Orchideen im Naturschutzgebiet Taubergießen

Fragen und Antworten: Orchideen und Wildschweine im Naturschutzgebiet Taubergießen

Das Naturschutzgebiet Taubergießen hat eine Größe von 1.700 Hektar und wurde 1955 unter Landschaftsschutz und 1979 unter Naturschutz gestellt. Das Naturschutzgebiet ist geprägt von einer außergewöhnlich großen Anzahl seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und zählt zu den bedeutsamsten und größten Naturschutzgebieten im Land.

Um die Bevölkerung zu informieren, wie seltene Orchideen im Naturschutzgebiet Taubergießen geschützt werden, geben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Freiburg Antworten auf häufig gestellte Fragen:

Aktuell werden in enger Zusammenarbeit mit den Jägerinnen und Jägern die Aktivitäten von Wildschweinen auf den Orchideenwiesen erfasst. Außerdem wurden auf ausgewählten Flächen die Orchideenbestände erhoben. Zudemsteht das RPF in Kontakt mit der Polizei.

Bleiben Sie bitte auf den Wegen, denn Orchideen sind tritt empfindlich. Die Neubeschilderung im Naturschutzgebiet Taubergießen hilft dies umzusetzen. Nach der geltenden Schutzgebietsverordnung ist es für Besucherinnen und Besucher des Naturschutzgebietes nicht zulässig, die Wege zu verlassen.

Im Frühjahr und Sommer 2020 wurden verschiedene Orchideenflächen durch Kartierungen und unter Einsatz von Wildkameras untersucht. Es konnten stellenweise vereinzelt die gleichen Schadbilder wie bereits 2019 festgestellt werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorkommen von Wildschweinen standen. Sollte sich der Wildschwein-Fraß in den kommenden Jahren wieder verstärken, plant das Regierungspräsidium Freiburg in Absprache mit den jeweiligen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern den Einsatz von Wildvergrämungsmitteln auf einer Versuchsfläche zu erproben, damit die Wildschweine die Fläche meiden.

Das Naturschutzgebiet Taubergießen umfasst eine Fläche von fast 1.700 Hektar und ist aufgrund der nahen Anbindung an Kommunen gut zugänglich. Eine flächendeckende Überwachung ist kaum möglich. Naturschutzgebiete lassen sich nicht einzäunen, sie sollen auch der Naherholung dienen. Im Naturschutzgebiet Taubergießen werden im Rahmen der Betreuung Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt. Die Ökologische Station Taubergießen führt Projekte für ökologische Aufwertungen des Gebiets durch.

Das Regierungspräsidium Freiburg bemüht sich angesichts der herausragenden Bedeutung des Gebiets und dem hohen Besucherdruck nach wie vor um die Sicherung einer Rangerstelle.

Generell nehmen die Wildschweinbestände in vielen Regionen Baden-Württembergs zu. Im Naturschutzgebiet Taubergießen finden Wildschweine ideale Lebensbedingungen vor. Sie finden ausreichend Nahrung und profitieren von milden Wintern. Ob hier die Bestände zugenommen haben, ist schwer einzuschätzen, aber wahrscheinlich.

Im Naturschutzgebiet Taubergießen wird die fachgerechte Jagd ausgeübt, um die Wildschweinpopulation zu reduzieren und um Schäden in Maßen zu halten.

Im Naturschutzgebiet Taubergießen werden sowohl Drückjagden als auch Ansitzjagden vom Hochsitz aus abgehalten. Die Abschusszahlen liegen dem Regierungspräsidium Freiburg vor und bestätigen das gute Engagement und den Einsatz der Jägerinnen und Jäger.

Nach der gründlichen polizeilichen Ermittlung, DNA-Analysen, mikroskopischen Untersuchungen, visuellen Beobachtungen und Expertenbefragungen usw. ergibt sich, dass die "Täter" zumindest in weit überwiegendem Ausmaß Wildschweine waren.

Wildschweine sind Allesfresser. Sie lieben besonders unterirdische Speicherorgane und fressen auch stärkehaltige Orchideenknollen. Auch aus anderen Gebieten zum Beispiel am Kaiserstuhl, in einem Naturschutzgebiet bei Efringen-Kirchen oder in Österreich ist der Verzehr von Orchideenknollen durch Wildschweine bekannt.

Wildschweine wählen ihre Nahrung sehr selektiv aus, es ist anzunehmen, dass sie es auf die stärkehaltige Knolle abgesehen haben und mit ihren Schneidezähnen den Stängel abtrennen können.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Regierungspräsidiums haben beobachtet, dass auch die Knollen anderer Orchideenarten von Wildschweinen ausgegraben und gefressen wurden, wie z. B. Brand- und Helmknabenkraut. Auch deren abgetrennte Stängel mit Blütenständen haben die Wildschweine in den Grabungslöchern zurückgelassen.

Von der Polizei konnte keine identische Größe, aber eine Ähnlichkeit der Ausgrabungslöcher festgestellt werden. Das könnte daran liegen, dass Wildschweine sich zeitweise in gleichaltrigen Gruppen aufhalten mit ähnlicher Körper- und Schnauzengröße.

Es ist bisher nicht untersucht, ob sich das Ausgraben der Orchideenknollen durch Wildschweine maßgeblich auf die Orchideenpopulationen auswirkt. Würde es mehrere Jahre hintereinander in einem großen Umfang stattfinden, so sind negative Auswirkungen auf die Population sehr wahrscheinlich. Da Orchideen eine sehr große Zahl von Samen bilden und mit dem Wind ausbreiten, können sie sich auf geeigneten Standorten gut vermehren. Zudem bilden nicht alle Knollen einen Blütenstand, so dass wahrscheinlich ein Teil der Knollen nicht ausgegraben wird. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass die Populationen der durch Wildschweinfraß dezimierten Orchideenarten komplett aussterben. Beobachtungen im Kaiserstuhl und im Elsass zeigen, dass Jahre nach einem Wildschweinfraß wieder Individuen von Orchideen in den Flächen gefunden wurden, deren Populationen zuvor stark rückläufig waren.

Die seltenen Spinnen- und Hummelragwurze gehören nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den besonders geschützten Arten. Das vorsätzliche Entnehmen sowie das vorsätzliche Zerstören von Orchideen kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Verstöße gegen die Naturschutzgebietsverordnung können mit einer Geldbuße bis 50.000 EUR geahndet werden.

Die Polizei ist vielen Hinweisen nachgegangen, unter anderem auch der Gewinnung von Salep, einem Getränk aus Orchideenknollen. In der Türkei sind einige Orchideenarten durch Gewinnung von Salep tatsächlich stark gefährdet. Die Ernte erfolgt in der Regel nach der Blütezeit, sonst sind die Knollen zu bitter. Die Vorkommnisse im Taubergießen ereigneten sich zur Blütezeit. Es spricht derzeit nichts dafür, dass die Gewinnung von Salep in Deutschland wirtschaftlich interessant sein könnte. Ein Pflanzenhandel ist unwahrscheinlich, da Orchideen auf die örtliche Bodenstruktur angewiesen sind und das Gros der Knollen sehr wahrscheinlich nicht anwachsen würde.

Derzeit gibt es noch keine Hinweise auf eine deutliche Verschlechterung der Orchideenbestände im Naturschutzgebiet Taubergießen. Viele der Orchideenwiesen befinden sich in einem guten Erhaltungszustand. Eine ressourcen- und kostenintensive "Rettungsaktion für Orchideen" in Form einer Nachzucht oder Aussaat ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht angedacht.

Durch natürliche Schwankung variiert die Anzahl blühender Exemplare von Jahr zu Jahr. Dies ist für viele Orchideenarten sehr typisch und hängt u. a. von der Witterung ab. Manche Orchideenarten brauchen von der Keimung bis zur Blüte bis zu 10 Jahre. Das Frühjahr 2020 war für einige Exemplare sehr trocken, so dass sich keine Blütenstände ausbilden konnten, dennoch standen zahlreiche Orchideen im Naturschutzgebiet Taubergießen in der Blüte. Die Entwicklung der Orchideenbestände muss aufmerksam beobachtet werden.

Das mediale Echo im letzten Jahr könnte das Interesse möglicher Täter geweckt haben. Durch die Medien ist die Bevölkerung auch sensibilisiert worden, um deren Unterstützung das Regierungspräsidium Freiburg und die Polizei bei Auffälligkeiten bitten.