Bundesweit sind bisher etwa 890 Jugendliche oder junge Erwachsene nach Syrien oder in den Irak gereist, um dort den Islamischen Staat oder andere terroristische Gruppierungen zu unterstützen. In Baden-Württemberg liegen Hinweise auf circa 50 Personen vor, die in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind. Bei einem Drittel davon handelt es sich um weibliche Personen. Die Ausreise einer 16-jährigen Schülerin aus Konstanz nach Syrien machte bundesweit Schlagzeilen. Radikalisierende Orientierungsangebote können also auf einen Teil von Jugendlichen anziehend wirken. Sie stellen die Gesellschaft und damit auch ihre Schulen vor große Herausforderungen.
„Wie erreichen wir Jugendliche, die sich von extremistischen Ansichten radikaler Gruppen angesprochen fühlen?“ Mit dieser Frage beschäftigte sich am Dienstag, 28.11. eine Fachtagung im Bürgersaal und im Gymnasium Wilhelmsdorf (Landkreis Ravensburg), die das Regierungspräsidium Tübingen zusammen mit dem Polizeipräsidium Konstanz und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg veranstaltet hat. Dr. Susanne Pacher, Abteilungspräsidentin für Schule und Bildung am Regierungspräsidium Tübingen, warf vor 100 Lehrerinnen und Lehrern aus den Regierungsbezirken Tübingen und Freiburg ganz praktische Fragen auf: „Wenn ein Schüler als Profilbild in einem sozialen Netzwerk einen gewaltbereiten Isis-Kämpfer einstellt, was ist dann zu tun? Und wie verhält man sich als Lehrkraft angemessen, wenn man einen Schülerchat mit verdächtigen Inhalten zur Kenntnis bekommt?“ In Vorträgen und Workshops informierten Fachleute aus den Reihen von Polizei und Schule, sowie von weiteren staatlichen und kirchlichen Trägern über die Sachlage und mögliche Schritte zur Radikalisierungsprävention in der Schule. Besonders aufrüttelnd waren die Erkenntnisse aus dem Kompetenzzentrum zur Koordinierung des Präventionsnetzwerks gegen (islamischen) Extremismus in Baden-Württemberg (KPEBW): „Jugendliche mit jedem erdenklichen Hintergrund sind radikalisierbar oder zumindest empfindsam für radikale Ideologien. Es gibt keine soziale Schicht, die davon ausgenommen wäre.“
In einigen Schulen haben Lehrerinnen und Lehrer schon die Frage aufgeworfen, wie sie mit den Radikalisierungstendenzen einzelner junger Menschen umgehen sollen. Die Frage nach Hilfsangeboten ist laut geworden. Ziel der Tagung war, Lehrerinnen und Lehrer für Radikalisierungstendenzen von Jugendlichen zu sensibilisieren und ihnen Anregungen zu geben, aktiv damit umzugehen. In zwei Workshop-Runden boten die Polizei und regionale Kompetenzzentren die Möglichkeit, Fragen von Prävention und Intervention zu diskutieren und sich über verschiedene Unterstützungsangebote zu informieren. Gerold Sigg, der neue Leiter des Polizeipräsidiums Konstanz, dankte den anwesenden Lehrerinnen und Lehrern, dass sie beim Umgang mit Radikalisierungstendenzen nicht wegschauen wollen, sondern sich der großen gesellschaftlichen Herausforderung stellen damit umzugehen.
Hinweis an die Redaktionen:
Für Fragen zu dieser Pressemitteilung steht Ihnen Herr Dr. Stefan Meißner, Pressesprecher für Schule und Bildung, Tel. 07071 / 757-2137, gerne zur Verfügung.