Modeschmuck

Blei und Cadmium in Modeschmuck

Schwerpunktaktion aus dem Jahr 2020

Um das Risiko für Mensch und Umwelt zu minimieren, wurden Grenzwerte für die Schwermetalle Blei und Cadmium in Modeschmuck festgelegt. Durch die Verordnung (EU) 494/2011 wurde der Eintrag 23 des Anhangs XVII der REACH-Verordnung um ein Verbot für Cadmium in Schmuckwaren erweitert. Danach ist das Inverkehrbringen und Verwenden von Metallteilen in Schmuckerzeugnissen, die Cadmium in Konzentrationen von 0,01 Gewichtsprozent (entspricht 100 ppm) oder mehr enthalten, verboten. Ausgenommen von diesen Regelungen sind Erzeugnisse, die vor dem 10. Dezember 2011 erstmals in Verkehr gebracht wurden und Schmuck, der am 10. Dezember 2011 mehr als 50 Jahre alt war.

Weiterhin wurde mit der Verordnung (EU) 836/2012 der Eintrag 63 in den Anhang XVII der REACH-Verordnung aufgenommen. Danach darf Blei nicht in Schmuck oder in einem einzelnen Teil einer Schmuckware verwendet werden, wenn der Bleigehalt (im Metall) 0,05 Gewichtsprozent (entspricht 500 ppm) oder mehr beträgt. Ausgenommen hiervon sind Schmuckwaren, die vor dem 9. Oktober 2013 erstmals in Verkehr gebracht oder vor dem 10. Dezember 1961 hergestellt wurden.

Vorgehen und Methodik

Am Jahresanfang konnten zwei unterschiedliche Verbrauchermessen bezüglich der Einhaltung der gemäß REACH-Verordnung beschränkten Schwermetalle Cadmium und Blei in Modeschmuck stichprobenartig überprüft werden. Auf einer Verbrauchermesse war eine Vor-Ort-Prüfung mit Hilfe der Röntgenfluoreszenzspektrometrie (RFA) möglich, auf der zweiten Verbrauchermesse wurden ausgesuchte Prüfmuster zur weiteren Überprüfung entnommen.

Aufgrund der COVID19-Pandemie lag im weiteren Verlauf des Jahres der Fokus dieser Jahresaktion ausschließlich auf dem Onlinehandel.

Die Auswahl der zu überprüfenden Onlinehändler erfolgte anhand des Onlineangebots. Hierbei lag der Schwerpunkt auf den Produktsegmenten Modeschmuck, Themenschmuck, Schmuck aus unterschiedlichen Metallen sowie günstige Schmuckangebote. Ebenso wurde das Angebot auf dem Online-Marktplatz eines großen Onlinehändlers angemessen berücksichtigt.
Darüber hinaus hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Rahmen eines eigenen Projektes verschiedene Händler aus Baden-Württemberg ermittelt, die über unterschiedliche Onlineplattformen auffallend günstige Schmuckwaren anboten. Auch diese wurden in die Überprüfung integriert. Die Ergebnisse werden für das dortige Projekt zur Verfügung gestellt.
 
Nach Sichtung der Onlineangebote der ausgewählten Händler erfolgte eine Entnahme ausgesuchter Schmuckwaren direkt aus dem aktuellen Sortiment. Nach Erhalt der Schmuckwaren wurden diese in Hinblick auf die Einhaltung der gemäß REACH-Verordnung beschränkten Schwermetalle Cadmium und Blei in Modeschmuck stichprobenartig an verschiedenen metallischen Teilen durch eine RFA-Prüfung gemäß DIN EN 62321-3-1:2014-10 geprüft. Mögliche Messpunkte waren hierbei beispielsweise Anhänger, Kettenverschlüsse, metallische Ösen, Quetsch-Hülsen oder metallische Einfassungen von Steinen. Da es sich bei der RFA-Prüfung um eine zerstörungsfreie Prüfung handelt, konnten nicht auffällige Schmuckwaren ohne Wertminderung auf Wunsch zurückgegeben werden.

Zeigte dieses Screening mit dem RFA-Messgerät eine Überschreitung des jeweiligen Grenzwertes, folgte eine nasschemische Analyse auf Cadmium und/oder Blei durch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) mittels ICP-Technik gemäß VDI 2267 Bl. 1:2019-12 nach Säureaufschluss mit Flusssäure, Salpetersäure und Wasserstoffperoxid. Als Vorgabe der LUBW wurde für eine Doppelbestimmung eine Probenmenge von mindestens 0,5 g vorausgesetzt.

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Bei 63 Händlern wurden insgesamt 445 unterschiedliche Schmuckwaren mittels RFA überprüft. Im Zuge der Prüfung und der anschließenden nasschemischen Analyse wurde bei insgesamt 107 Schmuckwaren (entspricht 24 Prozent) eine Überschreitung des Grenzwertes für Cadmium und/oder Blei ermittelt und damit ein Anfangsverdacht festgestellt.
Einen zu hohen Cadmiumgehalt wiesen hiervon 61 Schmuckwaren auf. Bei 59 dieser Schmuckwaren lag das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens nach dem relevanten Stichdatum 10. Dezember 2011, so dass in diesen Fällen eindeutig ein Mangel festgestellt werden konnte. Für die verbleibenden zwei Schmuckwaren wurde zwar eine Überschreitung des Grenzwertes festgestellt, jedoch konnte das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens nicht mehr ermittelt und damit der Mangel nicht eindeutig festgestellt werden.

Weiterhin wurde bei 38 Schmuckwaren eine Überschreitung des Bleigrenzwertes ermittelt. Davon konnte bei 17 Schmuckwaren aufgrund des Datums des erstmaligen Inverkehrbringens nach dem 9. Oktober 2013 eindeutig ein Mangel festgestellt werden. Für elf Schmuckwaren wurde nach Vorlage der Analysenergebnisse plausibel dargelegt, dass das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens vor diesem Stichtag lag. Für sieben Schmuckwaren war eine abschließende Klärung des Zeitpunkts des erstmaligen Inverkehrbringens und damit die Feststellung des Mangels nicht möglich.
Für drei Schmuckwaren ist die Klärung des Sachverhalts noch offen.

Bei acht Schmuckwaren wurde sowohl der Cadmium- als auch der Bleigrenzwert überschritten. Für diese Schmuckwaren konnte ein eindeutiger Mangel über das erstmalige Inverkehrbringen nach den jeweils oben genannten Stichtagen festgestellt werden.
Bei allen weiteren Schmuckwaren war die RFA-Messung unauffällig, oder bei einer Schmuckware konnte der Wirtschaftsakteur zeitnah nach der RFA-Messung nachweisen, dass das erstmalige Inverkehrbringen vor dem entsprechenden Stichtag für Blei lag. Eine nasschemische Analyse wurde folglich nicht notwendig.

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Besonders hervorzuheben ist, dass die Überschreitungen des jeweiligen Grenzwertes in vielen Fällen sehr deutlich ausfielen. Es wurde in 66 Fällen eine Cadmiumkonzentration zwischen 35 und 95 Gewichtsprozent ermittelt, was einer bis zu 9.500fachen Grenzwertüberschreitung entspricht. Davon wurde in 63 Fällen ein eindeutiger Mangel festgestellt. Für Blei wurde in zehn Fällen eine Konzentration zwischen 35 und 80 Gewichtsprozent – also eine Grenzwertüberschreitung bis zu Faktor 1600 – ermittelt, wovon ein eindeutiger Verstoß in sieben Fällen vorlag.

Ergänzend ist festzustellen, dass von den 445 überprüften Schmuckwaren insgesamt 369 Schmuckwaren aus den jeweiligen Angeboten von 53 Onlinehändlern stammten. Bis auf ein Prüfmuster bezogen sich die mittels RFA-Prüfung und anschließender nasschemischer Analyse festgestellten Mängel ausschließlich auf die entnommenen Schmuckwaren aus dem Onlinehandel. Somit ergibt sich eine Quote der festgestellten Mängel von rund 22,8 Prozent für die Prüfmuster aus dem Onlinehandel.

Ein Vergleich des vorliegenden Gesamtergebnisses mit dem Ergebnis aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass der aus dem Bereich Messe und Onlinehandel gemittelte Anteil an auffälligen Schmuckwaren mit rund 24 Prozent deutlich höher liegt als der im Vorjahr gefundene Anteil von rund 14 Prozent. Der hohe Anteil der auffälligen Schmuckwaren aus dem Bereich Onlinehandel lässt diese Branche auch weiterhin in den Fokus rücken.

Maßnahmen und Folgerungen

Sofern bei der nasschemischen Analyse der Grenzwert für Cadmium und/oder Blei überschritten wurde, erhielt der Händler ein Schreiben mit dem Prüfergebnis und der Aufforderung zur Stellungnahme. Um das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens der Schmuckware einzugrenzen, wurden auch Lieferscheine oder gleichwertige Nachweise zur Vorlage angefordert.
Alle Händler, bei denen ein Verstoß vorlag, stellten das Inverkehrbringen der betroffenen Schmuckwaren unverzüglich freiwillig ein. Die Angebote auf den Online-Plattformen wurden unverzüglich freiwillig gelöscht. Gegebenenfalls wurden auch die Kunden über den Mangel und eine freiwillige Rücknahme erworbener Schmuckstücke informiert. Auch in den Fällen, in denen das Datum des erstmaligen Inverkehrbringens vor dem jeweiligen Stichtag lag, wurden die betroffenen Schmuckstücke in der Regel freiwillig aus dem Handel genommen.

Sofern der Hersteller, Importeur oder Anbieter der Schmuckwaren nicht in Baden-Württemberg ansässig war, wurden zusätzlich die jeweils örtlich zuständigen Behörden über das Informations- und Kommunikationssystem der Marktüberwachung (Information and Communication System for Market Surveillance, ICSMS) oder per E-Mail informiert (sofern die Behörde nicht an ICSMS angeschlossen war). Somit konnten auch die ergriffenen Maßnahmen entlang der Lieferkette bei dem Hersteller oder Importeur von behördlicher Seite begleitet werden.

Bei hohen Überschreitungen der Grenzwerte wurde dem BVL, aufgrund dortiger Zuständigkeit für Bedarfsgegenstände, in 64 Fällen mittels ICSMS die Informationen zu den jeweils betroffenen Schmuckwaren, mit der Bitte eine RAPEX-Meldung (RAPEX - Rapid Exchange of Information System, EU-weites Schnellwarnsystem) zu erstellen, weitergeleitet.

Die Jahresaktion „Blei und Cadmium in Modeschmuck“ zeigte erneut, dass die Grenzwerte in Schmuckwaren teilweise massiv überschritten wurden. Aufgrund der möglichen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt ist eine weitere Beobachtung des Marktes durch die Marktüberwachung geboten, so dass die Aktion im Jahr 2021 fortgesetzt wird.

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