Naturschutzgebiet Lupfen bei Talheim (Landkreis Tuttlingen)

Am 01. März 2024 ist die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Lupfen“ auf dem Gebiet der Gemeinde Talheim im Landkreis Tuttlingen in Kraft getreten.

Besonderheiten des Gebiets

Das Naturschutzgebiet am Lupfen umfasst 101 Hektar und beherbergt zahlreiche gefährdete Biotope. Sie sind Lebensraum vieler, zum Teil stark gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Neben 14 verschiedenen Heuschreckenarten kommen mit Wachtel und Bluthänfling auch zwei Vogelarten am Lupfen vor, die stark zurückgehen. Darüber hinaus gibt es seltene Orchideenarten in Wäldern und Magerrasen.

Durch aufwendige Pflegemaßnahmen ist es in den letzten 15 Jahren gelungen, Teile der verbuschenden Wacholderheiden wieder herzustellen und zu beweiden. Sie sind die artenreichsten Lebensräume am Lupfen.

Berücksichtigung vieler Perspektiven

Im Verordnungsentwurf vom 2. Mai 2023 waren bereits u.a. umfangreiche Ausnahmeregelungen enthalten:

  • Die Feste „Funkenfeuer“ und „Baartreffen“ sind weiterhin ohne größere Einschränkungen möglich. Zahlreiche Ausnahmen gibt es auch für andere Feste und Veranstaltungen der örtlichen Vereine. Sonstige (bspw. private) Veranstaltungen mit bis zu 40 Personen sind ebenfalls zulässig.
  • Zugelassene Grillstellen können auch in Zukunft genutzt werden.
  • Unter Beachtung des Wegegebotes kann auch weiterhin im Gebiet gepicknickt werden.
  • Der Geocaching-Punkt auf dem Lupfenturm kann weiterhin bespielt werden.
  • Es besteht eine Ausnahmemöglichkeit zur Ausbringung von Gülle.

In der Finalfassung der Verordnung vom 08. Februar 2024 wurden noch einige Anpassungen im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Regelungen vorgenommen. Im Bereich der Freizeitnutzungen wurde die Regelung für Veranstaltungen der örtlichen Vereine flexibilisiert.

  • Das Verbot zum Befahren des Waldes und nichtöffentlicher Wege mit dem Auto (Waldgesetz, Straßenverkehrsordnung) gilt weiterhin.
  • Mit dem PKW darf auf den bisher dafür zugelassenen Straßen und Plätzen gefahren bzw. geparkt werden. Die derzeit für den öffentlichen Verkehr zugelassenen Straßen können bei der zuständigen Gemeinde Talheim erfragt werden.
  • Auf allen befestigten Feld- und Waldwegen im Gebiet darf wie bisher geritten, spaziert und mit dem Fahrrad gefahren werden. Auch die markierten Wanderwege dürfen weiterhin genutzt werden. Wegekarte (pdf)
  • Verbot zum Fahrradfahren auf Wegen unter zwei Metern Breite im Wald (Waldgesetz)
  • Verbot zum Hinterlassen von und Lagern von Müll o.Ä. (Kreislaufwirtschaftsgesetz)
  • Verbot zur Veränderung der Bodengestalt (Landschaftsschutzgebietsverordnung)
  • Verbot, neu aufzuforsten (Landschaftsschutzgebietsverordnung)
  • Verbot zum Zelten im Gebiet (Landschaftsschutzgebietsverordnung)
  • Verbot baulicher Maßnahmen, z. B. der Aufbau von Hütten anlässlich verschiedener Feierlichkeiten (Landschaftsschutzgebietsverordnung)
  • Austausch der Gemeinde mit zuständigen Behörden bei naturschutzfachlichen Auswirkungen
  • Die im Schutzgebiet bereits befindlichen Ruhebänke können nach wie vor genutzt und Instand gehalten werden. Insbesondere können die Aufstellorte ausgemäht werden und zu diesem Zweck auch die Wege verlassen werden
  1. Erstellung der fachlichen Würdigung sowie darauf basierend eines ersten Abgrenzungs- und Verordnungsentwurfs
     
  2. Erste (interne) Abstimmung mit anderen Fachbehörden des Regierungspräsidiums (bspw. Landwirtschaft und/oder Forst) und ggf. Anpassung der Entwürfe
     
  3. Förmliches Beteiligungs- und Öffentlichkeitsverfahren nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Naturschutzgesetz BW. Es dient dazu, Bedenken und Anregungen zum Ausweisungsvorhaben bei der höheren Naturschutzbehörde durch Abgabe einer Stellungnahme vorzubringen.

    - Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (u.a. betroffene Gemeinde(n), Behörden, ggf. Landwirtschafts- und Naturschutzverbände). Eine direkte Beteiligung der betroffenen Eigentümer ist gesetzlich nicht vorgesehen.

    - Bekanntmachung der Auslegung der Unterlagen im Staatsanzeiger sowie auf der Internetseite der höheren und der unteren Naturschutzbehörde. Die Gemeinden können die Bekanntmachung ebenfalls auf ihrer Internetseite oder in anderer Form bekannt machen. 

    - Auslegung der Unterlagen (Verordnung und Karte) bei der höheren Naturschutzbehörde.

    Beteiligung und Auslegung werden in der Regel parallel durchgeführt.
     
  4. Prüfung der fristgemäß vorgebrachten Einwendungen und Bedenken (sog. Abwägung). Bei Bedarf werden die Entwürfe von Verordnung und Karte daraufhin noch einmal überarbeitet.
     
  5. Unterzeichnung der Verordnung durch die Regierungspräsidentin
     
  6. Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt.
     
  7. Ersatzverkündung der Karte bei der höheren Naturschutzbehörde sowie ergänzende Veröffentlichung auf der jeweiligen Internetseite (§ 24 Abs. 7 Naturschutzgesetz BW).
     
  8. Inkrafttreten der Verordnung
     
  9. Den Trägern öffentlicher Belange und den Einwendern wird das Ergebnis der Überprüfung (Abwägung) mitgeteilt (§ 24 Abs. 6 Naturschutzgesetz BW).

In der Regel dauert die Ausweisung eines Naturschutzgebietes nach Maßgabe der oben dargestellten Verfahrensschritte ca. 1 Jahr.

Im Rahmen des Ausweisungsverfahrens zum Naturschutzgebiet „Lupfen“ wurden diverse weitere Schritte zum Austausch und zur Einbeziehung der Öffentlichkeit unternommen, weshalb das Verfahren im Ergebnis noch wesentlich länger dauerte:

  • Bereits seit Herbst 2022 wurden Gespräche mit den potentiell betroffenen Bewirtschaftenden geführt, um deren Nutzungen im Rahmen des Verordnungsentwurfs bestmöglich berücksichtigen zu können.
  • Vertreter des RP besuchten im Oktober 2022 eine Gemeinderatssitzung, um die Ausweisungspläne vorzustellen.
  • Noch vor Durchführung des förmlichen Beteiligungs- und Öffentlichkeitsverfahrens fand im Januar 2023 eine öffentliche Informationsveranstaltung in Talheim statt, um die mittlerweile aktualisierte Verordnung und Karte vorzustellen.
  • Im Januar 2024 wurden bereits vorab die finalisierte Verordnung sowie die Karte auf der Internetseite des RP veröffentlicht.
  • Ebenfalls im Januar 2024 fand eine Bürgersprechstunde statt, in der Interessierte nochmals ihre Fragen zur bevorstehenden Ausweisung stellen konnten.

Herbst 2013: Information der Gemeinde über die Schutzgebietsplanung

Oktober 2014: Vorstellung der Planung zum Naturschutzgebiet „Lupfen“ im Gemeinderat

Dezember 2019: Information der Gemeinde über geplante Kartierungen des Naturschutzgebiets

Ab Januar 2020: Regelmäßige Informationen an die Gemeinde Talheim über die Vorbereitung des Vorhabens

Oktober 2022: Öffentliche Gemeinderatsitzung mit Tagesordnungspunkt zum geplanten Naturschutzgebiet

Oktober 2022 bis April 2023: Vorabgespräche mit landwirtschaftlichen Betrieben

Januar 2023: Öffentliche Informationsveranstaltung zum geplanten Naturschutzgebiet

Juni 2023: Vorabveröffentlichung des Verfahrensentwurfs

22.06.2023 bis 2. August 2023: Eingang von insgesamt 57 Stellungnahmen im Rahmen des Auslegungs- und Beteiligungsverfahrens.

2. August 2023: Gespräch und persönliche Übergabe von Stellungnahmen durch Vertreter der Interessensgruppe an das Regierungspräsidium Freiburg.

Von 3. August 2023 bis Ende Januar 2024: Fachliche und rechtliche Überprüfung der geäußerten Einwendungen und Bedenken. Abschluss des Abwägungsprozesses und entsprechende Überarbeitung der Verordnung

25. Januar 2024: Bürgersprechstunde (online) des RP Freiburg

8. Februar 2024: Unterzeichnung der Verordnung durch Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer.

15. Februar 2024: Verkündung der Verordnung im Gesetzblatt Nr. 11 Baden-Württemberg.

16. – 29. Februar 2024: Zweiwöchige Auslegung der finalen Verordnung mit Karten beim Regierungspräsidium Freiburg und beim Landratsamt Tuttlingen (sog. Ersatzverkündung).

Bis Ende Februar 2024: Benachrichtigung der Einwenderinnen und Einwender über das Ergebnis der Überprüfung der individuellen Bedenken.

1. März 2024: Inkrafttreten der Verordnung.

20. Juli 2024: Fachexkursion am Lupfen. Vorstellung schützenswerter Biotope und bisheriger Pflegemaßnahmen durch das Regierungspräsidium Freiburg. Treffpunkt 15 Uhr bei der Streuobstwiese des Obst- und Gartenbauvereins.

Das Regierungspräsidium Freiburg kümmert sich als höhere Naturschutzbehörde um die Ausweisung von Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk Freiburg.

Eine intakte Natur ist unsere Lebensgrundlage, das Naturschutzgebiet Lupfen ist ein wichtiger Mosaikbaustein der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg. Eine hohe Biodiversität ist wie eine Lebensversicherung für uns und künftige Generationen. Denn Vielfalt ist das wichtigste Überlebensprinzip in der Natur, es erzeugt Stabilität. Nur bei einer hohen Artenvielfalt und einer großen genetischen Bandbreite innerhalb einer Art ist die Natur in der Lage, mit veränderten Bedingungen zurechtzukommen: mit veränderten Klimabedingungen, neuen Krankheiten oder Schädlingen.

Durch die vom RP finanzierten, teils aufwändigen Pflegemaßnahmen ist es in den letzten 15 Jahren gelungen, Teile der verbuschenden Wacholderheiden wiederherzustellen und mit Unterstützung von Landschaftserhaltungsverband und Unterer Naturschutzbehörde zu beweiden. Durch die Ausweisung als Naturschutzgebiet besteht die Chance den Hausberg Talheims als einen der artenreichsten Lebensräume der Gemarkung zu erhalten und zu entwickeln.