LED-Taschenlampen
Darstellung des Sachverhalts
Im Zuge der Jahresaktion 2021 untersuchte Produktgruppe: LED-Taschenlampen. Die „Light Emitting Diode“, abgekürzt LED, hat in den letzten Jahrzehnten einen einzigartigen Siegeszug in allen Bereichen unseres Alltags angetreten, in denen es um Fragen der Erzeugung von Licht geht. Sei es beispielsweise als Raumbeleuchtung, Beleuchtung von Kraftfahrzeugen, Außenbeleuchtung, um nur exemplarisch einige wenige Einsatzgebiete zu nennen. Auch bei Taschenlampen im Verbraucherproduktebereich ist diese Technik inzwischen sehr oft anzutreffen. Dieser Siegeszug beruht hauptsächlich auf dem sehr effizienten Wirkungsgrad, was das Verhältnis Lichtausbeute zu Energiebedarf betrifft. Zusätzlicher Vorteil ist die Zyklenfestigkeit, das heißt, es wirkt sich bei einer LED nicht negativ auf die Lebensdauer aus, wenn sie häufig ein- und ausgeschaltet wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Lebensdauer im Vergleich zu Beleuchtungsmitteln, die auf anderer Technologie basieren, in der Regel um etliche Faktoren höher ist.
Wie so oft, so auch hier, gilt die altbekannte Weisheit: wo Licht ist, ist auch Schatten! Im Falle der LED gibt es deshalb auch Aspekte, die in ihrer Auswirkung auf die Unversehrtheit der Gesundheit des Anwenders sprichwörtlich „im Auge behalten“ werden müssen.
Unter anderem sind dies:
- Die Lichtintensität (Lichtstrom), die eine näherungsweise punktförmige Lichtquelle dieser Technologie aussenden kann (diese ist mit der technologischen Entwicklung in den letzten Jahren stark angestiegen).
- Der spektrale Anteil an Licht im ultravioletten Bereich.
- Der spektrale Anteil an Licht im infraroten Bereich.
- Der spektrale Anteil an sichtbarem blauem Licht der Wellenlänge von ca. 400 bis 500 Nanometern, da vor allem dieser Spektralbereich des Lichts auf der menschlichen Netzhaut schädliche Prozesse in Gang setzen kann, die in ihrer extremen Ausprägung zum Teil auch irreversibel sein können.
- Die Flackerfrequenz bei Energiezufuhr durch eine Wechselstromquelle (auch bekannt als Stroboskopeffekt).
Aus naheliegenden Gründen fordert das Produktsicherheitsgesetz ProdSG, dass die, von beliebigen Beleuchtungsmitteln abgegebene optische Strahlung nicht gefährlich für den Anwender sein darf. Die größte potentielle Gefahr besteht bei den hier untersuchten LEDs im Spektrum des blauen Lichts und äußert sich im Wesentlichen in photothermischen und photobiologischen Prozessen, die im Gewebe bei Exposition elektromagnetischer Strahlung in Gang gesetzt werden, und dieses schädigen können.
Unter photobiologischer Wirkung versteht man Veränderungen in der chemischen Struktur und damit im Stoffwechsel von Organismen. Hier ist vor allem die Netzhaut (Retina) gefährdet. Die Blaulicht-Netzhautschädigung ist eine photochemische Schädigung von Zellen des retinalen Pigmentepithels und der Photorezeptoren. Dies wird im englischen Sprachgebrauch als Blue Light Hazard, kurz BLH, bezeichnet.
Bei ins menschliche Auge einfallender, optischer Strahlung wird die Strahlungsquelle auf der Netzhaut abgebildet. Daher werden sowohl die Größe der Strahlungsquelle als auch die Einwirkdauer für die Beurteilung bedeutsam und folglich muss die blaulichtrelevante Strahldichte L begrenzt werden. Es ist noch wissenschaftlich umstritten, welche Bestrahlungsdosis welche Wirkung entfaltet, da in biologischen Gewebe auch gegenläufige Reparaturmechanismen ablaufen. Allerdings besteht weitgehend Einigkeit über den sogenannten Basis-Grenzwert (festgelegt in der EU-Richtlinie 2006/25/EG „Richtlinie über künstliche optische Strahlung“). Dieser begrenzt bei gegebener Expositionsdauer die zulässige blaulichtrelevante Strahldichte.
Vorgehen und Methodik
Die vom Gesetzgeber eingeforderte Unbedenklichkeit wird erreicht, indem die entsprechenden Produkte unter anderem den oben genannten Grenzwert einhalten. Weitere Grenzwerte sind festgelegt in der harmonisierten Norm DIN EN 62471:2009-03 „Photobiologische Sicherheit von Lampen und Lampensystemen“. Vollständige Untersuchungen von Beleuchtungsmitteln anhand dieser Richtlinie in Verbindung mit der genannten Norm sind jedoch extrem komplex und erfordern hochspezialisierte Labore mit entsprechender messtechnischer Ausstattung.
Mit vereinfachten Kriterien nach der, in der DIN EN 62471 detailliert beschriebenen alternativen Methode und den messtechnischen Möglichkeiten, die uns durch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zur Verfügung stehen, ist es jedoch ohne weiteres möglich, Beleuchtungsmittel, in unserem Fall LED-Taschenlampen, in eine von vier normativ festgelegte Risikogruppen einzuteilen. Diese Risikogruppen sagen etwas darüber aus, ab welcher Bestrahlungsdauer des menschlichen Auges ein Sicherheitsgrenzwert überschritten werden könnte. Die Klassifizierung in Risikogruppen stellt sich für kontinuierlich Licht emittierende Lampen vereinfacht wie folgt dar:
RG 0 Risikogruppe 0 oder auch Freie Gruppe
Eine solche Lampe stellt selbst bei Dauerexpostition keine Gefahr für den Anwender dar. Alle Beleuchtungsmittel für Wohnräume müssen beispielsweise dieser Gruppe angehören.
RG 1 (Geringes Risiko)
Lampen, die zwar die Grenzwerte der Risikogruppe 0 überschreiten, jedoch durch zu erwartendes Verhalten des Anwenders (Abwendreaktion bei Blendung, Lidschlußreflex) keine Gefährdung darstellen.
RG 2 (Mittleres Risiko)
Lampen, die zwar die Grenzwerte der Risikogruppe 1 überschreiten, jedoch durch zu erwartendes Verhalten des Anwenders (Abwendereaktion bei Blendung bzw. thermischer Unbehaglichkeit) keine Gefährdung darstellen.
RG 3 (Hohes Risiko)
Lampen, die die Grenzwerte der Risikogruppe 2 überschreiten, und deshalb sogar bei flüchtiger oder kurzzeitiger Bestrahlung eine Gefahr darstellen können.
Für die hier beschriebene Jahresaktion waren laut Projektplan ursprünglich zehn Prüfmuster festgelegt. Bedingt durch die Coronapandemie konnten jedoch letztendlich nur fünf Produkte entnommen werden.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Es ist vorwegzunehmen, dass von den untersuchten Prüfmustern keine einzige Taschenlampe der Risikogruppe 3 zugeordnet werden musste. Maximal war die Einstufung in die Risikogruppe 2 vonnöten, was jedoch zwangsläufig gewisse formale Anforderungen beinhaltet. Diese Anforderungen wurden nicht immer eingehalten und der betroffene Händler wurde daraufhin durch uns auf den Mangel hingewiesen und aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit der bemängelten Produkte war, dass sie alle nur eine einzige, sehr leistungsstarke LED verbaut hatten.
Abbildung 1: Blick in den Reflektor zweier Prüfmuster (Quelle: LUBW)
Es folgt die Auswertung der Prüfergebnisse:
80 % der untersuchten Produkte konnten der Risikogruppe 2 zugeordnet werden, bei allen fehlte in der Kennzeichnung der Hinweis auf die Risikogruppe (erforderlich nach Kapitel 5.4, DIN EN 62471:2009-03 Beiblatt 1).
80 % enthielten keine deutsche Bedienungsanleitung mit entsprechenden Warnhinweisen (z.B. „Nicht direkt in die Lichtquelle blicken“).
40 % waren nicht mit der nach Produktsicherheitsgesetz ProdSG erforderlichen europäischen Kontaktadresse gekennzeichnet.
20 % wiesen keinen Mangel auf, bezogen auf die hier durchgeführten Prüfungen.
Maßnahmen und Folgerungen
Alle mangelhaften Produkte wurden durch einen „freiwilligen“ Verkaufsstop des betroffenen Händlers aus dem Verkehr genommen. Freiwillig soll heißen, dass der Händler als Reaktion auf unsere Mängelfeststellung und das damit verbundene Revisionsschreiben die Durchführung der Maßnahme ohne Zuhilfenahme von verwaltungsrechtlichen Anordnungen unsererseits akzeptiert hat.
Zwei Händler bezogen ihre Produkte von Lieferanten aus Bundesländern außerhalb von Baden-Württemberg. Diese Vorgänge wurden an die örtlich zuständigen Behörden abgeben.
Ein Händler hatte keine Prüfmuster vorrätig, verkaufte jedoch das Produkt weiterhin online. Nach einer erneuten Aufforderung zur Zusendung der Prüfmuster, kam er dieser Aufforderung nach.
Fazit:
Die untersuchten Prüfmuster dieser Produktgruppe, sind prinzipiell nicht mit einem hohen Risiko für den Anwender oder exponierte Individuen verbunden. Die Risiken sind hier weitaus geringer, als bei der verwandten und bereits in den vergangenen Jahren ausführlich betrachteten Produktgruppe der Laserpointer. Produktsicherheitstechnische Mängel beschränken sich im Wesentlichen auf die Nichteinhaltung formaler, kennzeichnungsrelevanter Anforderungen.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die untersuchte Produktgruppe LED-Taschenlampen in Deutschland oftmals von Hobby- und Nebenerwerbshändlern in Onlineshops, in Verkäuferplattformen oder zur Erweiterung des Hauptsortiments professioneller Händler angeboten wird. Das Wissen um die Verantwortung und Pflichten eines Händlers nach dem Marktüberwachungsgesetz wie auch dem Produktsicherheitsgesetz ist in diesen Kreisen häufig nur in geringem Maße vorhanden. Keines der Produkte, welches direkt aus Fernost bezogen wurde, wurde deshalb nachgearbeitet. Vielmehr war es für die Händler der einfachere Weg, das Produkt komplett aus dem Sortiment zu nehmen.