Erfolgreiche Kiebitzbrut im Naturschutzgebiet „Lappen und Eiderbachgraben“

Nachzügler könnten in den nächsten Tagen schlüpfen

Im Natur- und Vogelschutzgebiet „Lappen und Eiderbachgraben“ zwischen Buchen und Walldürn sind Anfang Juni die ersten Kiebitze flügge geworden. Infolge des Kälteeinbruchs im April gab es jedoch Nachgelege, die teilweise erst in den kommenden Tagen schlüpfen werden. Von den Landbewirtschaftenden wird deshalb besondere Rücksichtnahme verlangt.

Durch die anhaltenden Niederschläge seit dem letzten Herbst waren die Bedingungen für die Watvögel diese Saison sehr günstig. Der diesjährige Bruterfolg kann sich aber auch sehen lassen: Sieben bis acht Brutpaare haben im „Lappen“ gebrütet und bisher über 15 Junge aufgezogen. Damit ist für die letzten Jahre ein neuer Rekord erreicht. Jahrelang war es den „Lappen“-Kiebitzen überhaupt nicht mehr gelungen, ihren Nachwuchs durchzubringen! Erst seit 2021 schützt ein Elektrozaun die Bodenbrüter während der Brut- und Aufzuchtzeit vor allzu hungrigen Beutegreifern.

Zum Erfolg des Projekts tragen auch der Einsatz von Ehrenamtlichen vor Ort und die Kooperationsbereitschaft der Landbewirtschaftenden bei. Zwei Drittel des Naturschutzgebiets werden inzwischen unter besonderen naturschutzfachlichen Auflagen bewirtschaftet. Dafür werden von der Unteren Naturschutzbehörde Fördergelder aus der Landschaftspflegerichtlinie ausgezahlt. Die Beobachtung der Kiebitze übernimmt in diesem Jahr erstmals ein ganzes Team von Ehrenamtlichen: Mitglieder des Biotopschutzbunds Walldürn, des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) Buchen, des Naturschutzbunds (NABU) Mosbach und der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (OGBW) Neckar-Odenwald unterstützen das Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe, seit der langjährige Betreuer Peter Rückert aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten muss.

Wenn die letzten Jungvögel flugfähig sind, wird der Elektrozaun durch den Pflegetrupp des Regierungspräsidiums abgebaut werden. Dann bleibt zu hoffen, dass einige der jungen Kiebitze nächstes Jahr zu ihrer Kinderstube zurückkehren werden und die Population weiter wachsen kann.

Hintergrundinformationen zum Kiebitz

Der Vogel des Jahres 2024 ist in Baden-Württemberg vom Aussterben bedroht. Wie bei anderen Feld- und Wiesenvögeln auch sind ihre Bestände in den letzten Jahrzehnten europaweit stark eingebrochen, denn ihre Lebensbedingungen haben sich durch Zersiedlung und Intensivierung der Landwirtschaft zunehmend verschlechtert. Im Natur- und Vogelschutzgebiet „Lappen“ befindet sich das letzte Bruthabitat im gesamten Neckar-Odenwald-Kreis.

Der Kiebitz ist ein ausgesprochener Kulturfolger. Er besiedelt vor allem landwirtschaftliche Nutzflächen: Wiesen, Weiden und Äcker, die durch hohe Grundwasserstände besonders feucht sind. Dabei meiden die Vögel Gehölzstrukturen und andere Sichtbarrieren, um rechtzeitig auf mögliche Fressfeinde aufmerksam zu werden. Hauptnahrung der Kiebitze sind Insekten, Spinnen und wirbellose Kleintiere wie Würmer am und im Boden. In feuchten, artenreichen Wiesen mit lückiger Vegetation finden sie besonders viel davon.

Ihre Eier legen Kiebitze in offenen Nestmulden am Boden ab. Das macht sie besonders störungsanfällig – und zu einer leichten Beute für Füchse, Waschbären & Co. Die Jungen, meist vier an der Zahl, sind Nestflüchter, die ihr Nest kurz nach dem Schlupf verlassen. Nach etwa vier Wochen sind sie flugfähig und kurz darauf selbstständig. Jedoch kommen bei Weitem nicht alle Eier zum Schlupf, und im Durchschnitt überleben nur rund 60% der flüggen Jungvögel ihr erstes Lebensjahr.

Im Herbst ziehen Kiebitze in großen Schwärmen in westlicher oder südwestlicher Richtung, etwa nach Frankreich oder Spanien. Dabei reagieren sie auf die Witterung und weichen bei Eis und Schnee in mildere Regionen aus. Auch nach der Rückkehr ins Brutgebiet kann es so noch einmal zu Rückwärtsbewegungen kommen.

Kiebitze können über 20 Jahre alt werden. Sie kehren häufig an ihren angestammten Brutplatz zurück, können sich zum Beispiel nach Brutverlusten aber auch über viele Kilometer umsiedeln. Begrenzender Faktor ist dabei der Mangel an geeigneten Brutlebensräumen. Um einen Bestand stabil zu halten, ist ein Bruterfolg von mindestens 0,8 flüggen Jungvögeln pro Brutpaar und Jahr nötig. Wichtigste Schutzmaßnahmen sind daher die Erhaltung und Entwicklung geeigneter Bruthabitate sowie der Schutz der Gelege vor Störungen und Fressfeinden.

Der kurze Film des Regierungspräsidiums Stuttgart „Eine Insel für den Kiebitz“ zeigt, neben der Lebensweise des Vogels, mit welchen Maßnahmen ihm geholfen werden kann. Abrufbar ist der Film auf der Homepage des RP Stuttgart.

Weitere Infos zum Kiebitz 

Hintergrundinformationen zum Natur- und Vogelschutzgebiet „Lappen und Eiderbachgraben“

Das Naturschutzgebiet „Lappen und Eiderbachgraben“ liegt zwischen Buchen und Waldürrn. Es ist über 60 Hektar groß und steht bereits seit über 40 Jahren unter Schutz (1979: Erste Ausweisung; 1996: Erweiterung und neue Ausweisung). Im Gebiet wächst ein Mosaik aus blumenbunten Mähwiesen, feuchten Sumpfdotterblumenwiesen, Seggenrieden und Feuchtgehölzen. Der Eiderbach durchfließt das Gebiet und speist einige kleinere Wasserflächen. Die Böden sind lehmig und wasserstauend. So entsteht im Frühjahr bis in den Sommer hinein eine ausgedehnte Wasserfläche. Die biologische Vielfalt ist groß: unzählige Insektenarten nutzen die vielfältigen Pflanzen, zahlreiche Amphibien laichen in den Wasserflächen und Wiesenbrüter bauen ihre Nester in den ausgedehnten Wiesenbereichen. Besondere Bedeutung hat das Gebiet als Rastgebiet für Zugvögel. In Baden-Württemberg sind rund zwei Prozent der Landesfläche als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Wie in jedem Naturschutzgebiet gilt: Erholungssuchende müssen auf den Wegen bleiben und jede Störung der Tiere ist verboten. Schilder weisen in den Gebieten auf die besonderen Verhaltensregeln hin.

Weitere Informationen bieten die Steckbriefe im Schutzgebietsverzeichnis der Landesanstalt für Umweltschutz unter > Themen Natur und Landschaft > Flächenschutz > Schutzgebietsverzeichnis Steckbriefe.

Das Naturschutzgebiet steht auch unter europäischem Schutz. Es ist als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) und gleichzeitig als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Die Europäische FFH-Richtlinie von 1992 und die Vogelschutzrichtlinie von 1979 dienen dazu, das europäische Naturerbe über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinweg zu erhalten und einen günstigen Zustand zu entwickeln. Der „Lappen“ bei Walldürn ist Lebensstätte für zahlreiche heimische Vogelarten und darüber hinaus auch ein wichtiger Rastplatz für Wat- und Wasservögel. Auf ihrem Zug in nördliche Brutgebiete rasten im Frühjahr Kampfläufer, Grünschenkel und Bruchwasserläufer. Der Natura 2000-Managementplan zum FFH-Gebiet „Odenwaldtäler zwischen Schloßau und Walldürn“ und dem Vogelschutzgebiet „Lappen bei Walldürn“ mit Informationen zu den europäisch geschützten Lebensräumen und Arten wurde 2017 fertiggestellt und ist auf der Homepage der Landesanstalt für Umwelt verfügbar unter > Themen Natur und Landschaft > Europäische Naturschutzrichtlinien FFH-Richtlinie > Management und Sicherung > MaP Endfassungen zum Download.

Hintergrundinformationen zur Landschaftspflegerichtlinie

Die Landschaftspflegerichtlinie des Landes Baden-Württemberg regelt die Beauftragung von Landschaftspflege-Arbeiten, den Abschluss von Landschaftspflege-Verträgen und bietet auch die Möglichkeit für Kommunen, Vereine und Privatleute, Anträge auf Fördermittel zur Landschaftspflege zu stellen. Finanzmittel aus der Landschaftspflegerichtlinie stehen dabei sowohl dem Naturschutzreferat am Regierungspräsidium Karlsruhe als auch der Unteren Naturschutzbehörde zur Verfügung.

Landbewirtschaftende erhalten aus Mitteln der Landschaftspflegerichtlinie einen finanziellen Ausgleich, wenn sie bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen bestimmte naturschutzfachliche Auflagen einhalten. Dies können etwa ein Verzicht auf Düngemittel, ein angepasster Bewirtschaftungstermin oder das Belassen von Altgrasstreifen sein. In Naturschutzgebieten finden seit 2022 zusätzliche Sondermodule für die naturschutzgerechte Bewirtschaftung von Äckern Anwendung. Beratung erhalten Landbewirtschaftende bei den Unteren Naturschutzbehörden und den Landschaftserhaltungsverbänden.

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