Bild zeigt 2 Menschen im Gespräch

Kompetenzstelle Arbeitspsychologie, Betriebliches Gesundheitsmanagement

Leitung

Dagmar B. Veigel
Referat 96

 

Hotline

0711 904-39666
arbeitspsychologie@rps.bwl.de

Montag
07:00 - 11:00 Uhr

Außerhalb der Zeiten ist ein Anrufbeantworter geschaltet.

 

Tiefgreifende Veränderungen in der Arbeitswelt, wie Globalisierung, Digitalisierung, Klimaveränderungen und demografischer Wandel stellen Herausforderungen für die Unternehmen und deren Beschäftigte in noch nie zuvor gekannten Ausmaßen dar. Gravierende und fundamentale Veränderungen der Arbeitsverhältnisse vollziehen sich umfassend in einer hohen Geschwindigkeit. Einerseits entstehen für die Menschen neue Arbeitsanforderungen, beispielsweise durch deutlich mehr Flexibilisierung, mobile Arbeit, hohe Arbeitsintensität was zu Unsicherheit und Ängsten führt. Andererseits besteht bei den Unternehmen die Verantwortung, für schädigungsfreie Arbeitsverhältnisse in ihren Unternehmen zu sorgen.

 

Im Arbeitsschutzgesetz ist deshalb das Instrument der Gefährdungsbeurteilung verankert, das von den Arbeitgebern verlangt, für alle Arbeitsplätze und Tätigkeiten in ihrem Unternehmen eine Beurteilung der Gefährdungen durchzuführen. Alle Unternehmensbereiche werden systematisch überprüft, notwendige Schutzmaßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes werden ermittelt, umgesetzt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und gegebenenfalls überarbeitet. Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, ermöglicht die Gefährdungsbeurteilung den Unternehmen einen systematischen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz. Ändern sich relevante Gegebenheiten wird eine Anpassung der Schutzmaßnahmen notwendig.

Die aktuelle Situation der Corona-Pandemie ist eine solche Gegebenheit, auf die mit einer umgehenden Anpassung der Gefährdungsbeurteilung reagiert werden muss. Durch das potentiell erhöhte Risiko für die Beschäftigten entsteht für die Arbeitgeber ein hoher Handlungs-, Beratungs- und Kontrollbedarf im Arbeitsschutz.

 

Zur Unterstützung des Arbeitsschutzes wurde die „Hotline Arbeitspsychologie“ eingerichtet. Sie bietet Unterstützung zu Betriebsbesichtigungen sowie bei der Kontrolle der Gefährdungsbeurteilung mit dem Schwerpunkt auf psychische Belastungen. Der Fokus liegt auf der Einhaltung der Prozessschritte, Identifizierung psychologischer Belastungsfaktoren sowie der Ableitung wirksamer Maßnahmen zur Gefährdungsreduktion. Es soll aber auch anderen Akteuren im Arbeitsschutz, wie zum Beispiel Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzten oder Mitarbeitervertretern Tipps zur Umsetzung gegeben werden.

Die „Hotline Arbeitspsychologie“ kombiniert Kenntnisse der Arbeits- und Organisationspsychologie mit dem Arbeitsschutz, der Pflicht zur Verschwiegenheit und Erfahrung in Gesprächsführung. Immer wieder wird ganz speziell die arbeitspsychologische Expertise angefragt. Hinter einer anfänglich einfachen Frage kann sich ein Komplex an Themen verbergen, welche durch gute Gesprächsführung identifiziert und dann im Sinne eines „Routing“ an andere Zuständigkeiten verwiesen werden.

 

Die Arbeits- und Organisationspsychologie ist ein Teilgebiet der angewandten Psychologie und beschäftigt sich mit der systematischen Untersuchung von menschlichem Erleben und Verhalten im Arbeitskontext und in Organisationen. Der hohe Praxisbezug bezieht Erkenntnisse weiterer psychologischer Anwendungsfelder, wie Klinische Psychologie, Verkehrspsychologie, Gesundheitspsychologie sowie Ökologische Psychologie, mit ein.

Gemäß dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen und Belastungen ihrer Beschäftigten zu ermitteln, zu beurteilen und die erforderlichen Arbeitsschutz-Maßnahmen festzulegen und umzusetzen, wobei auch die psychischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen sind (ArbSchG §§ 3-6).

Als „Psychische Belastung“ wird die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken, bezeichnet. In der Arbeitswelt sind dies Anforderungen aus den Arbeitsverhältnissen, wie der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, der Arbeitsumgebung, den sozialen Beziehungen sowie den Atypischen oder Neuen Beschäftigungsformen. Diese Belastungen lösen beim Menschen Reaktionen aus, im positiven als auch im negativen Sinne, die als psychische Beanspruchung bezeichnet werden. Psychische Belastungsfaktoren, wie z.B. zu wenig Handlungsspielraum, zu hohe Arbeitsintensität, lange Arbeitszeiten, viele Überstunden, ungünstig gestaltete Schichtarbeit, fehlender Rückhalt durch Führungskräfte, beinhalten ein hohes gesundheitliches Risiko, was zu mehr und schwereren Arbeitsunfällen, schweren körperlichen und psychischen Erkrankungen führen kann.

Die aktuelle Situation der Corona-Pandemie stellt eine zusätzliche hohe psychische Belastung dar, die sich in unterschiedlichen Aspekten ausdrückt. Die Gefährdungsbeurteilung muss angepasst werden, und mit ihr sind auch die psychischen Belastungen neu zu bewerten. Um Verordnungen und Richtlinien zur Eindämmung der Corona-Pandemie einzuhalten, müssen Arbeitstätigkeiten umgestaltet, Arbeitsorganisationen neu strukturiert, Umgebungsfaktoren gestaltet werden. Soziale Beziehungen am Arbeitsplatz stehen plötzlich auf dem Prüfstand, wenn die Kollegen unter hoher Arbeitsintensität, schlechter Arbeitsplanung und schlechtem Arbeitsklima klagen. Auch Ängste der Mitarbeiter im Hinblick auf Corona müssen dabei berücksichtigt werden, vor allem wenn sie zu den definierten Risikogruppen gehören. Hier sollte näher auf das Erleben der Ängste der Mitarbeiter und die Notwendigkeit zu handeln eingegangen werden.