wir in Baden-Württemberg leben, ist schon lange keine Naturlandschaft mehr, sondern wurde seit Jahrhunderten intensiv vom Menschen geprägt: Durch Ackerbau, Weide- und Waldwirtschaft entstand eine kleinteilige, reich strukturierte Kulturlandschaft, die Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten wurde. Mit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Artenrückgang, der sich in den letzten Jahrzehnten massiv beschleunigt hat. Dabei spielt neben der Nutzungsintensivierung auch die Aufgabe der Bewirtschaftung eine Rolle. Betroffen sind davon vor allem ertragsschwache Standorte. Auf ehemals gemähten oder beweideten Flächen kommen erst Gestrüpp und Gebüsche auf, nach und nach etablieren sich zunehmend Waldarten, die die Offenlandarten verdrängen. Über Jahrhunderte entstandene Lebensräume und ihre Artengemeinschaften gehen so verloren. Ohne naturschutzfachliche Landschaftspflege ist Natur- und Artenschutz daher inzwischen nicht mehr denkbar. Indem die ehemalige Grünlandnutzung wiederaufgenommen wird, werden günstige Bedingungen für licht- und wärmeliebende Arten geschaffen.

Hintergrundinformationen Natura 2000 und Schutzgebiete

Aufgrund der besonderen, landesweiten Bedeutung der Grinde auf dem Hochkopf für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten wurde dieser Bereich in das Vogelschutzgebiet „Nordschwarzwald“ und in das Fauna-Flora-Habitat (FFH-Gebiet) „Talschwarzwald zwischen Bühlertal und Forbach“, als Teil der europäischen Schutzgebietskulisse „Natura 2000“ miteinbezogen. Der Erhalt der Wiesenpieperpopulation ist auch wesentlicher Bestandteil des gerade in Aufstellung befindlichen FFH-Managementplans für das Vogelschutzgebiet „Nordschwarzwald“.

Gleichzeitig ist diese urtümliche und landschaftlich sehr eindrucksvolle Bergkuppe als Landschaftsschutzgebiet und Schonwald ausgewiesen worden. Von vielen Wanderern wird der Ausblick vom höchsten Punkt des Hochkopfs in das Rheintal und auf die umliegenden Berge, sehr geschätzt.

Weitere Informationen zum Thema im Internet:

Die Abgrenzung der Schutzgebiete finden Sie im Umwelt Daten- und Kartendienst der LUBW.

Informationen zur Abteilung Forst der Stadt Bühl

Landschaftspflege der Regierungspräsidien

Umsetzung des Artenschutzprogramms

LUBW
Regierungspräsidien