Planfeststellung
Das Planfeststellungsverfahren ist das Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben, die eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Interessen berühren. Es ist u. a. vorgeschrieben für den Bau und die Änderung von Straßen (z. B. Autobahnen), Schienenwegen (Eisenbahnen und Straßenbahnen), Flugplätzen, Hochspannungs- und andere Energieversorgungsleitungen, Gewässerausbau, Kraftwerke, Magnetschwebebahnen und Seilbahnen. Im Verfahren und in der abschließenden Entscheidung, dem Planfeststellungsbeschluss, findet eine umfassende Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange mit den für das Vorhaben sprechenden Argumenten statt. Ziel des Verfahrens ist es, alle Interessen möglichst „unter einen Hut“ zu bringen.
Ein wichtiges Merkmal der Planfeststellung ist die sogenannte Konzentrationswirkung. Das bedeutet, dass der Planfeststellungsbeschluss alle anderen notwendigen Einzelgenehmigungen (z. B. naturschutzrechtliche Befreiungen, Waldumwandlungsgenehmigungen) ersetzt. Dies wiederum erfordert die frühzeitige und umfassende Beteiligung sowohl aller Träger öffentlicher Belange (Gemeinden, Fachbehörden, usw.), deren Aufgabenbereiche von dem Projekt berührt sind, als auch von Verbänden und sonstigen Stellen, die ihren Sachverstand und ihre Forderungen auf diesem Weg ins Verfahren einbringen können, sowie der privaten Betroffenen.
Aktuelle Planfeststellungsverfahren, -beschlüsse und öffentliche Bekanntmachungen
Wie sieht der Plan aus?
Es handelt sich nicht nur um einen Plan, sondern um zahlreiche Planunterlagen, die mehrere Planordner umfassen können. Regelmäßig enthalten die Unterlagen
- einen Erläuterungsbericht, in dem das Vorhaben beschrieben wird (Notwendigkeit der Maßnahme, technische Einzelheiten, untersuchte Varianten u. a.),
- Lage- und Höhenpläne in verschiedenen Maßstäben,
- einen Landschaftspflegerischen Begleitplan, der die Eingriffe in Natur und Landschaft und die dafür vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen aufzeigt,
- einen Grunderwerbsplan, d.h. einen Lageplan, in dem die benötigten privaten Grundstücksflächen gekennzeichnet sind,
- ein Grundstücksverzeichnis, in dem die beanspruchten Flurstücke, der Umfang der Inanspruchnahme und die jeweiligen Eigentümer enthalten sind.
Hinzukommen können je nach Vorhaben
- spezielle Bauwerkspläne bei Brücken, Tunnelstrecken u. a.,
- schalltechnische Unterlagen (Lärmberechnungen, vorgesehene Schallschutzmaßnahmen),
- Gutachten (Umweltverträglichkeitsstudien, Verkehrsuntersuchungen, Schadstoffgutachten, hydrologische Untersuchungen).
Entscheidend für den Umfang der Planunterlagen ist, dass die Auswirkungen des Vorhabens auf alle berührten Belange erkennbar sind.
Schritt für Schritt zur Genehmigung
Der Vorhabenträger – das ist derjenige, der die Maßnahme bauen will - stellt einen Antrag auf Durchführung des Planfeststellungsverfahrens. Dem Antrag werden die Planunterlagen mit den für die Anhörung notwendigen Mehrfertigungen beigefügt.
Nach einer ersten Sichtung und Vollständigkeitsprüfung führt die zuständige Planfeststellungsbehörde eine umfassende Anhörung durch. Sämtliche Träger öffentlicher Belange (Fachbehörden, Gemeinden), deren Aufgabenbereich von der Maßnahme betroffen sein könnte, sowie Verbände, ggf. Versorgungsunternehmen und sonstige relevante Stellen werden zur Stellungnahme aufgefordert. Gleichzeitig wird veranlasst, dass die Pläne in den betroffenen Gemeinden einen Monat lang zur Einsicht ausgelegt werden und auf diese Auslegung durch ortsübliche Bekanntmachung im Amtsblatt hingewiesen wird. Die ortsübliche Bekanntmachung richtet sich nach den Gepflogenheiten in der jeweiligen Gemeinde (i. d. R. gemeindliches Mitteilungsblatt). Zusätzlich werden die Pläne unter Angabe des konkreten Vorhabens auf der Internetseite „Aktuelle Planfeststellungsverfahren“ eingestellt. Sie sind dort für jedermann einsehbar.
Jeder, dessen Belange durch die Maßnahme berührt werden, kann jetzt bis zum Ablauf der Einwendungsfrist Einwendungen erheben. Über diese Frist wird in der oben genannten Bekanntmachung informiert. Nach Ablauf dieser Frist sind Einwendungen im jeweiligen Planfeststellungsverfahren ausgeschlossen.
Wenn alle Stellungnahmen und Einwendungen vorliegen, setzt die Planfeststellungsbehörde den sogenannten „Erörterungstermin“ an. Auch dieser Termin wird ortsüblich bekannt gemacht. Außerdem erhalten alle, die Einwendungen erhoben haben, eine persönliche Einladung.
Allerdings: Wären mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, genügt eine öffentliche Bekanntmachung. Diese erfolgt dann zusätzlich in den örtlichen Tageszeitungen und im Staatsanzeiger. Die Einwender werden in diesem Fall nicht nochmals gesondert persönlich zu dem Erörterungstermin eingeladen.
Im Termin werden die eingegangenen Einwendungen Privater sowie die Stellungnahmen der Behörden und Verbände mit dem Vorhabenträger, den Behörden, den Betroffenen und denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, erörtert. Der Vorhabenträger ist aufgefordert, die Argumente für seine Planung darzulegen, gleichzeitig aber auch zu prüfen, ob den einzelnen Einwendungen Rechnung getragen werden kann. Die Planfeststellungsbehörde hat dabei die Aufgabe, die Verhandlung neutral und ergebnisoffen zu leiten und zu einem Interessenausgleich zu führen. Der Termin hat aber auch den Zweck, alle Argumente für die abschließende Entscheidung „auf den Tisch“ zu bekommen. Bei Großvorhaben mit vielen Einwendungen kann ein Erörterungstermin schon einmal mehrere Tage dauern und eine Festhalle füllen!
Im Anschluss an den Erörterungstermin prüft die Planfeststellungsbehörde, ob ein Planfeststellungsbeschluss erlassen werden kann - es sei denn, es kommt aufgrund der Anhörung zu Planänderungen. Dann ist zunächst eine ergänzende Anhörung der von den Änderungen Betroffenen erforderlich.
Besonderheiten:
Bei Straßenbahnen: Hier wird die Anhörung und der Erörterungstermin nicht von der Planfeststellungsbehörde durchgeführt, sondern von der jeweiligen unteren Verwaltungsbehörde (das sind die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden).
Bei Schienenwegen bundeseigener Eisenbahnen (Deutsche Bahn AG): Hier erlässt den Planfeststellungsbeschluss nicht das Regierungspräsidium, sondern das Eisenbahn-Bundesamt. Das Regierungspräsidium ist in diesen Fällen nicht Planfeststellungs- sondern Anhörungsbehörde, verfasst einen Abschlussbericht über das Ergebnis der Anhörung mit einem Entscheidungsvorschlag und legt diesen dem Eisenbahn-Bundesamt vor. Dies gilt aber nur für Verfahren, die vor dem 06.12.2020 eingeleitet wurden; für später begonnene Verfahren ist jetzt das Eisenbahn-Bundesamt auch Anhörungsbehörde.
Diese Frage wirft ein Problem auf: Wer ist denn von einem Vorhaben, z. B. von einer neuen Straße, „betroffen“? Dass dies private Grundstückseigentümer sind, die Flächen für das Vorhaben abtreten müssen, steht außer Frage. Auch diejenigen, die unmittelbar an der neuen Straße wohnen und erhöhten Lärmbelastungen ausgesetzt sind, zählen dazu. Aber schon der Kreis dieser Personen ist schwer zu bestimmen, und erst recht gilt dies für die weiter entfernt Wohnenden.
Aufgrund dieser Schwierigkeiten sieht das Gesetz vor, dass eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht über ein persönliches Anschreiben erfolgt, sondern über eine Auslegung der Pläne in der jeweiligen Gemeinde und eine entsprechende ortsübliche Bekanntmachung (i. d. R. im gemeindlichen Mitteilungsblatt). Das bedeutet, dass jeder Einzelne Einsicht in die Planunterlagen nehmen muss, um zu erkennen, ob er betroffen ist. Vorsicht: Der Einwand, man habe von dem Vorhaben nichts gewusst, ist unerheblich: Die Bekanntmachungen haben gerade den Zweck, auf derartige Vorhaben hinzuweisen - eine eigenverantwortliche Information über aktuelle Vorgänge innerhalb der Gemeinde ist daher zu empfehlen! Regelmäßig spricht es sich aber auch herum, wenn in der Gemeinde „etwas läuft“.
Wie sieht es bei den Personen aus, die in der Gemeinde ein Grundstück haben, das für die Maßnahme benötigt wird, aber außerhalb wohnen? Auch hier ist vorgesorgt: Die Planfeststellungsbehörde veranlasst, dass diese Eigentümer von der Gemeinde angeschrieben und auf die Maßnahme hingewiesen werden. Dazu müssen aber Person und Aufenthalt bekannt sein oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen.
Ein privater Betroffener kann zunächst einmal Einwendungen erheben und dadurch eine Beteiligung am Verfahren erreichen. Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann Klage eingereicht werden (je nach Projekt in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtshof oder Bundesverwaltungsgericht). Das zuständige Gericht und weitere Einzelheiten können der Rechtsbehelfsbelehrung entnommen werden, die dem Planfeststellungsbeschluss beigefügt ist.
Was ist ein Planfeststellungsbeschluss?
Das ist die Entscheidung, die das Planfeststellungsverfahren abschließt, sozusagen die Baugenehmigung für das Vorhaben. Im Planfeststellungsbeschluss findet eine umfassende Abwägung zwischen allen berührten öffentlichen und privaten Belangen statt. Außerdem wird über die privaten Einwendungen entschieden.
Der Planfeststellungsbeschluss und die dazugehörenden Pläne werden in der Gemeinde zwei Wochen lang zur Einsicht ausgelegt. Auf die Auslegung wird durch ortsübliche Bekanntmachung hingewiesen. Die ortsübliche Bekanntmachung richtet sich nach den Gepflogenheiten in der jeweiligen Gemeinde (i. d. R. gemeindliches Mitteilungsblatt). Außerdem wird der Beschluss denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, persönlich zugestellt. Allerdings: Wären mehr als 50 Zustellungen vorzunehmen, genügt wieder die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses. Diese erfolgt dann zusätzlich in örtlichen Tageszeitungen und im Staatsanzeiger. Der Planfeststellungsbeschluss und die dazu gehörenden Pläne werden auch im Internet eingestellt.
Mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ist der Vorhabenträger aber noch nicht Eigentümer der benötigten Grundstücke. Es steht lediglich fest, dass er die Flächen beanspruchen darf, da das öffentliche Interesse an der Maßnahme die privaten Interessen des Eigentümers überwiegt. Auch enthält der Beschluss keine Aussagen zur Höhe der Entschädigungen, die der Vorhabenträger zu zahlen hat. Fragen des Grunderwerbs und der Entschädigung sind vom Gesetz bewusst von der Planfeststellung ausgenommen und den anschließenden Grunderwerbsverhandlungen vorbehalten. Falls es dabei zu keiner Einigung kommt, hat der Vorhabenträger - als letztes Mittel - die Möglichkeit, die Enteignung zu beantragen.