Teilstück des Bodensees mit Enten

Geplantes Naturschutzgebiet Markelfinger Winkel und westlicher Gnadensee

Das Regierungspräsidium Freiburg beabsichtigt die Ausweisung des neuen Naturschutzgebietes „Markelfinger Winkel und westlicher Gnadensee“ auf dem Gebiet der Stadt Radolfzell, Gemarkung Markelfingen sowie auf dem Gebiet der Gemeinden Allensbach und Reichenau im Landkreis Konstanz.

Das geplante Schutzgebiet dient insbesondere dem Schutz von Wasservögeln wie zum Beispiel Kolbenenten und Zwergdommeln. Die Schutzgebietsverordnung sieht daher vor allem Regelungen für die Nutzung eines Bereichs der Wasserfläche des Bodensees vor. Diese betreffen unter anderem den wasserrechtlichen Gemeingebrauch und die Ausübung der Schifffahrt.

Im Rahmen des förmlichen Auslegungs- und Beteiligungsverfahrens zur Unterschutzstellung des Gebiets können die Träger öffentlicher Belange sowie Bürgerinnen und Bürger im Zeitraum des Verfahrens bis zum 22. Dezember 2022 Stellungnahmen zum Vorhaben abgeben. Diese werden anschließend fachlich und rechtlich überprüft. Nach erfolgreichem Abschluss der Beteiligung kann die Verordnung für das neue Naturschutzgebiet voraussichtlich im kommenden Jahr in Kraft treten.

Bedenken und Anregungen

Bedenken und Anregungen zu dem Verordnungsentwurf einschließlich der Anlagen können während der Auslegungsfrist vom 21. November bis 20. Dezember 2022 schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch beim Regierungspräsidium vorgebracht werden:

Regierungspräsidium Freiburg
Abteilung Umwelt
Bissierstraße 7
79114 Freiburg i. Br.
abteilung5@rpf.bwl.de

Unterlagen 

Kolbenenten auf dem Bodensee

Ziele des Naturschutzgebietes

Ziel der Ausweisung als Naturschutzgebiet ist unter anderem die Erhaltung und die Entwicklung seltener Lebensgemeinschaften als

  • strukturierte Uferzone aus Streuwiesen, Schilfzonen und Strandrasen von teils internationaler Bedeutung sowie die ungestörte Gewässerökologie;
  • Lebensraum zahlreicher gefährdeter, zum Teil stark gefährdeter Tier- und Pflanzenarten;
  • Lebensraum seltener und gefährdeter Brutvogelarten in ufer- und schilfnahen Bereichen;
  • Mauser- und Rastgebiet von landesweiter bis internationaler Bedeutung für diverse Wasservogelarten;
  • Bodenseelandschaft von besonderer Eigenart und Schönheit.

Die im Gebiet vorkommenden Lebensräume nach Anhang I der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und die Lebensraumtypen sowie die wild lebenden Tiere und Pflanzen nach Anhang II der FFH-Richtlinie sollen gefördert und entwickelt werden.

Vergissmeinnicht wächst in Ufersteinen

Besonderheiten des Gebiets

Das geplante Naturschutzgebiet „Markelfinger Winkel und westlicher Gnadensee“ umfasst die Bucht nördlich der Halbinsel Mettnau bis zum Nordufer des Untersees sowie im Osten die Bucht der Schlafbachmündung und hat eine Größe von rund 258 Hektar. Von der Ausweisung sind in geringerem Umfang auch landseitige Flächen betroffen. Das Gebiet ist zugleich Teil der FFH-Gebiete „Mettnau und Radolfzeller Aach unterhalb Singen“ und „Bodanrück und westlicher Bodensee", sowie Teil des Vogelschutzgebiets „Untersee des Bodensees“.

Das geplante Naturschutzgebiet zeichnet sich durch eine Vielzahl eng miteinander verzahnter Lebensräume aus. Landseitig dominieren überwiegend hervorragend ausgeprägte FFH-Lebensraumtypen und Biotope wie Pfeifengraswiesen und Auwälder. Sie bieten ideale Bedingungen für eine Fülle streng geschützter Tierarten, darunter die Schmale Windelschnecke und der Helle Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling. Zudem besteht ein artenreiches Mosaik von Streuwiesen und Schilfröhrichten, welche viele Pflanzenarten der Roten Liste wie z.B. das Fleischfarbene Knabenkraut und seltene Lauch- und Enzianarten beheimaten. Auf die Streuwiesen folgt nahtlos die Uferzone, die in den Schilfbereichen Vogelarten wie Feldschwirl und Zwergdommel als Brutplatz dient.

Die Übergänge zwischen Ufer und Wasser weisen einen der wichtigsten Standorte des Bodensee-Vergissmeinnicht im Regierungsbezirk Freiburg auf und beheimaten seltene Strandrasengesellschaften und vom Aussterben bedrohte Arten. Den Uferbereichen im Norden des Gebiets kommt aufgrund der dort vorkommenden seltenen Arten und Pflanzengesellschaften internationale Bedeutung zu.

Nahezu die gesamte Wasserfläche besitzt den Status von FFH-Lebensraumtypen überwiegend in hervorragender Ausprägung und verfügt über eine außerordentliche Unterwasservegetation mit seltenen Armleuchteralgen. Zudem hat sich das Gebiet zum wichtigsten Rast- und Nahrungsplatz für die Kolbenente deutschlandweit entwickelt. Es weist ferner Rastvogelansammlungen von internationaler Bedeutung auf.

Dieser kleine Bereich des Untersees ist damit reich an hochwertigen Lebensräumen, zu denen etliche seltene FFH-Lebensräume und geschützte Biotoptypen mit ihrer artenreichen Vegetation und Tierwelt gehören. Alle diese Lebensräume werden von einer beeindruckenden Anzahl von Arten besiedelt, die auf der Roten Liste stehen und von denen einige in Baden-Württemberg sogar hier ihr einziges Vorkommen haben, wie beispielsweise die Moorente und die Strand-Schmiele.

Die bisherigen Naturschutzgebietsverordnungen „Bodenseeufer“ auf Gemarkung Markelfingen und – soweit betroffen – „Halbinsel Mettnau“ auf dem Gebiet der Stadt Radolfzell werden durch die neue Verordnung ersetzt. Der Bereich der sogenannten Schlafbachmündung auf Gemarkung Reichenau und Allensbach wird ins Naturschutzgebiet aufgenommen.