Projektgebiet und Einzelprojekte
Das Projektgebiet befindet sich im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden. Es erstreckt sich von der Bahnlinie im Süden, die von Rastatt über den Rhein ins Elsass führt, bis zur nördlichen Grenze des Landkreises Rastatt. Es umfasst Teile des FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wintersdorf und Karlsruhe“ und der Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Elchesheim - Karlsruhe“ und „Rheinniederung von der Rench- bis zur Murgmündung“.
Einzelprojekte
Der Riedkanal ist ein technisch ausgebautes, strukturarmes Gewässer. Vor einigen Jahren hat der Riedkanal-Zweckverband in der Geggenau eine etwa 100 m lange „Teststrecke“ des Riedkanals naturnah umgestaltet. Inzwischen hat sich hier ein abwechslungsreiches Gewässerbett mit unterschiedlichen Strömungen entwickelt.
Nach dem Vorbild der Teststrecke wurde der Riedkanal auf einer Länge von einem Kilometer naturnah umgestaltet. Dabei wurde die Versteinung am Ufer entfernt und die Aue verbreitert. Es wurden strömungsgeschützte Altarme, Flutrinnen, Steilwände und Flachufer angelegt.
Beobachten Sie die große Strömungs-, Tiefen- und Substratvielfalt am neuen Gewässer, die sich durch Aufweitung des Gewässers und Einbau von Strömungslenkern aus Holz und Steinen entwickelt hat. In den Kolken finden Fische Schutz vor Fressfeinden. Die Groppe kann ihre Eier in die Steine legen, wo sie gut mit Sauerstoff versorgt werden. Mit ein wenig Glück sehen und hören Sie den Eisvogel - ein schillerndes Luftjuwel. Durch die Umgestaltung findet er nun zahlreiche Steilwände vor, in denen er Höhlen graben und seine Jungen aufziehen kann.
Das Bachneunauge und der Steinbeißer, ein am Gewässergrund lebender Kleinfisch, finden geeignete Lebensräume. Außerdem wurden sich in dem Abschnitt im Uferbereich Hochstauden ausgesät, die als Futterpflanzen für Schmetterlinge dienen. Durch die Ansiedlung von Wasserpflanzen verbessern sich die Lebensraumverhältnisse für die Helm-Azurjungfer, eine Kleinlibellenart.
Die Hofwaldschlut ist eine alte Murgschlinge, die bis auf ein Altwasser im Mündungsbereich in den Riedkanal weitgehend verlandet war. An den Ufern hatten sich zwar Auwaldreste erhalten, aber es fehlte bisher das Wasser, damit sich diese gut entwickeln können. Um die Hofwaldschlut zu revitalisieren, wurde sie behutsam freigelegt und im März 2014 durch eine Öffnung im Riedkanal an die Hofwaldschlut angeschlossen. Die Verteilung des Wassers auf den Riedkanal und Hofwaldschlut wird über eine Schwelle im Riedkanal geregelt, die für alle Gewässerorganismen durchwandert werden kann. Das meiste Wasser wird durch die Hofwaldschlut geleitet, im Riedkanal verbleibt eine Mindestmenge. Hochwasser kann weiterhin schadlos durch den Riedkanal und die Hofwaldschlut abgeführt werden. Der Riedkanal wurde ähnlich wie in der Geggenau naturnah umgestaltet, indem Steine aus der Uferbefestigung in Strömungslenker umgebaut und als Uferbänke mit Kies und Sand hinterschüttet wurden. Die weitere Gestaltung des Gewässerbettes bleibt dem Riedkanal überlassen. Um genug Platz für die Wassermengen zu schaffen, wurde Ende 2012 der Durchlass unter der Straße von Plittersdorf nach Steinmauern vergrößert. Dieser wurde so gestaltet, dass ihn sowohl Wasser- als auch Landlebewesen durchwandern können.
In der Hofwaldschlut fließt seither wieder Wasser und es können sich Wasserpflanzen und Fische (z. B. Steinbeißer) ansiedeln. Im direkten Umfeld entwickeln sich feuchte Hochstaudenfluren und mit der Zeit auch junge Weichholz-Auwälder. Schließlich wurden artenreiche Wiesen begründet, auf denen der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Nektarpflanzen findet.
Die Murg ist begradigt, beiderseits schützen Deiche die Anwohner vor Hochwasser. Das Wasser fließt dadurch auch bei Hochwasser sehr schnell ab, was zu erhöhter Hochwassergefahr führen kann – irgendwo muss das Wasser ja hin. Die Natur außerhalb der Deiche, die früher regelmäßig überschwemmten Auwälder, sind jetzt immer trocken und verändern sich. Dadurch gingen die auwaldtypischen Arten und Lebensräume nach und nach verloren.
Eine erprobte Möglichkeit zur Verminderung der Hochwassergefahr und gleichzeitig zur Wiederherstellung von Auen ist die Rückverlegung von Hochwasserschutzdeichen. Nördlich von Rastatt, im Gewann Brufert, wurde der Deich auf der linken Seite der Murg um bis zu 500 m und auf der rechten Seite um 100 m zurückverlegt. Dadurch wurde eine Fläche von rund 50 Hektar gewonnen, in der das Hochwasser sich ausbreiten kann. Auch an der Murg im Aufweitungsbereich wurden Änderungen vorgenommen. Ein verzweigter Gewässerlauf mit Uferabflachungen wurde angelegt.
Auch in der Stadtstrecke wurde die Murg naturnah umgestaltet. Die Mittelwasserbettsicherung der Murg ist in Richtung Deichfuß rückverlegt. Stummelbuhnen wurden angelegt, um die eigendynamische Gewässerentwicklung zu fördern. Insgesamt wurden 7 Inseln geschaffen. Seit der Umgestaltung sind einige große Hochwasser über die umgestaltete Stadtstrecke abgeflossen. Dabei wurde Substrat umgelagert und sortiert. Es haben sich Kolke und Flachuferbereiche gebildet. An vielen Stellen sind großflächigen Kiesstrände entstanden, an wenigen sogar Sandstrände.
Die Maßnahme verbessert den Hochwasserschutz für die Stadt Rastatt. Im Bereich der Deichrückverlegung wird der Wasserspiegel bei einem hundertjährlichen Hochwasser um 55 cm und an der Franzbrücke noch um 30 cm abgesenkt. Gleichzeitig haben sich naturnahe Wasser- und Ufervegetation und vor allem Auwälder neu entwickelt. In den Kleingewässern der Aue profitieren Gelbbauchunke und Kammmolch von der Wiedervernässung. Durch die Wiederherstellung der Fließdynamik an der Murg entstanden neue Lebensräume für Jungfische von Steinbeißern, Groppen, Neunaugen und Maifischen. In den Flachuferbereichen suchen Wasservögel Nahrung und rasten.
Vor der Regulierung gab es am Rhein viele Kies- und Sandflächen, die sich bei Hochwasser immer wieder verändert haben. Mit der Regulierung gingen diese verloren. Tier- und Pflanzenarten, die auf diese Flächen angewiesen sind, gingen im Bestand stark zurück. Wegen des Ausbaus der meisten Flüsse in Europa sind viele Arten inzwischen europaweit bedroht.
An der Spitze der Landzunge „Kohlkopf“, die den Rhein vom Illinger Altrhein trennt, wurde ein Verbindungsgraben zwischen Rhein und Illinger Altrhein gebaggert. Dadurch ist eine große Insel entstanden, auf der sich Wasservögel ungestört aufhalten können. Das in den Illinger Altrhein fließende Rheinwasser wird Schlamm und Sand heraustransportieren. Stellenweise entstehen kiesige Bereiche, in denen Fische ablaichen können. Am westlichen Rheinufer wurde auf einer Länge von ca. 250 Metern die Uferbefestigung herausgenommen und das Ufer hat sich natürlich entwickelt.
Bei den „Tomateninseln“ wurde eine circa 1,3 Kilometer lange Rinne gebaggert und die Buhnen in dem Bereich so umgebaut, dass die Inseln dauerhaft vom Ufer getrennt sind. Das entnommene Material wurde vor Ort zur Stabilisierung und Aufhöhung der Inseln verwendet.
Viele Fischarten sind Kieslaicher. Dies bedeutet, dass sie flache, kiesige Gewässerabschnitte benötigen, die vom Schiffsverkehr nicht beeinflusst sind. Mit den neuen Rinnen wurden geeignete Laichplätze geschaffen, die den Jungfischen zudem Schutz vor dem Wellenschlag der Schiffe bieten.
Auf den offenen Kies- und Sandflächen können wieder die ehemals häufigen Vogelarten Flussseeschwalbe und Flussregenpfeifer brüten. Eine spannende Frage: Wird sich der in Baden-Württemberg vermutlich ausgestorbene Flussuferläufer hier ansiedeln und die Flächen als Bruthabitat annehmen?
Nach nur wenigen Wochen Bauzeit wurde die Umgestaltung des Rheinufers im Oktober 2013 abgeschlossen. Auf einem Abschnitt von 250 m darf sich in der Nähe der Murgmündung ein Naturufer am Rhein entwickeln. Die Uferbefestigung wurde herausgenommen, der Unterhaltungsweg landeinwärts verlegt und gegen Wasserangriff gesichert. Nach Entfernen der Steinsicherung hat sich das Ufer durch die Kraft des Wassers bis zum verlegten Unterhaltungsweg zu einem natürlichen Flachufer entwickelr. Nutzen Sie die Gelegenheit, die weitere Entwicklung mitzuverfolgen.
Wenn man am Rheinufer Änderungen vornimmt, dann dürfen keine Störungen für die Schifffahrt auftreten. In den Jahren 2005 und 2007 hat das Regierungspräsidium Karlsruhe bereits in drei Bereichen die Ufersicherungen beseitigt und flache Kiesufer angelegt. Die Erfahrungen zeigen, dass solche Flachufer an geraden Rheinabschnitten allenfalls lokale Uferabbrüche mit sich bringen. Die Schifffahrt wird nicht gefährdet.
Zahlreiche Fischarten profitieren von den Umgestaltungen: Meer- und Flussneunaugen finden geeignete Larvalhabitate und Steinbeißer und Maifisch siedeln sich an. Flussuferläufer und andere Vogelarten nutzen das flache Ufer zur Nahrungssuche.
Wasserwirtschaftliche und ökologische Verhältnisse kann man in Flussauen dadurch verbessern, dass man abgeschnittene Altarme wieder an den Flusslauf anbindet. Im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms hat das Aueninstitut des WWF (World Wide Fund for Nature) vorgeschlagen, die Anbindung des Wintersdorfer Altrheins zu verbessern.
Daher wurde bei wenige Meter unterhalb der Staustufe Iffezheim ein kastenförmiger Durchlass in das rechte Rheinufer gebaut. Insbesondere bei stärkerer Wasserführung des Rheins werden nun größere Wassermengen mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten in den Altrhein geleitet.
Durch die Maßnahme wird die Verlandung des Wintersdorfer Altrheins gebremst, denn bei Hochwasser wird das Altwasser stärker durchströmt. Gleichzeitig ergeben sich durch das strömende Wasser - wie von selbst - an verschiedenen Orten immer wieder offene flusstypische Bodenstellen. Die Bestände von Steinbeißer und Bitterling werden in dem Altwasser durch die Maßnahme wieder zunehmen.
In der durch den Menschen genutzten Aue sind viele Grabensysteme angelegt. Für Arten, die in naturnahen Flussauen leben, sind es oft die einzigen verbliebenen Lebensräume. Diese Gräben sind jedoch häufig strukturarm, durch Verlandung bedroht oder mit Gehölzen zugewachsen.
Durch eine Aufweitung und abschnittsweise Vertiefung können verlandete oder monotone Gräben zu strukturreichen Gewässern umgestaltet werden. Außerdem werden Vertiefungen gegraben, in denen Wasserlebewesen auch dann noch überdauern können, wenn der restliche Graben in heißen Sommern austrocknet.
Auf einer Strecke von insgesamt 2,7 km wurden bis April 2015 Gräben umgestaltet:
Gemeinde Durmersheim:
- Graben im Heilwald,
- Zwei Gräben in den „Bruchwiesen“
Gemeinde Elchesheim-Illingen:
- Graben im Gewann „Bachstück“
Stadt Rastatt:
- Zwei Gräben im Rastatter Bruch
- Riedkanal entlang der Hofwaldschlut
An den strukturreichen Gräben entwickeln sich Röhrichte und blütenreiche Hochstaudenfluren und damit neue Lebensräume für auetypische Arten. In den nun dauerhaft wasserführenden Grabenabschnitten haben Schlammpeitzger und Gelbbauchunken bessere Lebensbedingungen. Sogar europaweit gefährdete Schneckenarten (Bauchige und Schmale Windelschnecke) profitieren von diesen Maßnahmen.
In der Rheinniederung sind artenreiche magere Mähwiesen stark zurückgegangen. Noch stärker ist der Rückgang bei den nur im Herbst gemähten Streuwiesen. Beide Wiesentypen sind gemäß der FFH-Richtlinie europaweit gefährdet.
Ausgewählt wurden rund 13 ha ehemalige Wiesen, die seit einiger Zeit nicht mehr genutzt wurden und dadurch immer stärker zugewachsen waren. Die ursprünglichen Kräuter und Gräser kamen kaum mehr vor.
Um die artenreiche Wiesen anzulegen, wurden zunächst Gehölze entfernt und die Flächen gemäht. Das Mahd- und Schnittgut wurde anschließend abtransportiert. Dann wurden die Flächen mit dem Pflug umgebrochen und der Boden mit der Egge aufgelockert.
Entscheidend für den Erfolg waren nun die neuen Samen. Sie mussten von artenreichen Wiesen aus der Umgebung stammen (sogenannte gebietsheimische Begrünung). Als die Samen reif waren, wurde das Heu von diesen Wiesen gewonnen, wobei auch ein spezieller Mähdrescher eingesetzt werden konnte. Das Heu wurde dann auf den neuen Flächen ausgebracht. Mit dieser Methode wurden sogar Insekten, Moose und Pilze mit übertragen.
Im Naturschutzgebiet Rastatter Rheinaue wurden bereits 2004 bis 2007 mehrere Hektar artenreiche Wiesen am Schafköpfel und im Murgwinkel auf diese Art neu begründet. Heute sind diese Wiesen buntblühend und insektenreich.
Es hängt vom Boden, der Feuchte und der Nutzung ab, welcher Wiesentyp entsteht. Artenreiche Flachland-Mähwiesen wachsen auf mittleren Standorten - also nicht zu trocken, nicht zu nass und nicht zu nährstoffreich. Sie werden zumeist zwei Mal im Jahr gemäht. Dieser Wiesentyp wurde bei den Bietigheimer Hecken, auf der Michelswiese und auf der Bruchwiese neu geschaffen.
Wenn der Standort zumindest zeitweise feucht und besonders nährstoffarm ist, können Pfeifengraswiesen entstehen. Sie werden nur einmal jährlich gemäht. Das Mahdgut ist meist trocken und hart und wird von Nutztieren nicht gerne gefressen. Früher wurde es in getreide- und damit stroharmen Regionen in den Ställen als Einstreu verwendet, daher der Name Streuwiesen. Solche feuchten Pfeifengras-Streuwiesen wurden im Teilergrund und in den Neuen Matten angelegt.
Durch die Anlage der neuen Wiesen gibt es wieder mehr blütenreiche Flächen, auf denen Tagfalter, Heuschrecken und Wildbienen leben können. Gleichzeitig werden die bestehenden Wiesenflächen miteinander vernetzt und die dort lebenden Tiere können besser von einer Wiese zur anderen gelangen. Dies ist wichtig für das langfristige Überleben der Arten. Ein Beispiel für einen solchen Wiesenfalter ist der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling.
Vor über 200 Jahren wurde bei der Begradigung der Murg die Altmurg von der natürlichen Wasserzufuhr abgetrennt. Sie erhält nur noch Wasser von kleinen Gräben und Zuflüssen. Außerdem ist die Altmurg bei Steinmauern begradigt und stark zugewachsen.
Um die Altmurg als Lebensraum für Arten der Auen zu verbessern, sollte sie wieder strukturreicher werden. Mit dem Bagger wurde eine Gewässeraufweitung und Uferabflachung sowie zwei kleine Stillgewässer angelegt.
In der Aufweitung entwickelte sich ein Röhricht, in der der seltene Schlammpeitzger vor Fressfeinden geschützt ist. Das neue Flachufer ist eine wichtige Lebensstätte von Fischen und Libellenlarven und bietet seltenen Schnecken und Bodenlebewesen geeignete Lebensräume. Im den neu angelegten Stillgewässern können Amphibien ungestört laichen, und die Hochstaudenfluren im Randbereich werden von Schmetterlingen zur Nektarsuche genutzt.