Da das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund fehlender toxikologischer Daten bisher keine konkrete Bewertung für kurzkettige PFC in Lebensmitteln ableiten konnte, hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Minimierungsgrundsatzes hierfür sogenannte Beurteilungswerte (die für Lebensmittel duldbaren Werte) festgelegt.
Die Beurteilungswerte werden sowohl beim Vorernte-Monitoring (VEM) als auch bei der Lebensmittelüberwachung berücksichtigt. Beim VEM werden Pflanzen auf belasteten Flächen rechtzeitig vor der Ernte auf PFC untersucht. Erzeugnisse mit PFC-Gehalten oberhalb der vorsorgeorientierten Beurteilungswerte dürfen als Lebensmittel nicht in Verkehr gebracht werden. Die Beurteilungswerte dienen als Entscheidungsgrundlage für die Verkehrsfähigkeit von Pflanzen, die auf PFC-belasteten Flächen in Mittel- und Nordbaden angebaut werden, zur Verwendung als Lebensmittel sowie von Fleisch, Fisch und Innereien.
Lebensmittel, deren Gehalte an kurzkettigen PFC gesichert über den genannten Beurteilungswerten liegen, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden.
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat im Dezember 2018 eine Neubewertung zu gesundheitlichen Risiken durch PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroktansäure) in Lebensmitteln veröffentlicht und niedrigere vorläufige tolerierbare wöchentliche Aufnahmemengen (PTWI, Provisional Tolerable Weekly Intake) abgeleitet:
Die Werte geben die wöchentliche Dosis an, die bei lebenslanger Aufnahme keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Menschen erwarten lassen. Sie sind aus Vorsorgegründen deutlich niedriger als die bislang von der EFSA und einigen anderen internationalen Gremien abgeleiteten gesundheitsbezogenen Richtwerte.
Die Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 14.12.2018, bei zukünftigen Bewertungen von PFOS und PFOA in Lebensmitteln diese vorläufigen gesundheitsbezogenen Richtwerte der EFSA trotz des weiterhin vorhandenen Forschungsbedarfes heranzuziehen, wird berücksichtigt.
Die EFSA hat am 24.02.2020 einen Berichtsentwurf zur gesundheitsbasierten Bewertung von PFC in Lebensmitteln veröffentlicht, der bis zum 20.04.2020 in einer öffentlichen Konsultation kommentiert werden kann. Voraussichtlich im Sommer 2020 wird die EFSA unter Berücksichtigung der Konsultationsergebnisse ihren finalen Bericht verabschieden und veröffentlichen.
Die EFSA hat in diesem Entwurf als gesundheitsbasierten Richtwert für Lebensmittel eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) für die Summe von vier PFC-Verbindungen abgeleitet:
Die aktuelle Ableitung der EFSA basiert auf Beobachtungen in epidemiologischen Studien, die bei höheren PFC-Konzentrationen niedrigere Konzentrationen von Impfantikörpern im Menschen gezeigt haben.
Die Auswirkungen und mögliche Konsequenzen des neuen gesundheitsbasierten Richtwertes der EFSA werden derzeit durch die zuständigen Behörden geprüft. Nach ersten Einschätzungen werden nur geringe Auswirkungen auf die Untersuchung und Einstufung pflanzlicher Proben im Rahmen der Lebensmittelüberwachung und des Vorerntemonitorings in Mittel- und Nordbaden erwartet, da in dem Entwurf keine Richtwerte zu den kurzkettigen PFC-Verbindungen wie Perfluorbutansäure (PFBA), Perfluorpentansäure (PFPeA) und Perfluorhexansäure (PFHxA) abgeleitet werden.
Begleitend und ergänzend zum Vorerntemonitoring werden durch die amtliche Lebensmittelüberwachung pflanzliche und tierische Lebensmittelproben aus den belasteten Gebieten erhoben und durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg auf PFC untersucht. Die Probenahme der pflanzlichen und tierischen Lebensmittel erfolgt in der Regel direkt bei den betroffenen Erzeugern beziehungsweise im nachgelagerten Handel und Vermarktungseinrichtungen.
Die Kombination Vorerntemonitoring und Lebensmittelüberwachung bietet ein Höchstmaß an Sicherheit, um zu verhindern, dass Lebensmittel mit erhöhten PFC-Gehalten auf den Markt kommen. Dies bestätigen die Kontrolluntersuchungen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.
Zum Vergleich des Vorkommens von perfluorierten Verbindungen in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln aus anderen Anbauflächen bzw. aus anderen Herkunftsgebieten werden auch amtliche Lebensmittelproben aus anderen Gebieten Baden-Württembergs, aus anderen Bundesländern und aus anderen Ländern (EU- und Drittländer) auf PFC untersucht.