In einer Feierstunde wurden heute vier Museen von Regierungspräsident Klaus Tappeser und dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Heimatpflege, Karlheinz Geppert, im Obstbaumuseum Glems ausgezeichnet. Der Preis „Vorbildliches Heimatmuseum 2024“ wurde an das Obstbaumuseum Glems und das Museum im Amannhof in Rottenburg verliehen.
Zwei weitere Auszeichnungen „Anerkennung Digitales Museum“ erhielten das Weinbaumuseum Metzingen und das Benedict-Nimser-Museum in Wilhelmsdorf. Der Museumswettbewerb wird alle zwei Jahre vom Arbeitskreis Heimatpflege im Regierungsbezirk Tübingen e.V., dessen Geschäftsführung beim Regierungspräsidium Tübingen liegt, veranstaltet. Er fand dieses Jahr bereits zum 15. Mal statt.
Die Jury hat unter der Leitung des Arbeitskreisvorsitzenden Karlheinz Geppert die Preisträger ausgewählt. Als Sachverständige war zum ersten Mal Frau Dr. Karin Bürkert, Akademische Rätin am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen, Mitglied der Jury.
Für die Auszeichnungen war vor allem das vielfältige innovative Engagement der überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich, die durch kreative Ideen und Projekte ihr Museum lebendig und attraktiv präsentieren und zu reichhaltigem Erfahrungsaustausch anregen.
Zu den einzelnen Preisträgern:
Obstbaumuseum Glems
Das Obstbaumuseum Glems ist in der ehemaligen Glemser Weinkelter. Bereits im Mittelalter wurde in Glems Wein angebaut, während der Obstbau und die damit verbundene Mostherstellung erst im 17. Jahrhundert begann.
Die ersten Planungen für das Obstbaumuseum begannen im Jahr 2002. Im März 2003 wurde ein Förderverein gegründet, ein Jahr später wurde das Museum eingeweiht. Seitdem betreut der Förderverein das Museum und bietet Führungen und Bewirtungen an.
Mit viel Liebe zum Detail kennzeichnet das Obstbaumuseum seine Ausstellung. In der alten Glemser Kelter bekommen Sie Lust, selbst zur Presse zu greifen, um Ihren eigenen Apfel- oder Birnensaft zu machen. Interessant, sachkundig und anschaulich führt die Ausstellung durch Hintergründe und Besonderheiten der Streuobstkultur. Besucher erhalten einen Überblick über alle Schritte der Bepflanzung und Verarbeitung. Mosten, Schnapsbrennen, Einwecken, Dörren und das Einkochen von Marmelade sind einerseits museal präsentiert, andererseits können die Produkte dieser traditionsreichen Haltbarmachung und Verarbeitung von Obst auch in der Gaststube des Museums verköstigt und im kleinen Museumslädle gekauft werden.
Der Förderverein Obstbaumuseum besteht aus rund 100 Mitgliedern. Menschen die sich für ihre Heimat, die Natur und die Erhaltung der Obstbaukultur einsetzen. Der aktive Teil des Vereins kümmert sich um den Erhalt des Keltergebäudes mit den dazugehörigen Außenanlagen, die Ausstellungsstücke, sowie den Veranstaltungsbereich mit Küche und Mostkeller. Die Pflege des Birnenweges, wie auch der Betrieb der Mosterei mit der vereinseigenen Erhitzungsanlage für „bag in box“ obliegt ebenfalls dem Verein. Momentan wird die Mosterei von einem Vereinsmitglied in Eigenregie gegen entsprechende Abgabe betrieben. Die Hauptaufgabe des Vereins ist es jedoch das Obstbaumuseum mit Leben zu füllen. Dies geschieht zum einen durch wiederkehrende, öffentliche Veranstaltungen mit Bewirtung oder durch das Öffnen des Museums an Sonn- und Feiertagen von Anfang April bis Ende Oktober. Führungen von ganzen Gruppen werden ebenfalls mit Bewirtung durchgeführt.
In der Summe, Breite und Vielfalt der Aktivitäten ist ein besonders eindrucksvolles ehrenamtliches Engagement zu spüren, welches das Gesicht des Obstbaumuseums heute prägt und trägt. Das Obstbaumuseum steht auf einem starken Fundament – auch für die Zukunft.
Museum im Amannhof in Rottenburg
Am 22. Juli 2022 wurde mit dem Gebäude Amannhof 11 in Rottenburg ein neues stadthistorisches Museum eröffnet. Das Gebäude wurde in den Jahren 1715 bis 1719 im Bereich des Bühler Hofes, einem Adelshof in der Südostecke der Altstadt, als Gefängnisturm des vorderösterreichischen Oberamts Rottenburg erbaut.
Ursprünglich beinhaltete das unmittelbar an die Stadtmauer anschließende dreigeschossige Steinhaus bis zu 18 Arrestzellen unterschiedlicher Art. Nach Errichtung eines neuen Gefängnisses in den Jahren 1829 bis 1832 wurde das Gebäude 1833 verkauft und in ein Ackerbürgerhaus umgewandelt. Glückliche Umstände führten dazu, dass das Gebäude von der Stadt Rottenburg erworben und dem Sülchgauer Altertumsverein (SAV) zur Einrichtung eines neuen stadthistorischen Museums zur Verfügung gestellt werden konnte. Bei der durch den SAV durchgeführten und finanzierten Sanierung wurden die Spuren der einstigen Nutzung behutsam gesichert und die Räume mit Gegenständen aus der umfangreichen Sammlung des SAV ausgestattet.
Präsentiert werden Facetten der Stadtgeschichte, wie das mittelalterliche Stadtquartier, Strafvollzug und Justiz, Bürgerliche Wohnkulturen, Handwerk und mehr. Die inhaltliche Planung des jüngsten Museums in Rottenburg unter dem Stichwort „Kerker, Handwerk, Wohnkulturen“ war ein gemeinsames Projekt der ehrenamtlichen Mitglieder des Vorstands des SAV.
Die Arbeit für das Museum geschieht ehrenamtlich, intensiv und langfristig, zusammen mit der Stadt Rottenburg: Das ist „vorbildlich“ und daher preiswürdig.
Weinbaumuseum Metzingen
Das Weinbaumuseum Metzingen erhält einen Anerkennungspreis „Digitales Museum“. Das Museum wurde 1979 eröffnet. Es ist eines der interessantesten Weinbaumuseen im Land, das mit seinen zusammengetragenen Exponaten aus Metzinger Familien und Umgebung das frühere Leben und die Weinbau-Technik bis in die heutige Zeit dokumentiert.
27 Stationen erzählen über die lokale und regionale Weinbaugeschichte und die aufgestellten Exponate nehmen die Besucher mit zurück bis in das
11. Jahrhundert. „Räumerkarren“, „Wengertschütz“, oder der über 350 Jahre alte, 12 Meter lange und 6 Meter hohe „Kelterbaum“ sind dabei interessante Zeitzeugen.
Das Museum befindet sich in der Herrschaftskelter am Kelterplatz in Metzingen. Der Kelterplatz mit seinen sieben Keltern wird häufig als das Wahrzeichen der Stadt bezeichnet.
Seit 2024 gibt es im Weinbaumuseum Metzingen einen digitalen Audio-Guide.
Dieser begleitet den Besuch des Weinbaumuseums über eine App. Alles, was dazu benötigt wird, ist ein Smartphone mit Kopfhörer.
Mit diesem digitalen Museumsführer erhält man viele spannende Informationen zu allen Ausstellungsstücken, entweder zum Nachlesen oder durch Vorleser - in Deutsch, Englisch und Französisch.
Benedict-Nimser-Museum Wilhelmsdorf
Das Benedict-Nimser-Museum Wilhelmsdorf erhält einen Anerkennungspreis „Digitales Museum“. Die besondere und rührende Geschichte von Wilhelmsdorf wurde über viele Jahre in dem letzten original erhalten Siedlerhaus erzählt.
Dieses wurde seinerzeit von Benedict Nimser bewohnt. Das Haus wurde in den Jahren 1825 bis 1826 erbaut. Der Haustyp entspricht der ursprünglichen Hausform nach dem alle Wilhelmsdorfer Häuser ab 1824 erbaut wurden. Die Vorgabe des Solidariums für die Häuser war einstöckig und gleiche Größe.
Benedict Nimser kam aus Schlesien und ließ sich am Ende seiner Wanderjahre 1826 in Wilhelmsdorf nieder. Nimser war Gemeinderechner in Wilhelmsdorf und hatte in der wirtschaftlich schwierigen Zeit von Wilhelmsdorf die undankbare Aufgabe, das Geld zu verwalten. Er prägte die Aussage: „Gott ist den Armen am Nächsten.“
Das Haus in der Zußdorfer Straße, direkt an der Rotach gelegen, erhielt den Namen „Benedict Nimser Haus“. Das Gebäude beherbergte bis 2020 ein Museum als Erinnerungsstätte über die Geschichte von Wilhelmsdorf.
Aus ökonomischen Gründen, aber auch, um die Zeitgeschichte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, ist aus diesem örtlichen Museum im Jahr 2022 ein digitales Museum entstanden.
Auf der Homepage www.nimser-haus.de können Jung und Alt einen virtuellen Rundgang durch das Haus machen und sich barrierefrei in die Zeit der Gründungsväter hineinversetzen lassen.
Die digitale Führung leitet durch jeden Raum des ehemaligen Nimser-Hauses und veranschaulicht anhand der Möbel und Gegenstände das Leben, das die ersten Siedler geführt haben.
Etwas sehr Besonderes ist die Kinderführung, die in einfachen Worten und zum Teil auch in spannenden Geschichten die Inhalte vermittelt.
Hintergrundinformation:
Der Arbeitskreis Heimatpflege im Regierungsbezirk Tübingen e.V. ist der Dachverband der in der Heimatpflege im Regierungsbezirk Tübingen tätigen Organisationen und Verbände. Seit seiner Gründung im Jahr 1985 unterstützt der Arbeitskreis Heimatpflege Vereine und Verbände, die sich mit der Heimat und der Heimatpflege beschäftigen.
Heimatpflege bedeutet für den Arbeitskreis vorwiegend, mit ehrenamtlichem Engagement den wiedererkannten hohen Stellenwert der Heimat in einer zusammengerückten Welt verständlich zu machen. Heimatliebe und Weltoffenheit sind in einer globalisierten Welt keine Gegensätze. Der Begriff „Heimat“ wird weit und offen gefasst, er betrifft nicht nur Erinnerungskultur. Heimat ist keinesfalls Reservat für wenige, sondern bietet Raum für viele.