Ein Pferd trabt über eine Weide. Im Hintergrund blickt man auf Bäume.

Schlachtstatus Pferd

Warum es eine Wahl gibt und welche Voraussetzungen zu erfüllen sind:

Stand: April 2024

Der Tiermedizin steht eine große Auswahl an Arzneimitteln für die Behandlung ihrer Patienten zur Verfügung. Diese Auswahl wurde vom Gesetzgeber für Lebensmittel liefernde Tiere auf Wirkstoffe beschränkt, die bei sachgemäßer Anwendung keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen haben. Pferde nehmen hierbei eine Sonderstellung ein.

Grundsätzlich werden Pferde als Lebensmittel liefernde Tiere geboren wie Rinder oder Schweine. Bei Lebensmittel liefernden Tieren dürfen aus Gründen des Verbraucherschutzes nur Wirkstoffe verwendet werden, die in Tabelle 1 der Rückstandshöchstmengenverordnung gelistet sind. Der Einsatz anderer Wirkstoffe ist verboten. Anders als bei Rindern oder Schweinen wurden für Pferde aufgrund ihrer Verwendung im Sport und ihres Daseins als Wegefährte Sonderregelungen eingeräumt.

Zusätzlich zu den Wirkstoffen der Rückstandshöchstmengenverordnung dürfen bei Pferden Wirkstoffe aus der sogenannten „Positivliste“ verwendet werden, ohne dass diese hierfür ihren Status als „Schlachtpferd“ verlieren. Die „Positivliste“ enthält Wirkstoffe mit einem wesentlichen klinischen Nutzen, für die es keine bei Lebensmittel liefernden Tieren zulässigen Wirkstoffe gibt. Voraussetzung für die Verwendung dieser zusätzlichen Wirkstoffe ist, dass die Anwendung im Equidenpass eingetragen und eine Wartezeit von 6 Monaten festgelegt werden muss (der Equidenpass muss also vorliegen!).

Für Indikationen, für die es Arzneimittel gibt, die bei Lebensmittel liefernden Tieren eingesetzt werden dürfen, wurden keine weiteren Wirkstoffe in die Positivliste aufgenommen. So wurde Phenylbutazon nicht in die Positivliste aufgenommen, da es genug andere Schmerzmittel und Entzündungshemmer gibt, deren Einsatz bei Lebensmittel liefernden Tieren möglich ist.

Ein weiteres Sonderstellungsmerkmal bei Pferden liegt in der Möglichkeit, den „Schlachtstatus“ verändern zu können.

Wird bei einem Pferd eine Diagnose gestellt, für deren Behandlung weder nach Rückstandshöchstmengenverordnung noch in der „Positivliste“ zulässige Wirkstoffe zur Verfügung stehen, kann der Schlachtstatus geändert werden. Das Pferd wird per Eintrag im Equidenpass unwiderruflich von der Schlachtung zum menschlichen Verzehr ausgenommen. Für diese dann „nicht-Schlachtpferde“ steht, wie für andere nicht-Lebensmittel liefernden Tiere, das gesamte Arzneimittelsortiment unter Einhaltung der Umwidmungskaskade zur Verfügung. Während früher die Willenserklärung der Besitzerin/des Besitzers oder die Überzeugungskraft der Tierärztin/des Tierarztes ausreichend war, um diesen Eintrag im Equidenpass vornehmen zu können, darf seit der neusten EquidenpassVO aus dem Jahr 2021 der Schlachtstatus nur noch dann geändert werden, wenn das Therapieziel mit den zulässigen Wirkstoffen nicht erreicht werden kann. Weiterhin darf dieser Eintrag nur noch durch die Tierärztin/den Tierarzt oder die zuständige Behörde vorgenommen werden, nicht mehr durch die Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer.

Was auch früher bereits nur als Ausnahme gedacht war, hat sich mittlerweile eher zur Regel entwickelt. Tierärztinnen und Tierärzte wollen sich Dokumentationspflichten ersparen und so manche Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer leiden unter der Vorstellung, dass ihre Lieblinge (theoretisch) irgendwann geschlachtet werden könnten.

 

Was sind häufige Folgen davon, dass die Ausnahme zur Regel wurde?

 

  • Tierärtzinnen und Tierärzte verlassen sich oft auf die Aussage der Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer, dass das Pferd kein Schlachttier sei und behandeln die Pferde entsprechend. Stichproben in Tierarztpraxen und auf Reitturnieren zeigen immer wieder, dass Lebensmittel liefernde Pferde wie nicht Lebensmittel liefernde Tiere behandelt werden. Sollten diese Pferde einmal nicht mehr gewünscht sein, können sie problemlos beim Schlachter landen. Mit möglichen Folgen für den Verbraucherschutz.
     
  • Nicht alle Besitzerinnen und Besitzer können oder wollen es sich leisten, ihrem Pferd bis zum natürlichen Lebensende ein schönes Leben zu bieten. Für eine Euthanasie aber bedarf es eines vernünftigen Grundes. Finanzielle Gründe gelten nicht als vernünftiger Grund, um ein Tier einzuschläfern. Die Lebensmittelproduktion hingegen gilt als vernünftiger Grund. Wenn der Weg der Schlachtung ausgeschlossen wurde und sich kein neuer Besitzer / keine neue Besitzerin finden lässt, führt dies nicht selten zu massiven Tierschutzproblemen.

Stand: April 2024

Rechtliche Grundlagen