Zwei Fahrradfahrer begegnen sich auf einem sehr schmalen Fahrradweg im Flughafentunnel. Darunter ist in blau eine Zeitlinie eingefügt

Flughafentunnel: Verbesserung für den Rad- und Fußverkehr zwischen Stuttgart-Plieningen und Filderstadt-Bernhausen

Zahlen & Fakten

Planungsstand: Machbarkeitsuntersuchung
Vorhabenträger: Land Baden-Württemberg
DTV W3: rd. 19.000 KfZ/24h
Kosten: rd. 4,5-5 Mio. Euro (Var. 2.1 mit Radwegbrücke)
Möglicher Baubeginn: 2026/27

Aktueller Stand des Verfahrens

Eine Machbarkeitsstudie wurde erstellt. Derzeit läuft die Verkehrsuntersuchung, erste Ergebnisse liegen vor, Verkehrsprognose 2035/2040 und die Untersuchung der Auswirkungen auf die Knotenpunkte im nachgelagerten Netz stehen noch aus.

Das Projekt

Ausgangslage

Der Flughafentunnel zwischen Stuttgart-Plieningen und Filderstadt-Bernhausen ist aktuell für den motorisierten Verkehr in beide Richtungen mit einem Fahrstreifen je Fahrtrichtung befahrbar. Neben den zwei Fahrspuren gibt es einen schmalen höher gelegten Gehweg. Dieser ist für den Fuß- und Radverkehr freigegeben, jedoch über eine lange Strecke nur 1m breit. Für die Radfahrenden ist diese Verkehrsverbindung unzureichend und bedarf einer Verbesserung.

Die Verkehrssituation des Flughafentunnels für den Fuß- und Radverkehr zu verbessern, ist sowohl im RadNetz BW als auch im Regionalverkehrsplan (2018) vorgesehen. Für Radnetzverbindungen im Radnetz BW gibt es Qualitätsstandards. Diese sollen auch im Flughafentunnel erreicht werden, um die Sicherheit auf dieser Verkehrsachse zu gewährleisten und eine attraktive Radwegführung zu erhalten.

Eine erhöhte Dringlichkeit ergibt sich durch die Planung der Radschnellverbindung (RSV) „Fildern 2: Stuttgart – Leinfelden-Echterdingen – Filderstadt“. Hier ist die Trasse durch den Flughafentunnel geplant, sodass eine Verbesserung zumindest auf den Standard des RadNetz BW an dieser Stelle zwingend notwendig wird.

Aktuell wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie und Verkehrsuntersuchung eine Lösung zur Erreichung dieser Standards innerhalb der bestehenden Infrastruktur untersucht.

Ziele der Maßnahme

  • Sicherheit für Zu-Fußgehende & Radfahrende erhöhen
  • Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs
  • Lückenschluss der Radnetzverbindung
  • Anpassung der bestehenden Infrastruktur an die vorgegebenen Radnetz-Standards

Geplante Maßnahmen

Die Machbarkeitsstudie „Radwegekonzept Flughafentunnel B312“ (bauliche Untersuchung) in Verbindung mit den ersten Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung zeigen, dass eine einseitige Sperrung des Flughafentunnels in Richtung Nord (Plieningen) für den Autoverkehr die baulich und finanziell attraktivere Lösung darstellt.

Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen wird die Sperrung des Flughafentunnels in Fahrtrichtung Nord empfohlen. Für diesen Planfall gibt es die geringste zu verlagernde Verkehrsmenge und die Fahrzeitverluste sind am geringsten. Auch für die Verkehrssicherheit stellt sich diese Variante bislang positiv dar: ein Rückstau im Tunnel ist nicht zu erwarten, die angestrebte Qualitätsstufe D für den Knoten 1 am Nordportal kann erreicht werden und der Knoten Plieninger Str. / Gottlieb-Manz-Str. in Bernhausen wird nicht überstaut. Für die Einsatzfahrzeuge des Flughafens ist diese Variante ebenfalls vorteilhaft.

Die Verkehrsuntersuchung wird gerade durchgeführt. Eine Prognose über die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes bei einer Teilsperrung für den zukünftigen Verkehr 2034/2040 steht daher noch aus. Bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann, ist das Ergebnis der simulierten Belastung des Straßennetzes abzuwarten. Erst dann lassen sich die verkehrlichen Auswirkungen und zu erwartenden Vor- und Nachteile abwägen.

 

Der Gehweg im Stuttgarter Flughafentunnel ist auf ca. 385m nur ca. 1m breit, am südlichen Ende des Tunnels wird der Gehweg für 124m ca. 1,50m breit. Begegnen sich Radfahrer mit Fußgängern wird es so eng, dass der Radfahrer mit dem Lenker die Wand berührt. Ein zügiges Fahren in sicherem Abstand zu den Fußgängerinnen ist nicht möglich.
Begegnen sich zwei Radfahrende im engen Abschnitt des Tunnels bleibt nur: absteigen, Lenker anheben und vorsichtig aneinander vorbeidrücken. Handelt es sich bei einem Fahrrad um ein E-Bike, Lastenrad oder Fahrrad mit Anhänger wird es für Fußgänger und andere Radfahrende abenteuerlich.

Die bestehende Situation erfüllt nicht die Sicherheitsstandards für den Fuß- und Radverkehr, dazu müsste bei einem gemeinsamen Geh- und Radweg mindestens eine Gesamtbreite von 2,50m vorliegen. (Quelle: „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010), Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL 2012).)

Mit Blick auf das Vorantreiben eines sicheren Radnetzes stellt der Flughafentunnel für den Radverkehr einen wichtigen Lückenschluss dar. Im RadNetz BW ist die Verbesserung der verkehrlichen Situation für den Radverkehr bereits als Maßnahme vorgesehen.

Zusätzlich erhöht sich der Handlungsbedarf, da die Trasse der Radschnellverbindung (RSV) „Fildern 2: Stuttgart – Leinfelden-Echterdingen – Filderstadt“ durch den Flughafentunnel geplant ist. Eine alternative Routenführung ist nur mit erheblichen Umwegen möglich.

In den Machbarkeitsstudien zu Radschnellverbindungen der Stadt Stuttgart (Juni 2020) sowie des Landkreises Esslingen (2023) ergab die Untersuchung, ein Potential von 4800 Radfahrenden pro Tag. Das bedeutet, dass sogar das Potential für eine Radschnellverbindung besteht. In diesem Falle wären eine Fahrbahnbreite von 3m für den Radverkehr und ein Gehweg von min. 1m Fuß vorzusehen.

 

Die Fahrradfahrenden können die Fahrbahnen des Flughafentunnels nicht gemeinsam mit dem motorisierten Verkehr nutzen. Dafür ist einerseits die Verkehrsbelastung zu hoch (ca. 19.500 KfZ/24h) und andererseits der Tunnelquerschnitt zu schmal – ein gefahrloses Überholen ist kaum möglich.

Die Benutzung der Fahrbahnen wurde in den Jahren 2002-2006 umfassend und wiederkehrend beraten, diskutiert und geprüft. Im Jahr 2001 hat die Verkehrsbehörde aus Verkehrssicherheitsgründen ein Verbot für den Radverkehr auf der Fahrbahn des Flughafentunnels ausgesprochen.

Diese Entscheidung wurde im Januar 2006 durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgarts bestätigt.

 

Nachdem 2001 das Verkehrsverbot für die Radfahrenden ausgesprochen wurde, fand eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit statt. Die Möglichkeit einer „Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h“ wurde jedoch vom Verwaltungsgericht nicht als milderes Mittel anerkannt. Die Gefahrenlage bliebe auch bei 30 km/h bestehen, da rechtswidrige Überholvorgänge durch die Reduzierung der Geschwindigkeit faktisch nicht verhindert werden können.

 

 

Im Jahr 2021 wurde erneut die Idee durch Herrn OB Traub, Stadt Filderstadt, geäußert, den Radverkehr auf die Fahrbahnen zu verlegen und durch den Bau einer Mitteltrennung zwischen Fahrtrichtungen zu sichern, da Überholmanöver unterbunden werden.

Bei genauerer Prüfung lässt sich diese Idee nicht realisieren. Für eine bauliche Mitteltrennung fehlt im Tunnel der Platz. Darüber hinaus kann beim Bau einer Mitteltrennung der Betriebsdienst und die Tunnelsicherheit nicht mehr gewährleistet werden.

 

Der Bau eines neuen Tunnels wurde untersucht, jedoch aus einer Vielzahl von Gründen als Lösung verworfen (vgl. die Machbarkeitsstudie „Radwegekonzept Flughafentunnel B 312 unter Planungsunterlagen). Es wurden sechs verschiedene Führungen in einem separaten Tunnel untersucht. Beim Bau eines neuen Tunnels müssen Erschütterungen, Senkungen oder eine Beeinträchtigung des Flugverkehrs verhindert werden. Das hat zur Folge, dass alle Tunnelvarianten besonders tief liegen müssen. Das wiederum erschwert den Bau selbst und verkompliziert den Zugang für den Rad- und Fußverkehr (Rampen, Aufzüge etc.). Das führt zu Tunnellängen von bis zu 1300m.
In der Gesamtschau entstünden sehr hohe Kosten von zum Teil mehr als 100 Millionen Euro.
Das sind extrem hohe Kosten für einen separaten Tunnel, der im Betrieb wegen der Tieflage unattraktiv für den Fuß- und Radverkehrs sein wird. Diese Varianten werden daher nicht weiter verfolgt.

 

Von der Ortsmitte Bernhausen nach Plieningen in die Ortsmitte sind es durch den Tunnel ca. 3km. Der Flughafen kann außerdem entweder östlich oder westlich umfahren werden. Beides bedeutet für eine Radfahrerin von Bernhausen aus einen Umweg: die östliche Umfahrung sind ca. 6km, bei der westlichen Umfahrung muss sie ca. 8,4km zurücklegen. Im Vergleich zu der Empfehlungsvariante sind die Umfahrungsmöglichkeiten mindestens doppelt so lang. Die hohe landwirtschaftliche Nutzung der östlichen Umfahrungsstrecke ist für den Radverkehr eine weitere Erschwernis und zieht Folgekosten nach sich: Um die Qualitätsstandards zu erreichen, muss der Radweg nach den Ernteeinsätzen regelmäßig gereinigt werden.

Die östliche Umfahrungsvariante entspricht im weitesten Sinne dem RadNetz BW-Standard, ist jedoch doppelt so lang. Die Fahrzeit eines Radfahrers erhöht sich damit um ca. 10min bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15km/h. Diese Umfahrungsvariante hat den Vorteil, dass der Flughafentunnel für den Kfz-Verkehr bestehen bleiben kann und die Radfahrenden getrennt vom motorisierten Individualverkehr fahren können. Ergänzend zur doppelten Distanz müssen als Nachteile die Nutzungskonflikte mit dem landwirtschaftlichen Verkehr angeführt werden und die Verfehlung des Ziels eines Radschnellweges. Radschnellwege sollen geschaffen werden mit dem Ziel einer schnellen und direkten Verbindung. Die östliche (sowie auch die westliche) Umfahrungsvariante sind klare Umwege und die indirekte Linienführung widerspricht dieser Zielsetzung.

 

Für den motorisierten Verkehr ergeben sich durch das gut ausgebaute Straßennetz von B27, A8, L1204, L1208A, L 1209 zahlreiche Umfahrungsmöglichkeiten. Jede dieser Umfahrungen ist – von Ortsmitte Bernhausen nach Ortsmitte Plieningen – ein Umweg.

 

Theoretisch wäre denkbar, dass der Kfz-Verkehr auf der einen verbleibenden Fahrspur blockweise durch den Flughafentunnel geleitet wird. Dies könnte mit einem kurzzeitigen Wechsel oder tageszeitlich durchgeführt werden.

In der Verkehrssimulation zeigt sich im Modell beim kurzzeitigen Wechsel, dass es zu sehr hohen Wartezeiten und einem sehr langen Rückstau kommt. Das führt dann zu ähnlichem Verlagerungsverkehr auf das umliegende Straßennetz wie bei einer dauerhaften Sperrung oder zu langen Rückstaus. Eine Blockabfertigung die kurzzeitig durchgeführt wird, kann daher nicht in Erwägung gezogen werden.

Die zweite Variante wäre ein tageszeitlicher Wechsel. Ein solches Modell ist nur für Ortskundige hilfreich und bringt nur einen geringen Vorteil gegenüber der dauerhaften Sperrung. Während der „Sperrzeit“ kommt es zu Verlagerungswirkungen, ähnlich wie bei einer dauerhaften Sperrung. Dieses Modell wird aufgrund der fehlenden Vorteile nicht weiter verfolgt.

 

Bei einer Radfahrschleuse würde der Radverkehr den Tunnel vor dem Kfz-Pulk durchqueren. Konkret bedeutet das eine langsame Durchfahrt des motorisierten Verkehrs hinter den Radfahrenden, statt 50km/h oder 30km/h würden die PKWs sowie die Einsatzfahrzeuge und Busse mit ca. 15km/h fahren. In einem solchen Fall können lange Wartezeiten entstehen – auch für die Radfahrenden. Außerdem ist die Fahrt für Radfahrende dicht gefolgt von sich stauenden PKWs weder angenehm noch sicher.
Das wären Qualitätseinschränkungen, die dem ursprünglichen Ziel der Maßnahme entgegensteht: Sicherheit, direkte und schnelle Verbindung für den Radverkehr.

Eine Radfahrschleuse ist zum aktuellen Zeitpunkt daher nicht vorgesehen.

 

In dieser denkbaren Lösung würde der Radverkehr auf beiden Seiten des Tunnels eine Signalanlage (Ampel) erhalten. Nach der Anforderung wird der Tunnel geräumt und die Radfahrenden können dann ohne motorisierten Verkehr den Tunnel passieren.

Diese Umsetzung bedeutet in der Realität lange Räumzeiten (ca.134 Sekunden), das hat längere Wartezeiten für den motorisierten Verkehr zur Folge und führt zu Rückstau auf die benachbarten Knoten (Kreuzungen).

Für die Radfahrer ist es zwar angenehmer alleine den Tunnel zu passieren als vor PKWs dicht vorher zu fahren, jedoch sind auch hier die Wartezeiten unverhältnismäßig: die für den motorisierten Verkehr notwenigen Grünzeiten sind min. 240 Sekunden, hinzu kommen die ggf. viel längere Wartezeiten durch die zeitversetzen Anforderungen der Radfahrenden. Außerdem ist das dann zu erwartende Pulkfahren der Fahrräder rechtlich nicht zulässig.