Eine sportlich aussehende Fahrradfahrerein fährt auf einem Fahrradweg einen Berg hinauf

Fünf Fragen an Viktoria Manka

Thema: Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Planung von Radschnellverbindungen

 

Frau Manka, Sie sind Referentin für Öffentlichkeitsbeteiligung des Regierungspräsidiums Tübingen. Ein aktuelles Thema, das Sie beschäftigt, sind die sogenannten Radschnellverbindungen: Qualitativ hochwertige, direkt geführte und leistungsstarke Verbindungen von mindestens 5,0 Kilometern zwischen den Kreisen und Kommunen.

Zurzeit werden im Regierungsbezirk folgende Radschnellverbindungen geplant:

Tübingen – Rottenburg

Tübingen – Reutlingen

Potenzialanalyse
Grundlage für die Planung von Radschnellwegen ist die landesweite Potenzialanalyse mit der die Landesregierung im März 2018 einen ersten Überblick gegeben hat, welche Strecken grundsätzlich als Radschnellverbindung geeignet sind. Dies ist vergleichbar mit der Bedarfsplanung für Bundes- und Landesstraßen. Anschließend wurden vom Land Machbarkeitsstudien beauftragt um eine belastbare Grundlage zu schaffen, um schnell und zielgerichtet planen zu können.

Planfeststellungsverfahren
Je nach Verbindungsfunktion und Verkehrsbedeutung im Alltagsradverkehr werden Radschnellverbindungen als Landes-, Kreis- oder Gemeindestraßen eingestuft. Das Land ist Baulastträger, wenn eine regionale oder überregionale Verbindungsfunktion vorliegt und außerorts ein Verkehrspotenzial von mindestens 2.500 Fahrradfahrten/Tag besteht.
Die Planungsprozesse sind hierbei ähnlich komplex wie der Bau einer Straße für den Kfz-Verkehr. Wird bei der Planung eines Radschnellweges, wie bei jedem anderen öffentlichen Infrastrukturvorhaben, durch die Planfeststellungsbehörde eine sogenannte Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) festgestellt, ergibt sich die Erfordernis eines Planfeststellungsverfahrens zur Erlangung des Baurechts.

Beim Radschnellweg Tübingen – Rottenburg wird dies notwendig sein, da im März 2021 die UVP-Pflicht festgestellt wurde.

Vorplanung | Entwurfsplanung
Die Vorplanung, in der verschiedene Varianten hinsichtlich verkehrlicher und struktureller Aspekte sowie Belange des Arten- und Naturschutzes untersucht und miteinander verglichen werden, mündet in der Wahl der Vorzugsvariante, die der weiteren Planung zur Schaffung des Baurechts zugrunde gelegt wird. Nach Erarbeitung der Vorzugsvariante wird die Entwurfsplanung erstellt, die vom Verkehrsministerium zu genehmigen ist. Dieser Genehmigung schließt sich das Planfeststellungsverfahren an. 

Um einen Kommunikationsfluss zu schaffen müssen immer alle Beteiligten, demnach die Bevölkerung und der Vorhabenträger kooperieren.

Voraussetzung hierfür ist das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Informationsbeschaffung und die Bringschuld der Verwaltung für die Bereitstellung von Informationen und die Eröffnung von Beteiligungsmöglichkeiten.

Bürgerbeteiligung sollte so früh wie möglich nach der Vorhabensidee umgesetzt werden und ist noch vor Beginn des Raumordnungs-/, Planfeststellungs-/ oder Genehmigungsverfahren anzusiedeln. Das Land als Vorhabenträger muss die Öffentlichkeit somit schon sehr früh in den Planungsprozess miteinbeziehen.

Am Anfang jeder Bürgerbeteiligung steht das Beteiligungs-Scoping. In diesem soll gemeinsam mit allen relevanten Akteuren ein Fahrplan erstellt werden, der die Beteiligung bspw. die Beteiligungsformate für die kommenden Jahre festlegt. Dieses Instrument ist in der Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg vorgeschrieben und dient als Entlastung und Absicherung für den Vorhabenträger.

Formelle und informelle Bürgerbeteiligung

Bei der Bürgerbeteiligung wird zwischen der formellen (gesetzlich vorgeschriebenen) und der informellen („freiwilligen“) Bürgerbeteiligung unterschieden. Die formelle Beteiligung (bspw. Erhebung von Einwendungen) wird auf allen Verfahrensebenen durch informelle Formate ergänzt, dazu zählen: Projektbegleitende Arbeitskreise, Informationsveranstaltungen, Runde Tische, Medien- und Pressearbeit, Beteiligungskarten, Bürgersprechstunden und viele weitere Formate. Besonders für Radschnellverbindungen würden sich Radtouren anbieten, um zukünftige Strecken gemeinsamen abzufahren und zu diskutieren.

Jedes dieser Formate ist je nach Projekt und Projektart anzupassen und anzuwenden. Geht es um den Dialog werden Bürgersprechstunden bevorzugt, während sich bei der Information der breiten Öffentlichkeit eine Informationsveranstaltung anbietet. Alle Belange der Bürgerschaft werden im Vorfeld gemeinsam mit dem Projektteam abgewogen. Anschließend wird das passende Format gewählt.

Da das Thema Bürgerbeteiligung in jedem Planungsprojekt präsent und nicht wegzudenken ist, kann man sich bei Fragen und Anregungen immer direkt an das Planungsteam wenden. Die entsprechenden Kontaktmöglichkeiten sind auf den einzelnen Projektseiten zu finden. In den meisten Fällen werden diese Fragen dann ebenfalls von mir bearbeitet und beantwortet, da ich (Viktoria Veronika Manka) die Ansprechperson des Regierungspräsidiums Tübingen für Bürgerbeteiligung bin. Gerne kann man mich auch direkt unter meiner E-Mailadresse erreichen: ViktoriaVeronika.Manka@rpt.bwl.de

Der direkte Dialog mit Bürgern ist für uns von enormer Bedeutung. Erreichen uns Anfragen zum Thema Beteiligung, so rufen wir gerne auch bei den Bürgern an und lösen alle Probleme im direkten Gespräch. Dementsprechend müssen Sie keine Scheu haben die Nummer auf unserer Beteiligungsseite zu wählen.

Wie Frau Staatsrätin Bosch in einem Interview betonte: „Überall wo es schwierig wird, sollte die dialogische Bürgerbeteiligung angestoßen werden.“ Somit wird deutlich: Ohne die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger können Planungsprojekte bspw. bei Radschnellverbindungen gar nicht umgesetzt werden. Deshalb ist es essenziell die Bevölkerung frühzeitig und kontinuierlich zu beteiligen. Das ist auch ein Erfolgsgarant – durch Kommunikation werden dem Vorhabenträger frühzeitig Probleme oder Alternativen aufgezeigt. So kann die Bürgerschaft mitgestalten, Empfehlungen abgeben oder Ihre Anforderungen äußern. Die Planungsteams sind auf die Hinweise der Öffentlichkeit angewiesen, um relevante Aspekte der Planung berücksichtigen zu können. Somit kann gesagt werden, dass Bürgerbeteiligung ein Beratungsprozess ist, der im besten Fall entscheidungsvorbereitend wirkt.