Pressemitteilung

Naturschutzgebiet „Battertfelsen beim Schloss Hohenbaden“

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder stellte Maßnahmen zum Schutz des Wanderfalkens vor

Der seit 2004 wieder am „Battertfelsen“ brütende Wanderfalke ist in Gefahr:

Trotz optimaler Bedingungen an seinem Horstplatz an der „Badener Wand“ ist der Bruterfolg im Vergleich zum landesweiten Durchschnitt und zu den weiteren Wanderfalkenrevieren in der näheren Umgebung unterdurchschnittlich. In den vergangenen fünf Jahren gab es sogar nur noch eine erfolgreiche Brut. Zurückzuführen ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Störungen von Personen, die die geltenden Auflagen zur Nutzung des Naturschutzgebietes nicht einhalten.

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder hatte deshalb am 23. Mai 2022, Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Baden-Baden, der Forstdirektion, von ForstBW, des NABU Baden-Württemberg, des Landesnaturschutzverbandes, des BUND Baden-Württemberg, des Deutschen Alpenvereins Baden-Württemberg und des Schwarzwaldvereins Baden-Württemberg eingeladen, um gemeinsam über Schutzmaßnahmen für den Wanderfalken zu sprechen. (Pressemitteilung vom 23. Mai 2022). Diskussionsgrundlage des Treffens war das vom Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe überarbeitete Schutzkonzept.

Die dazu insbesondere von den Freizeitsportverbänden vorgetragenen Vorschläge wurden vom Regierungspräsidium in den letzten Monaten intensiv geprüft. Auf Anregung der Verbände hatte das Regierungspräsidium außerdem von Dr. Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie, Radolfzell, das vom Regierungspräsidium Karlsruhe am 23. Mai 2022 vorgestellte Schutzkonzept auf seine Erfolgsaussichten überprüfen lassen. Dieser konnte bestätigen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen dazu geeignet sind, die jetzige Situation zu verbessern. Dr. Frank Rau hatte dafür die von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalken im NABU seit 2008 gesammelten Daten zugeliefert, die eindrücklich zeigen, dass der Bruterfolg an der Badener Wand kontinuierlich abgenommen hat.

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder hat heute, 9. November 2022, zusammen mit Experten aus dem Naturschutzreferat im Regierungspräsidium Karlsruhe, dem Sachverständigen des oben genannten Max-Planck-Instituts, Herrn Dr. Wolfang Fiedler, sowie Herrn Dr. Frank Rau von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW) im Naturschutzbund Deutschland (NABU), in einem Pressegespräch, die Ergebnisse der Prüfung vorgestellt und dazu anschließend Fragen der Medien beantwortet.

Während in anderen Naturschutzgebieten das Klettern generell untersagt ist, behält sich das Regierungspräsidium Karlsruhe mit seiner bereits am 30. Juni 1981 erlassenen Naturschutzgebietsverordnung Battertfelsen lediglich vor, dass einzelne Kletterwege zur Förderung des Schutzgebietes gesperrt werden können. Da die bisherigen Maßnahmen zum Schutz des Wanderfalkens nicht zu dem gewünschten Bruterfolg geführt haben, wurde das Schutzkonzept nun dahingehend überarbeitet.

Änderungen im derzeitigen Schutzkonzept

  1. Die „Badener Wand“, einer von 20 Kletterfelsen im Naturschutzgebiet Battertfelsen, wird ab dem 1. Januar 2023 als Vorrangfläche für den Naturschutz vollständig beruhigt und ganzjährig – zunächst für die nächsten fünf Jahre – zum Klettern gesperrt werden. Bisher konnte an der Wand halbjährlich geklettert werden. Wesentlich dabei wird die Entfernung der Klettereinrichtung in der Wand sein. Damit soll illegales Klettern, das bisher in Einzelfällen stets ein Problem war, zukünftig vermieden werden.
  2. Sperrung des Blockhaldenwegs unterhalb der Badener Wand im Rahmen der neuen Wegekonzeption der Forstverwaltung.
  3. Vollständige Entfernung der Felsenbrücke. Selbst durch massive Absperrungen konnte hier bisher die Nutzung des Felsens zur Brutzeit nicht unterbunden werden.
  4. Geplant ist außerdem, gemeinsam mit den Gleitschirmfliegern eine Lösung für einen ausreichenden Mindestabstand beim Überfliegen der Badener Wand zu finden. Bisher gibt es dazu keine Vereinbarung.
  5. Besucher sollen auf das Schutzgebiet außerdem durch eine verbesserte Besucherinformation und Besucherlenkung durch Portaltafeln und Wegweisern aufmerksam gemacht werden.

Die neue Kletterregelung wird durch eine Allgemeinverfügung der unteren Naturschutzbehörde, der Stadt Baden-Baden, rechtzeitig vor dem neuen Brutzeitraum erlassen werden.

Begründung

Die vorgetragenen Alternativvorschläge der Freizeitsportverbände zur Vermeidung einer ganzjährigen Sperrung der „Badener Wand“ bringen keine ausreichende Sicherheit für eine Verbesserung der Situation:

Eine zeitlich befristete Sperrung wäre nach den vorliegenden Erfahrungen für die notwendige Beruhigung des Brutplatzes nicht ausreichend. Auch die bisherigen Überwachungsversuche führten zu keinem Erfolg. Eine von den Verbänden vorgeschlagene Rangerstelle würde für zwei hauptamtliche Ranger Kosten in Höhe von rund 120.000 Euro verursachen. Aber auch selbst dann wäre keine lückenlose Überwachung, insbesondere an den besucherstarken Wochenenden und Feiertagen möglich. Ebenso würde eine Optimierung des Horstplatzes die bestehenden Probleme nicht lösen.

In der Abwägung geht der europäische Artenschutz – zumal es sich um ein Fauna-Flora-Habitat-Gebiet und um ein Naturschutzgebiet handelt – den Interessen des Klettersports vor. Die Maßnahmen sind auch verhältnismäßig, da mit der Sperrung der Baden-Wand lediglich einer von 20 Felsen zum Klettern entfällt – damit bleiben rund 90 % der Klettermöglichkeiten am Battertmassiv erhalten. Auch für Wanderer bleiben mehrere Felsköpfe mit vergleichbar herausragender Fernsicht zugänglich.

Um weitere Erkenntnisse zu möglichen Verlustursachen zu gewinnen, wird das Regierungspräsidium das von den Sportverbänden vorgeschlagene Brutmonitoring mittels Wildtierkamera aufgreifen. Dazu wird es eine entsprechende wissenschaftliche Studie, die zum Vergleich weitere Brutstätten einschließen wird, beauftragen. Die Kosten dafür bewegen sich in einem fünfstelligen Bereich.

Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder wies darauf hin, dass die erweiterten Schutzmaßnahmen gelebter Artenschutz seien. „Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Aufgabe den Wanderfalken zu schützen, wenn dieser in Gefahr ist. Er braucht einen Bereich um den Horst, der ganz der Natur vorbehalten ist, auch wenn die damit verbundenen Schutzmaßnahmen nicht immer im Sinne aller Beteiligten sind“, so Felder.

Alle Maßnahmen des überarbeiteten Schutzkonzeptes, insbesondere die bei den Sportverbänden auf Kritik gestoßene Maßnahme der Sperrung der „Badener Wand“, werden auch weiterhin von der AGW begleitet und evaluiert werden.

Hintergrund Wanderfalken am Battert

Der Wanderfalke ist eine Art der europäischen Vogelschutz-Richtlinie und nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Hierzu zählt neben dem Tötungs- und Schädigungsverbot auch ein Störungsverbot während Fortpflanzungs- Aufzucht- Mauser- Überwinterungs- und Wanderungszeiten sowie der Schutz der Lebensstätte vor Schädigung und Vernichtung unabhängig von einer Reproduktion.

Die Wanderfalken brüten seit 2004 wieder im Naturschutzgebiet Battertfelsen. Der Horstplatz an der „Badener Wand“, einem von insgesamt 20 Felsen am Battert, ist dafür ideal geeignet. Raubsäuger gelangen schlecht an den Horst und es gibt zudem eine kleine Nische, die die Jungvögel bei besonders schlechtem Wetter schützt. Trotz dieser eigentlich günstigen Voraussetzungen hatten die Wanderfalken am Battert im Vergleich zum landesweiten Durchschnitt und im Vergleich zu den weiteren Wanderfalkenrevieren in der näheren Umgebung in den letzten elf Jahren einen unterdurchschnittlichen und weiter abnehmenden Bruterfolg. In den vergangenen fünf Jahren war am Battert sogar nur eine Brut erfolgreich. Ursächlich dafür sind Störungen, für die häufig Personen verantwortlich sind, die geltende Schutzregelungen nicht einhalten.

Zum Schutz vor Störungen der Greifvögel in der empfindlichen Zeit der Balz, Brut und Jungenaufzucht gelten spezielle Regelungen zur Besucherlenkung und für den Klettersport. In dieser Zeit sind bislang die Felsenbrücke und ein Teil der Kletterrouten an der Badener Wand durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Baden-Baden gesperrt. Verstöße gegen die erlassene Allgemeinverfügung können mit hohen Bußgeldern bis hin zur Freiheitsstrafe geahndet werden.

Störungen im Umfeld des Wanderfalkenhorstes können zum Verlust der Gelege oder Jungvögel führen. Die Falkeneier können ohne Schutz der Altvögel durch Auskühlen oder Überhitzen schnell absterben. Gleiches gilt für bereits geschlüpften Jungvögel, da diese in den ersten Tagen die Körpertemperatur noch nicht selbst regulieren können und auf Wärme der Elterntiere oder den Schatten derer Flügel angewiesen sind. Verlassene Eier und Jungvögel sind zudem leichte Beute für Fressfeinde. Werden fütternde Elterntiere durch Störungen vom Horst ferngehalten, kann es zum Verhungern der Jungvögel kommen.

Naturgenuss und Naturerlebnis sind von den Sperrungen aber nur wenig beeinträchtigt: Wanderer haben im Naturschutzgebiet an weiteren Wegpunkten entlang des Rundweges die Möglichkeit, die schöne Aussicht in das Oostal bis hin zum Rhein zu genießen und die Felsen zu erleben. In der Nähe des Alten Schlosses liegt die Ritterplatte und in Richtung Osten kann man bei der Bergwachthütte auf die Felsköpfe steigen. Auch für die Klettersportler sind im Naturschutzgebiet viele Alternativen vorhanden. Es stehen weitere Klettermöglichkeiten an den übrigen 19 Battertfelsen mit über 300 Kletterrouten verschiedenster Schwierigkeitsgrade bis hin zu alpinem Niveau und darüber hinaus noch viele mehr im übrigen Nordschwarzwald zur Verfügung.