Gesundheit
Wie gelangen PFAS-Verbindungen in den Körper?
Die Aufnahme von PFAS-Verbindungen erfolgt überwiegend oral durch PFAS-verunreinigtes Trinkwasser oder den Verzehr verunreinigter Lebensmittel. Auch können PFAS-Verbindungen in geringerem Maße über die Haut oder die Atemwege in den Körper gelangen, z.B. durch belastete Innenraumluft oder PFAS-haltiger Beschichtungen von Textilien.
Nach oraler Aufnahme gelangen die PFAS-Verbindungen vom Magen-Darm-Trakt ins Blut und können sich von dort in inneren Organen wie Leber, Niere und Lunge sowie in der Muttermilch anlagern. Auch in Plazentagewebe wurden PFAS-Verbindungen nachgewiesen, was auf eine fetale Übertragung hindeutet.
Im Unterschied zu den kurzkettigen PFAS-Verbindungen (u.a. PFBA, PFPeA und PFHxA) werden die langkettigen Verbindungen PFOS und PFOA nur langsam über die Nieren ausgeschieden und haben somit eine lange Verweildauer im menschlichen Körper (Halbwertszeit gem. EFSA 2020: PFOS: 3,1 - 5,4 Jahre; PFOA 2,7 – 8,5 Jahre).
Was weiß man über die Wirkung von PFAS auf den menschlichen Körper?
Die vielen verschiedenen PFAS-Verbindungen weisen auch unterschiedliche human- und ökotoxikologische Eigenschaften auf. In Tierversuchen erwiesen sich die bekanntesten PFAS-Vertreter PFOS und PFOA nach kurzzeitiger Belastung über die Nahrung, die Luft und die Haut als mäßig toxisch. In Langzeitstudien mit Ratten und Mäusen konnten beide Chemikalien jedoch die Entstehung von Leberkrebs und anderen Tumoren (UBA 2019) fördern.
Inwieweit PFAS für Menschen gesundheitsschädlich sind, kann aufgrund der Verschiedenartigkeit der PFAS-Verbindungen wissenschaftlich noch nicht abschließend beantwortet werden. Verschiedene Studien deuten jedoch auf einen Zusammenhang von PFAS-Belastungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Menschen hin. Für PFOS und PFOA wurden Humanbiomonitoring-Werte zur Beurteilung der Konzentration in einem Körpermedium (z.B. Blutplasma) festgelegt. Dabei bezieht man sich auf Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Konzentration eines Stoffes (und seiner Metabolite) in menschlichen Körperflüssigkeiten und dem Auftreten unerwünschter Wirkungen nachweisen.
Der HBM-I-Wert entspricht der Konzentration, bei deren Unterschreitung nach aktuellem Stand der Bewertung nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen ist und sich somit kein Handlungsbedarf ergibt.
In Bezug auf PFC gelten für die Unterverbindungen PFOA und PFOS folgende HBM-I-Werte:
- 2 ng PFOA / ml Blutplasma (entspricht 2 µg PFOA / Liter Blutplasma)
- 5 ng PFOS / ml Blutplasma (entspricht 5 µg PFOS / Liter Blutplasma)
Der HBM-II-Wert entspricht der Konzentration eines Stoffes in einem Körpermedium, bei deren Überschreitung eine für die Betroffenen als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist, so dass akuter Handlungsbedarf zur Reduktion der Belastung besteht und eine umweltmedizinische Betreuung/Beratung zu veranlassen ist. Einen solchen HBM-II-Wert für PFOA und PFOS gab es bislang nicht, das UBA hat jedoch im März 2020 im Bundesgesundheitsblatt folgende Werte veröffentlicht:
Für Frauen im gebärfähigen Alter
- 5 ng PFOA / ml Blutplasma (entspricht 5 µg PFOA / Liter Blutplasma)
- 10 ng PFOS / ml Blutplasma (entspricht 10 µg PFOS / Liter Blutplasma)
Für alle übrigen Bevölkerungsgruppen
- 10 ng PFOA / ml Blutplasma (entspricht 10 µg PFOA / Liter Blutplasma)
- 20 ng PFOS / ml Blutplasma (entspricht 20 µg PFOS / Liter Blutplasma)
Was bedeutet eine Überschreitung von HBM II-Werten bei PFOA und PFOS?
„Bei einer Überschreitung des HBM II-Wertes für PFOA oder PFOS sollte zunächst eine Kontrollmessung vorgenommen werden. Zusätzlich wird empfohlen, mögliche Expositionsquellen der Betroffenen für PFOA und PFOS zu erfassen und gegebenenfalls konsequent zu reduzieren. Diese umfassen neben einer beruflichen PFAS-Exposition nach derzeitigem Kenntnisstand vor allem die Aufnahme von Trinkwasser oder Nahrungsmitteln mit erhöhten PFOA- oder PFOS-Konzentrationen (z.B. Fisch aus kontaminierten Gewässern). Die HBM-Kommission sieht derzeit keinen Anlass, bei Überschreitungen des HBM-II-Wertes ohne Vorliegen weiterer Risikofaktoren oder Vorerkrankungen die Bestimmung klinisch-chemischer Messgrößen zu empfehlen. Versuche, die Ausscheidung der Verbindungen PFOA oder PFOS zu beschleunigen, sollten aufgrund fehlender geeigneter Methoden und mangels medizinischer Begründung unterbleiben.“ (Quelle: HBM-Kommission, 2020)
Weitere Informationen
Pressemitteilung des Landratsamtes Rastatt vom 05.03.2020 (pdf, 140 KB)
Blutkontrolluntersuchungen im Landkreis Rastatt
Um zu überprüfen, ob Personen im Raum Rastatt/Baden-Baden aufgrund der dortigen PFAS-Verunreinigungen in Boden und Grundwasser vermehrt PFAS aufgenommen haben, hat das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg im März 2017 das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg mit der Durchführung einer umfangreichen Blutkontrolluntersuchung beauftragt. Im Kern der Untersuchungen steht die Frage, wie hoch die Zusatzbelastungen in der betroffenen Region sind und ob die getroffenen Maßnahmen zu einem Rückgang der Belastung führen.
Die Blutkontrolluntersuchung im Landkreis Rastatt wurde als wiederholte Querschnittsuntersuchung in drei Gruppen mit je circa 100 zufällig ausgewählten Personen konzipiert. Die erste Untersuchung fand im Jahr 2018 statt, die zweite Untersuchung im Jahr 2020. Eine weitere Untersuchung ist im Jahr 2023 geplant, um die weitere zeitliche Entwicklung der PFAS-Konzentrationen im Blut der an der Untersuchung teilnehmenden Personen beschreiben und einschätzen zu können.
Erstmals wurde im Frühjahr 2018 zufällig ausgewählten erwachsenen Einwohnerinnen und Einwohnern kostenfrei eine Blutuntersuchung angeboten. Die Blutuntersuchungen wurden von einem erfahrenen unabhängigen Labor durchgeführt. Im Jahr 2020 wurden alle Personen, die 2018 an der Blutkontrolluntersuchung teilgenommen hatten, erneut um ihre Teilnahme gebeten. Um Teilnahmeausfälle auszugleichen, wurden 2020 weitere zufällig ausgewählte Personen zur Teilnahme an der Blutkontrolluntersuchung eingeladen, um die angestrebten Teilnehmerzahlen erreichen zu können.
An der Blutkontrolluntersuchung 2018 haben insgesamt 348 Personen und im Jahr 2020 insgesamt 249 Personen aus drei verschiedenen Gruppen teilgenommen:
- Gruppe A) Personen aus Orten, die vor 2014 einer Exposition über Trinkwasser ausgesetzt waren,
- Gruppe B) Personen aus Orten mit Exposition über Verunreinigungen im Boden und Grundwasser, aber ohne Exposition über Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung
- Gruppe C) Personen aus Orten ohne zusätzliche PFAS-Verunreinigungen im Boden oder Trinkwasser.
Bei den Blutkontrolluntersuchungen 2018 zeigten die PFOA-Konzentrationen im Blut eine deutliche Abhängigkeit von der untersuchten Gruppe: Der Median der PFOA-Werte in Gruppe A war mit 15,6 µg /Liter Blutplasma etwa 13 µg /Liter Blutplasma höher als der Median in Gruppe B. Dieser lag nach Ausschluss eventuell über Trinkwasser am Arbeitsplatz exponierter Untersuchungsteilnehmer bei 2,3 µg /Liter Blutplasma. Die Differenz der Mediane zwischen Gruppe B und Gruppe C betrug etwa 0,6 µg /Liter Blutplasma. Der niedrigste Median wurde in der Gruppe C beobachtet (1,7 µg /Liter Blutplasma).
Das heißt, die höheren PFOA-Konzentrationen im Blut traten vor allem bei den Untersuchungsteilnehmern auf, die über das Trinkwasser exponiert waren. Bei den Konzentrationen von Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) im Blut war dagegen kein Zusammenhang mit der Belastung über Trinkwasser festzustellen. Die höchsten PFOS-Konzentrationen im Blut wurden in der Gruppe C beobachtet.
Bei den Blutkontrolluntersuchungen 2020 zeigte sich in Gruppe A im Mittel ein Rückgang der PFOA-Werte um 2,8 µg /Liter Blutplasma auf einen Median von 12,7 µg /Liter Blutplasma. Der Rückgang entspricht etwa 18 % der medianen PFOA-Konzentration von 2018. Damit lagen die PFOA-Konzentrationen 2020 in der Gruppe A im Mittel etwa 10 µg /Liter Blutplasma höher als bei Personen aus der Gruppe B und etwa 11 µg /Liter Blutplasma höher als bei Personen aus der Gruppe C. In der Gruppe B lag der Median bei 2,4 µg /Liter Blutplasma, in der Gruppe C bei 1,4 µg /Liter Blutplasma. Der Unterschied zwischen den Medianen der PFOA-Werte in den Gruppen B und C lag 2020 wie 2018 bei 1 µg /Liter Blutplasma.
PFOA wird nur sehr langsam vom Körper ausgeschieden. Es ist von einer Halbwertszeit, also der Zeit bis die Hälfte des PFOA im Blutserum ausgeschieden ist, von 2,7 bis 8,5 Jahren auszugehen. Der Konzentrationsrückgang von 2018 bis 2020 um 18 % liegt somit in dem zu erwartenden Bereich und deutet darauf hin, dass keine weitere Anreicherung erfolgt.
Überschreitung von Humanbiomonitoring-Werten:
Der Anteil der PFOA-Werte von 2020, die oberhalb des HBM-II-Wertes von 10 µg /Liter Blutplasma lagen, war mit 66 % in Gruppe A am höchsten (Gruppe B: 0 %, Gruppe C: 0 %). Die Anteile von PFOA-Werten oberhalb des HBM I-Wertes von 2 µg /Liter Blutplasma betrugen 2020: 98 % in Gruppe A, 65 % in Gruppe B und 30 % in Gruppe C.
Der Anteil der PFOS-Werte oberhalb des HBM-II-Wertes von 20 µg /Liter Blutplasma lag in der Gruppe A bei 2 % und in den Gruppen B und C bei 1 %. Die Anteile von PFOS-Werten oberhalb des HBM I-Wertes von 5 µg /Liter Blutplasma betrugen in den drei Gruppen: 12 % in Gruppe A, 19 % in Gruppe B und 25 % in Gruppe C.
Zu weiteren untersuchten PFAS-Verbindungen liegen zurzeit keine Bewertungsmaßstäbe dazu vor, welche Konzentrationen im Blut gesundheitlich von Bedeutung sein könnten. Ein Vergleich mit Ergebnissen anderer Studien in Bayern zeigt ähnliche Verteilungen und Mediane.
Insgesamt kommt das Landesgesundheitsamt zu der Bewertung, dass nach aktuellem Wissensstand die in der Blutkontrolluntersuchung 2020 beobachteten PFAS-Werte zwar eine unerwünschte Belastung darstellen, jedoch keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung besteht.
Eine erneute Blutkontrolluntersuchung in 2023 soll weiter Aufschluss geben, wie sich die Belastung im Verlauf entwickelt.
Weitere Informationen
FAQ-Papier des Ministeriums für Soziales und Integration zum Thema PFC (pdf, 239 KB)