Algen in Langenargen
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Extremes Algenwachstum
Im Jahr 2022 kam es im Bodensee vor Langenargen zu einem extremen Algenwachstum. Absterbende Algen und verwesendes Pflanzenmaterial führten zur Bildung von Schwefelwasserstoff-Verbindungen, die bei Anwohnern und Besuchern über Wochen hinweg mit dem typischen Geruch nach faulen Eiern zu teilweise erheblichen Belästigungen führten. Daneben war die Nutzung der Badestellen durch die niedrigen Wasserstände und die Algenteppiche erschwert bis unmöglich.
Ursachen
Die Ursachen für das Algenwachstum, das teilweise auch an anderen Gewässern beobachtet werden konnte, sind in dem klimatischen Extremjahr mit Rekordtemperaturen, sehr niedrigen Wasserständen, einer nie beobachteten Anzahl an Sonnenstunden und einer ausreichenden Verfügbarkeit von Nährstoffen aus der Schussen zu suchen.
Maßnahmen
Regierungspräsidium Tübingen, Landratsamt Bodenseekreis, Naturschutzzentrum Eriskircher Ried sowie die LUBW mit dem Institut für Seenforschung wurden gemeinsam aktiv, um Möglichkeiten zur Verhinderung oder Minderung des Algenwachstums zu untersuchen und um sinnvolle Maßnahmen zur Verhinderung von Geruchsentwicklungen und ggf. zur Entfernung von Algen aus stark genutzten Gebieten (z. B. Standbädern) auszuloten.
Unsere Antworten auf häufig gestellte Fragen!
Ein kontinuierliches Nährstoff-Angebot, anhaltend warme Temperaturen, Kohlenstoffdioxid sowie viel Licht sind die Rahmenbedingungen für das Wachstum von Algen. Diese Rahmenbedingungen sind bei wiederkehrenden und anhaltenden Schönwetterlagen wie im meteorologischen Rekordjahr 2022 insbesondere im Bereich der Schussenmündung bei Langenargen gegeben.
Die Schussen transportiert bereits aufgrund ihres Verlaufs im teilweise durch hohe Bodenerosion geprägten Einzugsgebiet erhöhte Mengen an Nährstoffen. Charakteristisch sind hier z. B. die Schwemmtorf-Anlandungen im Mündungsbereich der Schussen. Hinzu kommt, dass der Einzugsbereich der Schussen dicht besiedelt und intensiv landwirtschaftlich genutzt ist. Derzeit leiten 18 Kläranlagen gereinigtes Abwasser in die Schussen ein. Dies bedeutet, dass durch die Schussen ein kontinuierliches Nährstoffangebot zur Verfügung gestellt wird.
Allein das Nährstoffangebot durch die Schussen reicht nicht aus. Die weiteren Voraussetzungen – insbesondere lang anhaltende Schönwetterperioden mit wenig Wind und viel Sonneneinstrahlung – müssen ebenso vorliegen, um ein übermäßiges Algenwachstum zu ermöglichen. Förderlich sind auch niedrige Wasserstände, da sich das Wasser in der Flachwasserzone schneller erwärmt und so günstigere Bedingungen für ein schnelleres Algenwachstum vorhanden sind.
Im Zuge des Klimawandels ist vermehrt mit Bedingungen wie im Jahr 2022 (längere Schönwetterperioden, Niedrigwasser) zu rechnen. Hohe Wasserstände sowie der Austausch des Wassers in der Flachwasserzone durch Wind und Strömung wirken der Bildung von Algenteppichen entgegen. Da dies auslösende und verstärkende Faktoren für ein übermäßiges Algenwachstum sind, muss künftig häufiger mit verstärktem Algenwachstum gerechnet werden. Verlässliche Prognosen sind derzeit nicht möglich da wichtige Rahmenbedingungen für das Vorkommen von Algenteppichen in einzelnen Jahren von der Meteorologie, d.h. dem Wettergeschehen dominiert werden.
Die Reinigungsleistung der Kläranlagen im Bodensee-Einzugsgebiet hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Die Fischerei beklagt sogar, dass der Bodensee so nährstoffarm ist, dass die Fische nicht genügend Nahrung finden.
Im Jahr 2021 lag die Reinigungsleistung der Kläranlagen Ravensburg und Eriskirch in Bezug auf den Gesamt-Phosphor (als wichtigster Indikator für den Nährstoffgehalt) bei 98% und damit im Bereich der oberen Grenze des derzeit technisch sinnvoll Machbaren. Die Phosphorentnahme aller Kläranlagen im Einzugsbereich der Schussen zusammen lag im Jahr 2021 bei über 95%.
Auch eine weitere Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlagen dürfte nicht maßgeblich zur Lösung der Algenproblematik beitragen, da diffuse Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft und der Bodenerosion bestehen bleiben.
Neben den Nährstoff-Einträgen mit dem gereinigten Kläranlagen-Wasser werden ungefähr im gleichen Umfang Nährstoffe aus Regenüberlaufbecken und sonstigen Entwässerungsanlagen in die Schussen und dann in den Bodensee eingetragen. Dies geschieht insbesondere bei Starkregenereignissen, wenn die großen Regenwassermengen von den Entwässerungsanlagen nicht mehr bewältigt werden können und ein Überlauf direkt in das Gewässer / die Schussen und ihre Zuflüsse erfolgt. Die Zunahme von versiegelten Flächen spielt hierbei ebenso eine Rolle wie die vermehrten Starkregen-Ereignisse im Zuge des Klimawandels.
Weitere Einträge erfolgen durch Erosionen und die Landbewirtschaftung (s. o.).
Die Algenentwicklungen im Zusammenhang mit Schönwetterperioden und Niedrigwasser sind keine Gefährdung für das Ökosystem Bodensees. Die als Beeinträchtigung empfundenen Algenteppiche werden im Laufe des Jahreszyklus (mit Unterbrechung der oben genannten Wirkungskaskade) vom See selbst abgebaut was auch in Zukunft zu erwarten ist.
Aus naturschutzfachlicher Sicht wird der Algenteppich als unproblematisch eingestuft. Der Bereich der Schussenmündung wird als sehr naturnahes und intaktes, dynamisches Ökosystem klassifiziert.
Die Situation vor Langenargen unterscheidet sich damit grundlegend von der Situation in überdüngten/“umgekippten“ Seen da das bei Langenargen beobachtete Algenwachstum sehr lokal auftritt. Der Bodensee insgesamt hat nach Jahrzehnten übermäßiger Nährstoffbelastung den naturnahen Charakter eines nährstoffarmen, aus Alpenzuflüssen gespeisten Sees.
Die Landesbehörden werden in den nächsten Jahren verstärkt auf die Optimierung der Regenwasserbehandlung hinwirken. Damit wird es auch im Bereich des Schussen-Einzugsgebiets zu einer weiteren Verringerung der Nährstoffbelastung kommen.
Darüber hinaus werden Nährstoffeinträge, meteorologische Daten und das Algenwachstum erfasst und überwacht, um ggf. weitere Steuerungsmöglichkeiten zu ermöglichen.
Um die Beeinträchtigungen für Bewohner und Besucher zu minimieren, wurden nach dem Auftreten größerer Algenteppiche im Sommer 2022 Möglichkeiten untersucht, um Algen aus intensiv genutzten Bereichen zu entfernen oder abzudrängen. Da sich ein solches Algenwachstum seither nicht wiederholt hat, konnten weitere Tests bislang nicht erfolgen.
Weiterhin sind durch die gemeindliche Feuerwehr bei weiteren massiven Algenansammlungen Schwefelwasserstoff-Messungen vorgesehen, um eine eventuelle Gefährdung von Mensch und Tier durch dieses Gas ausschließen zu können.
Mit der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023 wurden neue Standards für den guten landwirtschaftlichen ökologischen Zustand (GLÖZ) eingeführt. Diese sehen unter anderem einen Pufferstreifen von drei Metern an jedem Gewässer vor. Dies gilt auch für Gewässern von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung, welche im Wassergesetz von der Regelung des Gewässerrandstreifen ausgenommen sind.
Da auch Bodenerosion zu Stoffeinträgen in Gewässer führen kann, sind außerdem Maßnahmen zur Erosionsbegrenzung z. B. Pflüg-Verbote, die Einschränkung von Reihenkulturen und Mindestbedeckungsgebote festgesetzt worden.
Eine Grundlage für die Forderung zusätzlicher Maßnahmen ergibt sich, wenn die Grenzwerte der Wasserrahmenrichtlinie in den zugehörigen Wasserkörpern überschritten werden. Die Phosphatwerte im Einzugsgebiet der Schussen liegen weiterhin deutlich unterhalb der Grenzwerte.
Unterlagen und Dokumente zum Algenwachstum am Bodensee
Informationssystem BodenseeOnline
BodenseeOnline ist ein Informationssystem der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, welches für den Bodensee die Windverhältnisse, Wassertemperaturen, Strömungen und Wellen mit Modellen berechnet. Diese Daten unterstützen die Umweltüberwachung und das Störfallmanagement. Für die Öffentlichkeit werden Berechnungen für einen Zeitraum ab dem Vortag für die nächsten 78 Stunden online dargestellt. Diese basieren auf meteorologischen und hydrologischen Vorhersagedaten.