FAQs zur Luftreinhalteplanung
Hier finden Sie die wichtigsten Informationen rund um das Thema Luftreinhalteplanung im Regierungsbezirk Tübingen.
Luftschadstoffe und Immissionsgrenzwerte
Feinstaub PM10: Als Feinstaub (Particulate Matter - PM) werden feste Teilchen bezeichnet, die anhand ihrer Größe in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Als Feinstaub (PM10) bezeichnet man Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer (µm). Hauptverantwortlich für Staubemissionen sind Verbrennungsvorgänge und Produktionsprozesse. Staubpartikel verursachen Erkrankungen des Atemtraktes und des Herzkreislaufsystems.
Stickstoffdioxid NO2: Zu den Stickstoffoxiden (NOx) zählen Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Stickstoffoxide entstehen bei Verbrennungsprozessen. Haupterzeuger sind der Verkehrssektor und die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Stickstoffoxide reizen die Schleimhäute und Atemwege.
Immissionsgrenzwerte werden festgelegt, um schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern. Diese müssen innerhalb eines bestimmten Zeitraums eingehalten werden.
In der 39. Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) sind neben den Immissionsgrenzwerten auch weitere zentrale Themen wie die notwendige Anzahl und die Standortkriterien für den Betrieb von Luftmessstationen geregelt. Siehe hierzu https://gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/documents/20121/54272/2_1_39.pdf
In § 47 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist festgelegt, dass die Behörden einen Luftreinhalteplan aufstellen müssen, wenn gemessene Immissionsgrenzwerte überschritten werden. Dieser Plan muss die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen und dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegen.
Siehe auch: https://gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/documents/20121/54272/1_2_01.pdf
In Baden-Württemberg sind die Regierungspräsidien für die Erarbeitung von Luftreinhalteplänen zuständig. Dieses Verfahren wird in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Kommunen und unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
Luftqualitäts-Messungen
In Baden-Württemberg ist die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) für die Überwachung der Luftqualität zuständig. Informationen zum Messprogramm, zur Auswahl und Überprüfung der Messstellen sowie zur Durchführung und Qualitätssicherung der Immissionsmessungen der LUBW finden Sie auf der Internetseite der LUBW unter: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/luft/faqs-zu-luftmesswerten
Für die Durchführung rechtlich bindender Immissionsmessungen können auch andere akkreditierte Messinstitute beauftragt werden. Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) listet alle akkreditierten Messinstitute (siehe https://www.dakks.de/).
Die Messstationen des Luftmessnetzes dienen der Langzeitüberwachung von Luftschadstoffen. Diese Messstationen werden langfristig betrieben und nicht abgebaut, auch wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Die Messungen ermöglichen eine Aussage über die zeitliche Entwicklung der Luftbelastung. Zum Luftmessnetz zählen:
- Ländliche Hintergrundmessstationen, die weitab vom Einfluss anthropogener Emissionen liegen.
- Städtische Hintergrundmessstationen, die sich in Wohngebieten mit dichter Bebauung ohne Einfluss durch Verkehr befinden.
- Verkehrsmessstationen, die an verkehrsreichen Straßen betrieben werden.
Bei den Spotmessungen handelt es sich um zeitlich befristete Messungen an straßennahen Belastungsschwerpunkten. Die Aufgabe der Spotmessstationen liegt in der Erfassung der Luftschadstoffbelastung an innerörtlichen Straßen mit einem hohen Verkehrsaufkommen und schlechten Ausbreitungsbedingungen. Kommt es an einer Messstation zu einer Überschreitung des Jahresmittelgrenzwertes muss das zuständige Regierungspräsidium Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergreifen. Sobald die Grenzwerte an diesen Messstationen eingehalten werden, kann die Spotmessstation abgebaut werden.
Außerdem gibt es im Einzelfall Sondermessungen als ergänzende Profilmessung im Umfeld verkehrsnaher Messstellen. Dies dient der Überprüfung der räumlichen Repräsentativität der Messstelle. Die Messung wird mit Passivsammlern durchgeführt.
Die LUBW betreibt an folgenden Standorten im Regierungsbezirk Tübingen folgende Luftmessstationen:
Luftmessnetz:
- Ländliche Hintergrundmessstation: Schwäbische Alb - Sonnenbühl-Erpfingen
- Städtische Hintergrundstation: Friedrichshafen – Ehlersstraße; Reutlingen – Pomologie; Tübingen – Derendingen; Ulm – Böblingerstraße; Biberach - Hans-Liebherr-Straße
- Verkehrsmessstation: Reutlingen – Lederstraße-Ost
- Spotmessungen: Balingen – Schömberger Straße; Tübingen – Mühlstraße, sowie seit 2020 Am Stadtgraben und Kelternstraße; Ulm – Zinglerstraße
Eine aktuelle Auflistung aller von der LUBW betriebenen Messstellen finden Sie unter: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/luft/messstelleninformation
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat die TÜV Rheinland Energy GmbH beauftragt, eine deutschlandweite Überprüfung der von den Bundesländern betriebenen verkehrsnahen Messstellen durchzuführen. Insbesondere wurde geprüft, ob die rechtlichen Vorgaben zum Standort eingehalten werden. Die Überprüfung der verkehrsnahen Messstellen erfolgte 2019. Insgesamt wurden bundesweit 70 verkehrsnahe Messstellen überprüft, davon 24 in Baden-Württemberg. Das Gutachten bestätigte, dass die von der LUBW betriebenen verkehrsnahen Messstellen die Standortkriterien der Anlagen 3 b und c der 39. BImSchV erfüllen. Dies gilt unter anderem für die Messstelle in der Reutlinger Lederstraße Ost.
Die Ergebnisse der Überprüfung können Sie unter folgendem Link einsehen: https://www.bmuv.de/download/tuev-begutachtung-der-positionierung-verkehrsnaher-probenahmestellen-zur-messung-der-no2-konzentrationen-an-ausgewaehlten-standorten
Die Messstellen des Luftmessnetzes werden auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV nicht abgebaut.
Bei den Spotmessstellen handelt es sich um zeitlich befristete Messungen. Diese werden abgebaut, wenn die Luftqualitätsgrenzwerte eingehalten sind
Zuständigkeiten
Das Regierungspräsidium Tübingen stellt die Luftreinhaltepläne für den Regierungsbezirk auf. Dies beinhaltet vor allem die Entwicklung geeigneter Maßnahmen und von Maßnahmenpaketen, die zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung führen. Dabei findet eine enge Zusammenarbeit mit den jeweils betroffenen Kommunen und weiteren Interessenvertretern wie etwa ÖPNV-Anbietern oder Wirtschaftsvertretern statt.
Die betroffenen Kommunen wirken bei jedem Schritt der Maßnahmenentwicklung mit und bringen ihr Wissen über die lokalen Gegebenheiten ein. Die Verkehrsbehörden setzen die verkehrlichen Maßnahmen um.
Die LUBW überwacht für das Land Baden-Württemberg die Luftqualität. Sie erstellt u.a. ein Emissionskataster auf dessen Grundlage Verursacheranalysen ermittelt werden. Die Verursacheranalysen weisen aus, welche Emittentengruppen für welchem Beitrag zur Luftschadstoffbelastung verantwortlich sind. Die Berichte über Ergebnisse der Luftqualitätsmessungen sowie zahlreiche weitere Berichte zur Luftreinhaltung finden Sie unter https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/luft
Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität
Die Maßnahmen müssen sich gegen die Hauptverursacher der Luftbelastung richten. Dazu erstellt die LUBW Verursacheranalysen.
Die Maßnahmen müssen schnell zur Grenzwerteinhaltung führen und die Luftqualität dauerhaft verbessern.
Es ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demnach dürfen restriktive Regelungen nur dann zum Einsatz kommen, wenn mildere Maßnahmen keinen Erfolg haben.
Um Ideen zur Verbesserung der Luftqualität zu erhalten werden Bürger-/Innen sowie die örtlichen Interessenvertretungen und Behörden beteiligt. Zudem sind bereits gemachte Erfahrungen aus anderen Städten wertvoll.
Außerdem müssen sich die Maßnahmen als rechtlich und technisch umsetzbar erweisen. Das heißt, dass sich die Ausgestaltung der Maßnahmen im gesetzlichen Rahmen befinden muss und ein Eingriff (bspw. in den Straßenverkehr) nur aufgrund einer straßenverkehrsrechtlichen Grundlage erfolgen darf.
Die Umsetzbarkeit und die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme bewertet das Regierungspräsidium Tübingen. Die Wirksamkeit von Maßnahmen wird von unabhängigen Fachgutachtern geprüft.
Um die Wirksamkeit von Maßnahmen auf die Luftqualität prognostizieren zu können, sind vertiefte, fachgutachterliche Untersuchungen notwendig. In der Regel beauftragt das Regierungspräsidium dazu externe und unabhängige Ingenieurbüros mit Expertise auf diesem Gebiet.
In den Fachgutachten werden zunächst die verkehrlichen Auswirkungen der Maßnahmen untersucht. Dazu werden mittels Verkehrsmodell Prognosen erstellt, wie sich der Verkehr mit Einführung der Maßnahme verändern würde. Dies betrifft sowohl die Verkehrsmengen (durchschnittliche Anzahl der Fahrzeuge, getrennt nach der Fahrzeugart) als auch die Verkehrssituationen bzw. Verkehrsqualität (frei fließend bis zu Stau) und die Verkehrszusammensetzungen (Flottenzusammensetzungen).
Auf Grundlage dieser verkehrlichen Prognosen können dann mittels Emissionsmodell die Emissionen für jeden relevanten Streckenabschnitt ermittelt werden. Die Emissionsberechnungen erfolgen dabei auf Basis des aktuell gültigen Handbuchs für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA) und anhand des Schadstoffausstoßes der jeweiligen Fahrzeugart.
Zur Ermittlung der Immissionen auf Basis der berechneten Emissionen stehen verschiedene prognostische Strömungs- und Ausbreitungsmodelle zur Verfügung. In diesen Modellen werden meteorologische Bedingungen (bspw. Windstärken, Windrichtungen) ebenso berücksichtigt wie Gebäudestrukturen (Art der Randbebauungen) und Hintergrundbelastungen.
Für jede Maßnahme, die für die Luftreinhalteplanung in die nähere Auswahl kommt, muss die Wirksamkeit fachgutachterlich nachgewiesen werden.
Geschwindigkeitsbegrenzungen wirken sich positiv auf die Luftqualität aus, wenn sie durch eine Verkehrsverstetigung zu einem besseren Verkehrsfluss führen.
Die Wirkung von Geschwindigkeitsbegrenzungen wird für den Einzelfall geprüft.
Geschwindigkeitsbegrenzungen können außerdem zu Verkehrsverlagerungen führen, wenn durch sie die Reisedauer so erhöht wird, dass eine geeignete Ausweichroute schneller ist. Dies hat einen positiven Effekt auf die Luftqualität in dem Streckenabschnitt, in dem die Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt wird.
Bei der fachgutachterlichen Prüfung einer verkehrlichen Maßnahme wird immer auch der Ausweichverkehr untersucht. Eine Maßnahme kann nur dann umgesetzt werden, wenn die Umsetzung nicht zu neuen Grenzwertüberschreitungen oder Verschlechterungen der Luftqualität in Bereichen mit bereits erhöhten Belastungen führt. Die Verlagerung des Verkehrs in Straßen ohne direkt angrenzende Wohnbebauung ist aus Sicht der Luftreinhaltung, welche dem Gesundheitsschutz dient, zulässig.
Bei der Erarbeitung von Maßnahmen wird darauf geachtet, dass durch längere Fahrstrecken der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) nicht erhöht wird. Wenn auf einer Ausweichstrecke der Verkehr flüssig läuft, kann hier im Vergleich zu einer Stop‑and‑Go Situation auch bei einer längeren Strecke ein vergleichbarer oder sogar niedriger CO2-Ausstoß entstehen.
Ampelschaltungen haben einen entscheidenden Einfluss auf den Verkehrsfluss. Die Verkehrsbehörden der jeweiligen Städte arbeiten ständig an Verbesserungen der Ampelschaltungen, um die sogenannte grüne Welle zu schalten. Ein Grüne Welle kann es aber immer nur auf einer Strecke und in einer Richtung geben.
Im Sinne der Luftreinhaltung sind oftmals sogenannte „Zuflussoptimierungen bzw. Pförtnerungen“ sinnvoll. In diesem Fall werden Fahrzeuge in Bereichen ohne direkt angrenzende Wohnbebauung (etwa Außerorts) mittels Ampeln angehalten, um diese dann im Pulk bei grüner Welle durch die belasteten Straßenabschnitte zu schicken. Dadurch wird eine Verbesserung des Verkehrsflusses in den belasteten Straßen erzielt, wodurch sich dort die Luftqualität verbessert.
Im Regierungsbezirk Tübingen benötigt ein Fahrzeug eine grüne Plakette, um in eine der Umweltzonen einfahren zu dürfen. Dieselfahrzeuge mit einer grünen Plakette haben einen Partikelfilter und somit einen geringen Feinstaub-Ausstoß.
Seit 2014 werden im Regierungsbezirk Tübingen an allen straßennahen Messstellen die Grenzwerte für Feinstaub PM10 eingehalten. An dieser erfreulichen Entwicklung der Luftqualität haben die Umweltzonen einen entscheidenden Anteil.
Die Umweltzonen haben auch auf die NO2-Belastung einen geringen positiven Einfluss, da die Einführung der Maßnahme zu einer beschleunigten Flottenerneuerung führt und verstärkt neue Fahrzeuge mit niedrigem NO2-Ausstoß am Verkehr teilnehmen.
Für die Einhaltung von verkehrlichen Maßnahmen, wie die Einfahrt in Umweltzonen oder das LKW-Durchfahrtsverbot, sind die entsprechenden Verkehrsbehörden (Polizei oder örtliche Ordnungsbehörden) zuständig.
Fahrverbote verbieten das Befahren bestimmter Straßenabschnitte mit bestimmten Fahrzeugen. Verkehrsverbote wiederum beziehen sich auf Gebiete (Zonen), in denen das Fahren wie auch das Abstellen der vom Verbot betroffenen Fahrzeuge untersagt ist.
Im Regierungsbezirk Tübingen hat sich die Luftqualität stetig verbessert. So werden die Immissionsgrenzwerte auch an fast allen verkehrsnahen Straßenabschnitten im Regierungsbezirk seit 2019 eingehalten.
Das Regierungspräsidium Tübingen ist zuversichtlich, dass die Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwertes im gesamten Regierungsbezirk 2020 durch andere Maßnahmen erreicht wird, wodurch in keiner Stadt oder Gemeinde Verkehrs- oder Fahrverbote für Dieselfahrzeuge notwendig sein werden.
Entwickelt sich die Luftqualität in einem Luftreinhalteplangebiet so gut, dass der Stickstoffdioxid-Grenzwert in Höhe von 40 µg/m³ sicher eingehalten wird, prüft das Regierungspräsidium Tübingen, ob und ggf. welche der Maßnahmen des jeweiligen Luftreinhalteplans aufgehoben werden können. Dabei werden auch die Auswirkung auf andere Umweltbelange – wie beispielsweise den Lärmschutz – berücksichtigt. Außerdem muss sichergestellt sein, dass mit Aufhebung von Luftreinhalteplanmaßnahmen keine erneute Überschreitung der Immissionsgrenzwerte eintritt.
Das Verfahren zur Aufhebung von Luftreinhalteplanmaßnahmen entspricht dem Verfahren der Fortschreibung eines Luftreinhalteplans, d.h. die betroffenen Stellen und die Öffentlichkeit werden beteiligt.
Eine sehr effektive Möglichkeit zur Verbesserung der Luftqualität stellt der Umstieg auf alternative Verkehrsmittel, wie Bus, Bahn oder Fahrrad dar. Erledigungen des alltäglichen Lebens können oftmals auch zu Fuß durchgeführt werden.
Außerdem ist die Nutzung eines Car-Sharing Angebotes auch ein Weg die Luftqualität zu verbessern.
Diese Maßnahmen senken zusätzlich den CO2-Ausstoß und dienen damit dem Klimaschutz.